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Die Baugenossenschaft Münster feiert am 22. Juni, ihr 100-jähriges Bestehen mit einem großen Fest. Im Interview zieht der Vorstandsvorsitzende Michael Rosenberg-Pohl eine persönliche Bilanz.

MünsterIn den 100 Jahren ihres Bestehens hat die Baugenossenschaft Münster (BGM) das Stadtbild maßgeblich mitgeprägt und bezahlbaren Wohnraum geschaffen. „Wir haben eine starke Mitgliederbindung“, beschreibt der Vorstandsvorsitzende Michael Rosenberg-Pohl die Besonderheit der BGM im Interview. Er ist seit 1993 im Unternehmen und weiß seitdem von jedem seiner Bewohner Vor- und Nachname. „Wir kennen unsere Mitglieder und Mieter und wissen, mit wem wir es zu tun haben. Dies unterscheidet uns als Genossenschaft von anderen Wohnungsunternehmen.“

2019 feiert nicht nur die Baugenossenschaft Münster Jubiläum. Sie sind seit 20 Jahren Vorstandsvorsitzender. Ein ganz besonderes Jahr also?
Für mich ganz sicher. Ich bin seit 1993 bei der Baugenossenschaft, erst Assistent des damaligen geschäftsführenden Vorstandes Werner Kraus, dann Geschäftsführer und wurde schließlich 1999 Geschäftsführender Vorstand und Vorstandsvorsitzender. Es war eine meiner besten Entscheidungen, nach dem Studium und den Jahren im Hause des Daimler-Benz Konzern in der Baugenossenschaft Münster a. N. eG aktiv zu werden. Hierfür danke ich besonders dem damaligen Aufsichtsratsvorsitzenden Werner Baumbusch und dem damaligen Vorstand Ewald Nuding.

Was waren seitdem die größten Herausforderungen?
Die technische und energetische Modernisierung, die Instandhaltung und Revitalisierung unseres Wohnbestandes. Ebenso die Umstellung auf Fernwärme als Energieträger, hier hat mein Vorgänger Werner Kraus in weiser Voraussicht die Weichen gelegt. Vieles wäre sonst so nicht gelungen.

Und was sind die Herausforderungen in den kommenden Jahren?
Das Hauptziel unserer Genossenschaft ist weiterhin die Bereitstellung und der Neubau zeitgemäßer und altersgerechter Wohnungen für unsere Mitglieder. Dies bedeutet Erneuerung und Expansion, um auch zukünftig für die Mitglieder bezahlbares, gutes und langfristiges Wohnen zu ermöglichen. In Münster ist der Anteil der über 65-Jährigen am höchsten ausgeprägt. Junge Familien finden keinen bezahlbaren Wohnraum. Daher haben wir vor allem altersgerechten Wohnraum herzustellen. Wir passen die Grundrisse so an, damit unsere Mieter langfristig ihre Wohnungen nutzen können. Die Wohnungen mit sogenannten „gefangenen Zimmern“, den Durchgangszimmern, werden überprüft. Eine besondere Herausforderung ist zukünftig, die Neubautätigkeit auf den Weg zu bringen. Wir haben daher in den letzten sieben Jahren durch Neubauten in der Elbe- und Illerstraße preiswerten Wohnraum geschaffen und Zeichen für die Zukunft gesetzt. Für den Neubau von 31 Wohnungen in der Balthasar-Neumann-Straße in Freiberg warten wir dringend auf die Genehmigung. Eine weitere künftige Herausforderung ist der Neubau im Neckarpark mit circa 25 Wohnungen.

Was zeichnet die Baugenossenschaft Münster aus?
Wir pflegen einen persönlichen Kontakt zu den Mietern. Dies schafft Identität. Ich bin seit 1993 im Unternehmen und kenne seitdem jeden unserer Bewohner mit Vor- und Nachnamen. Wir setzen auf persönliche Mitgliederbindung und die Bildung von „guten Nachbarschaften“ und Hausgemeinschaften. Eine gute Hausgemeinschaft ist der Schlüssel für das lange und friedliche Zusammenleben unserer Mitglieder und Mieter. Es steht der genossenschaftliche Mieter und nicht der Mietpreis im Vordergrund.

