Autor Michael Haas. Foto: BL Quelle: Unbekannt

Der in Bad Cannstatt geborene Michael Haas, der lange als PR-Berater, Stiftungsreferent und Pressesprecher im Verlagswesen und zuletzt im Landtag als Pressesprecher für die FDP-Fraktion tätige Autor hat einen Schlüsselroman über die Wohlstandsgeneration der 50-Jährigen geschrieben. Die von ihm beschriebenen 15 Charaktere kommen in dem Episodenroman „50. Licht und Schatten. Männer betrügen Frauen, Frauen betrügen sich selbst.“ alles andere als gut weg. In den einzelnen in sich abgeschlossenen aber verwobenen Geschichten nähert sich Haas einer Generation, die den Wohlstand genießt und gleichzeitig über ein sinkendes Rentenniveau jammert.

Welche Beziehung haben Sie zu Bad Cannstatt - auch eine literarische?

Haas: Cannstatt ist meine Geburtsstadt und da ich von 2006 bis 2012 dort auch gelebt habe, kenne ich seine charmanten Seiten. Die Bäderkultur, die grandiosen Parkanlagen und das Schloss mit seinem bezaubernden Rosengarten suchen ihresgleichen. Auch das Wilhelma-Theater mit seinem jungen Ensemble ist ein Juwel und hat mir unvergessliche Abende geschenkt. In meiner Cannstatter Zeit habe ich neben Erzählungen und Kurzgeschichten auch eine Studie zu süddeutschen Dichtern verfasst, die im 19. Jahrhundert nach Rom ins Exil gingen, weil ihnen die Enge ihrer Heimat unerträglich wurde.

Wie alt sind Sie genau?

Haas: Aktuell 51 Jahre - mit Perspektive, wie ich hoffe.

Haben Sie Probleme mit dem Alter?

Haas: 51 Jahre zu sein, ist eher ein Privileg, wenn auch körperlich eine Bürde. Es eröffnet die Chance, das Leben mit amüsierter Gelassenheit und frei von Ambitionen zu betrachten. Die Gegenwart ist heute für mich weit bedeutsamer als Vergangenheit und Zukunft. Jeder Genuss beginnt mit der Einsicht, dass ein vollkommener Augenblick zeitlos ist. Das zu begreifen, ist bisweilen auch eine Frage des Alters.

Ist das die Abrechnung mit der Generation Golf?

Haas: Vielleicht. Was mich stört, ist nicht etwa, dass selbst wohlhabende 50-Jährige unablässig klagen oder, noch schlimmer, versuchen, den Lebensstil ihrer Kinder nachzuahmen. Das endet meist in einer Persiflage des Alterns. Was mich wirklich stört, ist der oft spürbare Mangel an Phantasie und Mitgefühl. Hemingway hat es auf eine schöne Formel gebracht: „Ich habe eine große Zärtlichkeit und Bewunderung für die Erde und keine Spur davon für meine Generation.“

Was ist das Grundproblem im fünften Lebensjahrzehnt?

Haas: Sehr wahrscheinlich die Desillusionierung im Alltag. Niemand glaubt anfangs, er könne Opfer seiner Routinen werden. Doch genau das tritt ein. Und dann erwacht die Sehnsucht nach Esoterik. Eine ganze Generation ist auf der Suche nach sich selbst und wünscht sich, befreit zu werden. Die Jugend ist vorüber, die Verpflichtungen sind zahllos und die Liebe wird für viele zu einer tristen Gewohnheit. Jeder Tag gleicht dem anderen und die Frustration wächst. Das ist in jeder Beziehung eine Tragödie.

Ihre Helden gleichen jedoch eher unfreiwilligen Komödianten.

Was ist Ihre Lösung dafür?

Haas: Eine Lösung wäre vielleicht, selbst dann besonders charmant zu sein, wenn es schmerzt. Je weniger wir uns in hässlichen Streitigkeiten verlieren, desto größer wird unsere Sensibilität für all die Schönheit, die uns umgibt. Wer glaubt, nur weil Dunkelheit herrscht, gebe es keine Sonne, erliegt einem Irrtum. Liebe und Mitgefühl sind gute Ratgeber, die uns daran erinnern, wer wir sind oder sein könnten. Freiligrath, der im Cannstatter Uff-Friedhof beigesetzt ist, hat diese Maxime in schöne Verse gegossen: „O lieb, so lang du lieben kannst. Die Stunde kommt, die Stunde kommt, da du an Gräbern stehst und klagst.“ Wir sind verletzliche Wesen. Unser Dasein ist endlich. Wir sollten es gemeinsam genießen und nicht allein vergeuden.

Braucht man dazu Zynismus?

Haas: Nein, gewiss nicht. Zynismus ist ein Gift, das mit dem Geist auch das Herz vergiftet. Ironie hingegen ist eine phantasievolle Antwort auf Ignoranz, Bosheit und Dunkel. Sie ist die höhnische Stimme der Optimisten, die uns daran erinnert, was wir ändern sollten, um besser zu leben.

Wie lange haben Sie an dem Buch geschrieben und wie kamen Sie auf die Idee?

Haas: Etwa ein Jahr. Die Idee überfiel mich, denn es war genau genommen ein Überfall und keine Überlegung am Rande. Sie kam mir bei der Geburtstagsfeier eines Freundes. Er wurde 50 Jahre alt und feierte in meinen Augen ungewohnt exzessiv mit seinen Gästen, die alle das gleiche Alter besaßen wie er. Nie zuvor habe ich eine ähnlich konzentrierte Erfahrung gemacht, welche Bedeutung das Altern besitzen kann. Die Augen einer ganzen Generation schienen mich anzustarren und mir die Frage zu stellen: Und, was soll nun aus mir werden?

Was ist Ihr nächstes Projekt?

Haas: Das bleibt derzeit noch mein Geheimnis. Nur so viel: Das nächste Buch ist kein Generationenroman, sondern eher ein Stuttgarter Sittengemälde.

Die Fragen stellte Iris Frey.

Michael Haas: „50 - Licht und Schatten. Männer betrügen Frauen, Frauen betrügen sich selbst“, Edition Outbird, ISBN 978-3-95915-102-3, 196 Seiten, 11,90 Euro.