Im Bereich der Auwiesen wurden im Frühjahr Robinien gefällt, um Platz für einheimische Arten zu schaffen. Foto: vfoto: jas - vfoto: jas

Anfang des Jahres wurden Robinien im Bereich Wagrainäcker von der Stadt gefällt, um heimische Arten anzupflanzen. Nun wurde diese Baumart zum Baum des Jahres gekürt.

Hofen Für großen Unmut hat im Frühjahr die Fällung der Robinien auf dem Gelände hinter dem Golfplatz in den Wagrainäckern gesorgt. Die Bäume wurden entfernt, um Platz für heimische Arten zu schaffen, lautete die Begründung der Stadt. Die Fällungen sind Teil des Projekts „Ikone Wagrainäcker – Naturoase Auwiesen“. Bei dieser Renaturierungsmaßnahme wird zwischen der Golfübungsanlage und der Aubrücke ein Feuchtbiotop mit Wasserflächen und Inseln, Gebüschen und Schilfflächen geschaffen. Für die Umgestaltung müssen Bäume gerodet werden. Um einen Ausgleich zu schaffen, werden dort, wo bereits gerodet wurde, heimische Arten wie Eiche, Ahorn und Hainbuche gepflanzt . Kritik an der Aktion gab es vor allem vonseiten des Bezirksbeirats, der über das Vorhaben nicht in Kenntnis gesetzt wurde. Die Stadt räumte damals Kommunikationsfehler ein.

Robuste Baumart

Doch noch etwas sorgt bei den Lokalpolitikern für Verwunderung: Die Robinien wurden gefällt und einige Monate später wurde just diese Art zum Baum des Jahres 2020 gekürt. Die Silvius-Wodarz-Stiftung vergibt die Auszeichnung jedes Jahr und entschied sich nun nach eigenen Angaben bewusst für eine eher unbekanntere Art, die unter Experten umstritten ist.

„Die Wahl zum Baum des Jahres bedeutet nicht, dass es sich um eine seltene oder hochbedrohte Baumart handelt“, sagt Stadtsprecher Martin Thronberens. Die Robinie ist sehr robust gegenüber Schadstoffen, kommt gut mit dem städtischen Klima sowie den oft schwierigen Bodenverhältnissen zurecht und wird deshalb oft als Alleen- oder Straßenbaum gepflanzt. Eingeführt wurden die Bäume in Deutschland vor mehr als 300 Jahren aus Nordamerika und zeichnen sich unter anderem durch schnelles Wachstum aus. „Es handelt sich um eine Pionier-Art, die die Fläche schnell besiedelt und dichten Bestand aufweist“, sagt Ulrich Tammler vom Naturschutzbund (Nabu).

Zwar kommen Robinien mit nährstoffarmen Böden gut zurecht und binden außerdem Stickstoff aus der Luft – diese Eigenschaften haben aber auch negative Auswirkungen, wie Tammler sagt. Denn Pflanzen, die an nährstoffarmen Boden gewöhnt sind, werden, sobald die Robinie in diesen Gebieten wächst, verdrängt. Mit 0,1 Prozent ist der Anteil der Robinie in deutschen Wäldern laut Nabu gering, doch wo die Baumart sich etabliert, ist sie nahezu unverwüstlich und steht daher auf der Liste der invasiven Baumarten. Auch für zahlreiche Insektenarten hat die Robinie Nachteile: Zwar sind die cremeweißfarbenen Blüten für Honigbienen nützlich, für die einheimischen Wildinsekten wie etwa die Wildbiene ist die Baumart dagegen unbrauchbar. Langfristig werden „heimische Insektenarten durch die Robinie verdrängt“, sagt Tammler. Insofern könne er die Entscheidung, die Robinie zum Baum des Jahres zu ernennen, nicht nachvollziehen.

Im Bereich der Wagrainäcker wurden nicht alle Robinien gefällt, einige stehen noch, weisen jedoch Streifen in der Rinde auf. Denn die Bäume wurden geringelt. Bei dieser Technik werden mehrere Zentimeter breite Streifen aus der Rinde am unteren Teil des Stammes entfernt. „Durch die Fällung der Robinie aktiviert man in der Regel die Austriebe der Wurzelschösslinge enorm und hat dadurch einen erhöhten Pflegebedarf in den Folgejahren“, sagt Thronberens. Das Ringeln der Bäume dagegen unterbricht den Saftfluss unter der Rinde und ist laut Umweltamt eine erprobte und empfohlene Methode, um das langsame Absterben der Robinie einzuleiten. Außerdem wird so verhindert, dass Wurzeln oder Äste weiter austreiben.

Nachdem die Robinien abgestorben sind, werden sie gefällt und können als sehr hartes Holz im Gartenmöbelbau, als Terrassenbelag oder für Spielgeräte verwendet werden.