Quelle: Unbekannt

Täglich kommen 1,6 Millionen Liter Abwasser in der Kläranlage in Mühlhausen an. Nicht nur Fäkalien, Regen- und Abwasser gehören dazu, auch Müll und verlorene Wertgegenstände befinden sich darunter. Was zu groß ist, wird von den Rechen der Anlage aufgefangen. Die Mitarbeiter führen inzwischen ein eigenes „Museum“ mit Kuriosem aus dem Abwasser. Dazu zählen Spritzen, Schuhe, Gebisse, Ausweise und Bilder.

Von Erdem Gökalp

Spülung drücken - und weg damit. Spätestens nachdem das Rauschen erklingt, kümmert sich kaum noch jemand um das Weggespülte. Nur wenn etwas Wertvolles aus Versehen in die Kloschüssel fällt, gibt es einen Anruf bei Thomas Hauck. Der Diplomingenieur ist für die Abwasserreinigung im Klärwerk Mühlhausen zuständig. Er hat einen Überblick darüber, was aus dem dreckigen Wasser gefischt wird, weil es zu grob für das eigentliche Klärwerk ist. „Wir haben oft Anrufe, wenn jemand beispielsweise den Ehering im Klo verliert“, sagt er. Schmuck schaffe es jedoch selten bis ins Klärwerk, weil es zu schwer sei, um vom Abwasser fortgerieben zu werden.

Doch vieles andere kommt spätestens in den Auffangrechen der Sandfanganlage in Hofen wieder zum Vorschein. Dort führen die Mitarbeiter eine Art Abwassermuseum. Regale gefüllt mit verschiedensten Gegenständen zeigen, was in Stuttgart die Toilette hinuntergespült wird. „Komischerweise landen während Fußballmeisterschaften viele Bälle bei uns“, sagt er. Auch während des Frühlings- und Volksfests kommt mehr Abwasser bei ihnen an. „Zudem ist es in der Zeit alkoholhaltiger, was dann einen Einfluss auf die biologischen Vorgänge hat.“

Oft kommen unappetitliche Sachen zum Vorschein. Neben toten Ratten aus der Kanalisation finden einige Heimtiere den Weg in die Kläranlage. „Wir haben sogar einmal einen Leguan gefunden“, sagt er. Doch auch eine Spritze, ein Schuh und ein Führerschein sind im Regal der Ausstellungsstücke präsent. Andere Gegenstände sind zu groß für jede Kloschüssel. Es ist daher meist ein Mysterium, wie sie in der Kanalisation landen. Denn auch ein Teppich oder ein Baumstamm tauchen im Klärwerk auf. „Vermutlich stand irgendwo ein Kanaldeckel offen, wo die Gegenstände reingeworfen wurden.“

Vor über hundert Jahren wurde die Anlage erstmals in Betrieb genommen. Längst ist die Arbeit von Mitarbeitern wie Thomas Hauck nicht mehr negativ behaftet. Zumal es im Klärwerk Mühlhausen kaum Gerüche gibt. „Wegen der Wohnsiedlung in der Nähe haben wir einige Außenbecken abgedeckt“, sagt er. Über zwei Hauptzuläufe kommen die Abwasser aus weiten Teilen von Stuttgart, Fellbach, Remseck, Kornwestheim, Korntal und Esslingen im Klärwerk am Neckar an. Insgesamt eine Fläche von 163 Quadratkilometern wird dafür abgedeckt. „Bis zu 15 Badewannenladungen in der Sekunde nehmen wir auf“, sagt Hauck. Das Abwasser durchläuft dann in der Anlage sieben Hauptstationen. 20 Stunden dauert es, bis es einmal durch das gesamte Klärwerk gelaufen ist. Am Ende kommt zwar kein Trinkwasser aus dem Klärwerk heraus, jedoch ist das Resultat sauber genug, um wieder in den Neckar zu fließen.

Seit den Anfängen der Anlage sind etliche Neubauten dazu gekommen. „Wir versuchen immer, auf dem technisch neuesten Stand zu sein, um umweltschonend und effektiv zu arbeiten“, sagt Thomas Hauck.

Gleichzeitig wachsen für die 100 Mitarbeiter täglich die Herausforderungen. Beispielsweise bereiten ihnen seit Jahren feuchte Taschentücher in der Kanalisation Probleme. Anders als Klopapier zersetzen sie sich nicht sehr schnell im Wasser. Oft bilden sie dann Klumpen mit den Hygieneprodukten und verstopfen die Rohre oder auch die Anlagen. „Die Pumpen, die das Wasser ins Klärwerk befördern, kommen dadurch kaum noch hinterher“, sagt Hauck. Er hat die Hoffnung, dass das Problem mit Aufklärungsarbeit behoben wird.