Foto: Janey Schumacher - Janey Schumacher

Ehrenamtliche Kirchenwächter informieren über die Geschichte der Veitskapelle. Die Kirche wurde ab 1380 gebaut.

Mühlhausen Geschichte ist die große Leidenschaft von Friedrich-Andreas Hühn aus Mühlhausen. Wenig verwunderlich ist es daher, dass er ehrenamtlicher Kirchenwächter in der Veitskapelle ist und Besuchern die Historie des evangelischen Gotteshauses erläutert.

Die Veitskapelle ermöglicht haben die beiden Brüder Reinhart und Eberhart von Mühlhausen – gebaut wurde ab 1380. Die beiden Ortsadeligen hatten es in Prag zu Vermögen gebracht. „Sie waren für die Grafen von Württemberg tätig und hatten Beziehungen zum Kaiserhof“, sagt Hühn. Die Veitskapelle ist Reinharts Geschenk an seine Heimatgemeinde. Daher ist zum Beispiel über der Kirchentür an der Nordseite der Kapelle ein entsprechender Hinweis auf die Stifter sowie das Datum der Grundsteinlegung zu erkennen. Ihren Namen verdankt das gotische Bauwerk dem Heiligen Veit. Ursprünglich war die Kirche jedoch drei Heiligen gewidmet: St. Wenzeslaus, St. Veit und St. Sigismund – die alle drei in Böhmen verehrt wurden. „Auf diese Weise wurde der Bezug zu Prag in der Mühlhäuser Kapelle hergestellt“, sagt Hühn.

Dass er Kirchenwächter wurde, hat mit seinem Umzug in den Stadtbezirk vor neun Jahren zu tun: „Fast gehörte die Bereitschaft zur Kirchenführung auch zu den Nebenklauseln des Mietvertrags“, sagt Hühn mit einem Augenzwinkern. Denn die Tochter seines Vermieters ist in der Kirchengemeinde tätig.

Koordiniert werden die Kirchenwächter von Britta Feuersinger, die seit April Pfarrerin der evangelischen Kirchengemeinde Mühlhausen ist. „Ohne die Ehrenamtlichen könnten die Anfragen zu Führungen sicher nicht bewältigt werden. Sie sind wichtig, um die Veitskapelle über Mühlhausen hinaus bekannt zu machen und das Wissen über diese Kirche weiterzugeben“, sagt sie.

Sein Wissen über die Geschichte der Kapelle hat sich Hühn angelesen. So klärt er die Besucher beispielsweise darüber auf, dass das erste Hochaltarbild 1385 in Prag angefertigt wurde und die drei erwähnten Heiligen zeigt. Heute ist es in der Staatsgalerie zu sehen.

Der Altar, der sich nun in der Veitskapelle befindet, stammt aus dem Jahr 1510 und zeigt in der Mitte den heiligen Veit mit einem Kessel. Auch an den Wandbildern sind die drei Heiligen – insbesondere Veit, entweder im Kessel sitzend oder mit Kessel in der Hand – präsent. Der Hintergrund dieser Motive: Kaiser Diokletian wollte, dass Veit seinen Glauben aufgibt und sich den heidnischen Göttern opfert. Als Veit sich weigerte, wurde er der Legende zufolge in einen Kessel siedendes Öl geworfen. „Engel sollen ihn daraus geretteten haben“, sagt Hühn. Ihn beeindrucken die Wandbilder: „Alle Motive sind interessant und beinhalten neben den religiösen Hintergründen viele geschichtliche und kunsthistorische Aspekte.“

Die Veitskapelle war übrigens jahrelang nur eine Art Privatkirche im Stadtbezirk, beziehungsweise des damaligen Dorfs Mühlhausen. Der breiten Öffentlichkeit diente die Walpurgiskirche, die jedoch im Zweiten Weltkrieg zerstört wurde. Heute sind von ihr nur noch die West- und Nordmauer vorhanden sowie ihr Kirchturm, in dem einst der Chor war. Deshalb steht der Jungfrauenalter aus der Walpurgiskirche unter dem rechten Baldachin vor dem Chorraum in der Veitskapelle. Auch die Empore steht in Zusammenhang mit der Walpurgiskirche. Als diese renoviert werden musste, benötigte man mehr Platz für die Kirchenbesucher, daher wurde die Empore in der Veitskapelle gebaut.

Die kleine Kapelle im Ortskern beeindruckt Hühn auch, weil sie „die einzige Kirche in Stuttgart ist, die in ihrer ursprünglichen Gestalt mit den Abbildungen erhalten geblieben ist.“ Allerdings musste das Gotteshaus von 2010 bis 2012 restauriert werden. Denn Wasser drückte ins Gemäuer der Kapelle, beschädigte die Mauern und die Dachbalken. Wenn Hühn über die Restaurierung der Veitskapelle spricht, weist er die Besucher stets auf einen entscheidenden Unterschied hin. „Es wurde restauriert, nicht renoviert.“ Denn beim Restaurieren wird am Bauwerk und seinen Eigenheiten nichts geändert. Es wird zum Beispiel nicht der Putz neu aufgetragen, sondern die Schäden ausgebessert, um alles im ursprünglichen Zustand zu belassen.

Die Kirchenwächter sind von April bis Oktober sonntags und dienstags von 14 bis 16.30 Uhr in der Veitskapelle anzutreffen. Wer eine Gruppenführung buchen will, kann sich an das Pfarramt unter Telefon 53 23 13 wenden.

Die Veitskapelle und ihr Namensgeber

Der Grundstein zur Veitskapelle wurde im Jahr 1380 gelegt. Darauf deutet unter anderem eine Inschrift auf Mittelhochdeutsch über dem Eingang hin.

Die Kirche für die Öffentlichkeit war lange Zeit die Walpurgiskirche, die jedoch im Zweiten Weltkrieg zerstört wurde. Die Veitskapelle diente viele Jahrhunderte als Privatkirche.

Der heilige Veit starb im Alter von zwölf Jahren. Der Legende nach wollte ihn Kaiser Diokletian zwingen, sich zum heidnischen Glauben zu bekennen und warf ihn in einen Topf mit siedendem Öl.