Der Buchautor und Journalist Jürgen Seibold. Foto: Stefanie de Buhr Quelle: Unbekannt

Jürgen Seibold hat ausnahmsweise mal nicht einen Krimi geschrieben, sondern komödienhaftes: „Zwei Likes für Lena“ heißt sein neues Buch, dass, obwohl es kein Krimi ist, dennoch eine sehr spannende Lektüre ist.

Im Buch geht es um den reichen, schrulligen Menschenhasser Jonathan Haber, der sich beide Arme gebrochen hat. Weil er erst einmal nicht allein zurechtkommt, sucht er nach einer Haushaltshilfe. Die ersten Kandidatinnen vergrault er. Erst Lena hält es länger auf dem Stuttgarter Anwesen aus. Wie sind Sie auf das Thema gekommen?

Seibold: Sehr oft ist es ja so, dass die Idee zu einem Buch aus einem ganz kleinen Gedanken oder Gefühl entsteht. In diesem Fall hatte ich mich über ein Smartphone geärgert, mit dem man alles Mögliche anstellen konnte - nur das Telefonieren war etwas umständlich. Immer wieder kam danach das Gespräch darauf, dass auch so manche/r andere sein tolles Wischtelefon am liebsten sonstwohin werfen würde, und irgendwann hatte ich die Figur des Jonathan im Kopf: der keine Lust hat auf Handys, der auch anderen Menschen am liebsten aus dem Weg geht - und der reich genug ist, um sich beides leisten zu können. Und diesen Eigenbrötler wollte ich mit einer zweiten Hauptfigur zusammenstoßen lassen, die mit beiden Beinen fest in einem normaleren Leben steht - und ihn damit aus seiner selbst gewählten Einsamkeit reißt.

Es ist diesmal kein Krimi, wollten Sie mal einfach ein anderes Genre?

Seibold: Wie vielen Buchautoren - und Ihnen sicher auch - ist es mir immer wieder ganz lieb, mal etwas anderes ausprobieren zu dürfen. Ich schreibe sehr gerne Krimis und habe ja auch einen schönen Erfolg damit, aber zwischendurch einen historischen Roman, einen Thriller oder - wie diesmal - eine leichte Komödie mit einem kleinen Schlag in Richtung Liebesroman: Das macht richtig Spaß. Besonders toll finde ich es natürlich, wenn Leser meiner Krimis auch einen solchen stilistischen Abstecher mitmachen und sie mir hinterher schreiben, dass sie gut unterhalten waren. Übrigens ist auch mein bisher meistverkauftes Buch im Silberburg-Verlag eine Komödie: der 2010 erschienene Stuttgart-Roman „Bloß keine Maultaschen“.

Was ist Ihre Intention, was möchten Sie mit dem Buch erreichen?

Seibold: Da steht ein Ziel ganz oben auf der Liste: Ich würde den Leserinnen und Lesern mit meiner Geschichte gern ein paar vergnügliche Stunden bescheren. Und wenn sie hinterher noch Lust darauf haben, einige reale Schauplätze und die Orte, an denen ich mir die fiktiven Plätze vorstelle, kennenzulernen, wäre es noch schöner. Solche Buchtouren (Wanderungen oder Stadtbahntouren zu den Schauplätzen meiner Bücher) unternehme ich von Zeit zu Zeit mit Gruppen von 25 bis 50 Lesern. In Bad Cannstatt oder Stuttgart-Mitte, wo es lauter zugeht, sind die Gruppen kleiner Mitte September werden für eine „Mordstour“ bei Gruibingen dagegen 50 Plätze angeboten.

Es geht um die guten und die negativen Folgen des Internets und der reinen Medienkommunikation?

Seibold: Internet, Medien, Kommunikationstechnik: Wie mit allem anderen, kommt es auch hier drauf an, was man draus macht. Wer nicht vergisst, seine Freunde im richtigen Leben zu treffen, bekommt sicher keine Probleme, wenn er zusätzlich Facebook, Twitter oder WhatsApp nutzt. Und dass sich manche Menschen in Kommentaren im Ton vergreifen, ist leider nicht erst durchs Internet entstanden - davon können Ihre Kollegen, die eingehende Leserbriefe bearbeiten, ein Lied singen. In einigen meiner Bücher war und ist es mir tatsächlich ein Anliegen, ein bestimmtes Thema aufzuarbeiten. Im historischen Roman „Der Arme Konrad“ (Silberburg, 2014) ging es mir etwa um die Frage, wie sich um das Jahr 1500 Menschen, die doch sonst so vieles als gottgegeben hinnahmen, zu einem Aufstand gegen die Obrigkeit durchringen konnten. Und im Psychothriller „Kinder“ (Piper, 2012) spielt schulischer Leistungsdruck und übersteigerter Elternehrgeiz eine Rolle. Diesmal geht es aber wirklich vor allem um Unterhaltung.

Thema Pflege - auch hier eine Kritik?

Seibold: Dass Lena Pflegerin oder Betreuerin ist, hat eher mit der Idee zu tun, wie ich sie und Jonathan aufeinanderprallen lassen wollte: Der reiche, aber nach seiner Verletzung hilflose Eremit und die auf einen Job angewiesene Seniorenpflegerin, die ihm hilft, aber so gar keine Lust auf seine miese Laune und seine Mätzchen hat - diese Konstellation fand ich spannend. Und Lenas Chef ist keiner, der im Pflegebereich häufiger oder seltener vorkommen würde als anderswo, sondern einer, der hoffentlich irgendwann nirgendwo mehr vorkommt: ein widerlicher Schmierlappen. Und zum Glück völlig frei erfunden.

Thema Isolation der Menschen am Beispiel Jonathan Haber - ein Spiegelbild unserer Gesellschaft?

Seibold: Das will ich doch nicht hoffen. Jonathan denke ich mir als Sonderfall: einst tief enttäuscht worden von seinen Geschäftspartnern, finanziell sehr weich gefallen und zu Beginn des Romans ganz zufrieden damit, sein Leben allein und fast ohne Störungen vor sich hin zu genießen. Was ihm fehlt, merkt er erst, als Lena immer wieder nach „draußen“ will - obwohl sie sich dort doch ebenfalls Leuten aussetzt, die sie enttäuscht haben. Und dann wagt er sich ja auch wieder aus seinem Killesberg-Anwesen - wenn auch nicht immer mit angenehmen Folgen.

Die Protagonisten sind auch mal in Bad Cannstatt unterwegs und dann gibt es auch noch erfundene Orte?

Seibold: Das spanische Lokal ist zum Glück absolut frei erfunden. Ich konnte mir in Stuttgart und Umgebung schon in vielen spanischen Restaurants Paella, Pollo al Ajillo, Patatas bravas, Tapas, Salat und Tequila mit Salz und Zitrone schmecken lassen, ohne dass es jemandem in meiner Nähe übel geworden wäre - da geht halt für eine solche Komödie die Fantasie mit mir durch und ich hoffe, dass nicht ausgerechnet zu diesen Szenen das Kopfkino der Leserinnen und Leser besonders deutlich anspringt.

Die Fragen stellte Iris Frey

Jürgen Seibold: Zwei Likes für Lena, Silberburg-Verlag, 300 Seiten, 12,90 Euro.

Jürgen Seibold, ist Jahrgang 1960, Autor und freier Journalist. Er lebt in der Nähe von Stuttgart, der gelernte Redakteur ist Autor auch von Sachbüchern, Biografien und von zahlreichen Krimis. Informationen gibt es unter www.juergen.seibold.de.