Gab es in der Zeit besondere Momente?
Oh ja. Gleich zu Beginn meiner Tätigkeit wurde auf ein EDV-System umgestellt. Bis dahin gab es die doppelte Buchführung auf Papier. Das war schon was Besonderes. Jetzt steht erneut eine EDV-Umstellung an. Weniger schön war der Brand an Silvester 2011 in der Elbestraße. Eine Silvesterrakete landete in einem Zimmer im zweiten Stock. Das Gebäude war gerade frisch renoviert worden. Aber die Freiwillige Feuerwehr Münster reagierte hervorragend und löschte umsichtig, so dass nur minimaler Schaden am Gebäude entstand. Es hat sich gelohnt, dass wir die Jahre zuvor viel Geld in den Brandschutz investiert haben. Zum Glück kam keine Person zu Schaden. Ebenso ist jede Begegnung mit den Mitgliedern, jedes Mieterfest, jede Jubilar- und Seniorenfeier ein ganz besonderer Moment. Es gibt Wünsche, Anregungen und Bestätigung sowie auch Kritik und Lob für die Geschäftsstelle und ihre Mitarbeiter.

Der Wahlspruch der BGM lautet „Einer für alle und alle für einen“, wie bei den drei Musketieren. Hat er noch Gültigkeit?
Ja natürlich. Er gilt nach wie vor. Wir sind füreinander da und sorgen dafür, dass die Hausgemeinschaften und Nachbarn im Quartier zusammenhalten. Das hat auch Bedeutung für die Zukunft. Wir sehen es als unsere Aufgabe, Bewohner zusammenzubringen. Das erscheint uns nach wie vor wichtig. Das Motto der Baugenossenschaft lautet „Gut und sicher wohnen“.

Ist der Genossenschaftsgedanke noch zeitgemäß?
Absolut. Aktuell im angespannten Wohnungsmarkt aber auch generell sorgen wir durch die Selbstverantwortung, die Selbsthilfe und die Selbstverwaltung für modernen und preisgünstigen Wohnraum und damit für eine gesunde und sichere Lebensbasis für die Mitglieder und die Gesellschaft. Die in vielfacher Hinsicht sichere Wohnung ist dabei das Fundament. Darauf kann Familie und Beruf als auch Gesellschaft aufgebaut werden.

Wo liegen die Schwerpunkte in den nächsten Jahren?
Es geht auch um Erneuerung von Wohnraum. Und um die Nachverdichtung. Großartige Neubauflächen stehen im Stadtbezirk nicht zur Verfügung. Dazu wurde das Entwicklungsprojekt „Zukunft Münster 2050“ ins Leben gerufen, an der die Hochschule für Technik in Stuttgart beteiligt ist. Studierende haben sich Gedanken gemacht und großartige, innovative und nachhaltige Ideen erarbeitet. Vielleicht kann im Rahmen des Programms Soziale Stadt einiges verwirklicht werden. Die Bereitschaft ist da. Mit den Mitgliedern für die Mitglieder. Ein wichtiger Punkt ist auch das Wohnungstauschmanagement. Wenn ältere Bewohner in kleinere Wohnungen ziehen und jungen Familien eine Zukunft bereiten.

Wie läuft die Zusammenarbeit mit dem Aufsichtsrat und in der Vorstandschaft?
Unsere Zusammenarbeit steht auf einem Fundament aus starker Kooperation und vertrauensvoller Zusammenarbeit. Dort werden Ideen beredet, konstruktiv, aber auch kritisch beleuchtet und hinterfragt. Ganz wichtig sind die Mitarbeiter. Sie sind die Säulen der Baugenossenschaft Münster, mit Einsatzbereitschaft, Wissen und Empathie. Ohne sie würde nichts gehen.

Die Fragen stellte Edgar Rehberger.