Fünf Amateurtheater unterhielten bei den zweiten schwäbischen Mundarttheatertagen im Bürgersaal, darunter auch die Scheureburzler vom Kübelesmarkt. Foto: Wenzel Quelle: Unbekannt

(rw) - Das Wochenende steckte voller Theater: Fünf Amateurtheater unterhielten und begeisterten bei den zweiten Mundarttheatertagen im Kultur- und Sportzentrum Münster. Proppenvoll war es am Freitagabend im Bürgersaal in Münster, als ein strahlender Berthold Guth, Vorsitzender der Vereinigung Stuttgarter Mundarttheater, die zweiten Schwäbischen Mundarttheatertage eröffnete.

Nach dem ersten Mundartfestival vor zwei Jahren hätte sie viele ermunternde Zuschriften bekommen, berichtete Bezirksvorsteherin Renate Polinski. Die Trommelgruppe aus dem Pflegezentrum Münster unterstützte die Bezirksvorsteherin, während Kollege Ralf Bohlmann sein Mühlhäuser Grußwort in humorvolle Verse fasste. Landtagsabgeordnete Brigitte Lösch unterstrich die Bedeutung der Mundarttheater, um die „verschiedenen Seiten des Schwabenseins“ zu beleuchten und zu bewahren. Schwäbisch ist ja ein Kulturgut als „Dialekt voller Leidenschaft“, wie Marcella Herrera-Oleas als Vertreterin des Kulturamts hinzufügte.

Diese Erkenntnis bestätigte gleich danach das Theäterle mit seinem turbulenten „Kurhotel Waldfrieden“, das erst vor einer Woche in Neugereut seine Premiere hatte.

Am Samstagnachmittag dann servierten D`Scheureburzler „Schwäbisches Allerlei“. Unterstützt wurde die Theatergruppe des Kübelesmarkts musikalisch vom Kaos-plus Duo. Dieses schlagfertige Trio heizte schon vor 14 Uhr die Stimmung an, indem es seinen Ohrwurm losließ: „Leberkäs in der Nacht, - hab` ich gleich warm gemacht“. Dann beleuchteten die „Fahrenden Gesellen“, was Scheureburzler wohl auf Hochdeutsch bedeutet, in vier prägnanten Szenen das Gemüt, das Denken und das soziale Umfeld von Schwaben und Durchreisenden. Um Bildung ging es im Zug von Stuttgart nach Weimar zur Versteigerung von Schillers Schreibtisch. Da verzweifelt eine Klassikexpertin beim Versuch, einem Mitreisenden die Bedeutung Schillers zu erklären, weil der bei „Räuber“ ans Finanzamt denkt, bei „Dichten“ an Inkontinenz und nicht versteht, warum Tell auf Obst schießen muss. Nach dieser höchst amüsanten Lektion folgte der frustrierende Besuch in einer Bahnhofsgaststätte, die vom Chaosvirus des Schienenverkehrs erfasst worden ist und mit halbstündiger Verspätung „Schnitzel für Vegetarier“ am Automaten nur nach zweiwöchiger Vorbestellung anbietet.

Einen köstlichen Einblick in die schwäbische Seele boten die zwei Partnerszenen: zuerst beim Kontaktaufnahmeversuch, für den eine staubfreie wichtiger ist als eine sturmfreie Bude, und dann im Rückblick auf ein Leben als grüne oder reale Witwe, wobei die letztere wenigstens immer weiß, wo „er“ ist. Sprachwitz, Situationskomik und verständiger Blick für menschliche Unvollkommenheiten machten auch die Beiträge des Boulevärles, der Freilichtspiele Mühlhausen und des Stuttgarter Komödles zu einem Münsterer Highlight, das fortgesetzt werden sollte.