„Genannt Gospodin“ feierte im KKT seine erfolgreiche Premiere. Foto: Gerhard Killet (z) - Gerhard Killet (z)

Das sozialkritische Theaterstück „Genannt Gospodin“ feierte im Kulturkabinett seine erfolgreiche Premiere.

Bad CannstattGospodin will sich der materiellen Lebensweise verweigern. Geld darf für ihn nicht notwendig sein, so ist sein Dogma um endlich “den Kapitalismus bei den Eiern packen zu können.” Frei nach diesem Credo verbringt er seine Zeit damit durch die Straßen zu spazieren und in seiner Stammkneipe herumzuhängen. Doch Gospodin hat ein Problem: Greenpeace hat ihm sein Lama weggenommen, mit dem er bis jetzt seinen Lebensunterhalt bestritten hat. Das bedroht seine Existenz. Zudem schneien seine Freunde dauernd bei ihm herein und bedienen sich an seinen Besitztümern. Als er dann auch noch durch Zufall in den Besitz einer Tasche voller Geld gelangt, scheint das Chaos perfekt zu sein.

Soweit die Handlung des Stückes von Philipp Löhle, dass vergangene Woche im KKT seine Premiere feierte. Die Inszenierung der Amateurgruppe “spiel-betrieb” trieft nur so vor Gesellschafts- und Kapitalismuskritik. Es ist ein komplexer Stoff, bei dem gefühlt ebenso viel auf der Bühne wie auf der Meta-Ebene stattfindet. Regisseur Alexander Braun gelingt es dennoch einen sehr unterhaltsamen und lustigen Abend zu gestalten, der trotz einer Laufzeit von 110 Minuten nie langweilig wird. Seine Inszenierung ist in ihrem Tempo sehr schnell, die Schauspieler nutzen die karge Bühne zur Gänze aus, scheuen keinen Körperkontakt. Immer sind die Figuren in Bewegung, Ruhepausen gibt es selten. Stefan Saftenberger spielt den Gospodin mit stoischem Willen und Trotz und verleiht der Figur gleichzeitig eine emotionale Tiefe, die deren radikales Weltbild für den Zuschauer nachvollziehbar macht. Auch Julia Zaubitzer als herrische Regisseurin glänzt in ihrer überdrehten und schrillen Rolle. Das Publikum fiebert mit bis zu letzten Minute. Generell ist die Stimmung sehr aufgelöst, es wird viel gelacht. Auch weil die Gag-Rate auf der Bühne sehr hoch ist. Zahllose Running-Gags (wie das Gospodin immer am Höhepunkt seiner Tiraden über das kaputte System einschläft), absurde Momente und Wortwitze sorgen für ausgelassene Heiterkeit.

Der ernste Kern geht trotz der Witzeleien nicht verloren: “Genannt Gospodin” ist ein zutiefst kritisches Stück, ein Stück das sich gegen das kapitalistische System stellt. Gospodin will ausbrechen aus diesem System, er will selbstbestimmt leben, ohne Geld und Besitz und zwar genau da, wo er verwurzelt ist. Dieses Unterfangen entpuppt sich als Sisyphos-Aufgabe. Immer und immer wieder versucht er die bei ihm deponierte Tasche mit Geld loszuwerden und immer und immer wieder kehrt sie auf wundersame Weise wieder zu ihm zurück: Gospodin kann den Zwängen des Systems nicht entkommen. Seine Freunde (Sandra Rossbach und Reinhard Bohne in verschiedensten Kostümen) sind ihm dabei keine große Hilfe: Als ein Spiegel der Gesellschaft äußern sie ihm und seiner Lebensweise gegenüber nur Unverständnis.

Regisseur Alexander Braun hat aus dem Stoff ein wunderschönes Stück gezaubert, dessen Komik und Erzählstil begeistern. Mit seiner packenden Inszenierung und den tollen Darstellern wird man mitgenommen in eine schräge und gleichzeitig wohlbekannte Welt. Das alles gipfelt in einer Schlussszene, die zur Diskussion anregt. Denn am Ende landet Gospodin im Gefängnis. Und kann sein Glück kaum fassen: Endlich hat er einen Ort, an dem er alle seine Grundsätze ausleben darf. Die Moral dahinter erscheint offensichtlich. Und ist vielleicht deshalb so bitter.