Gemälde von Nigatu Tsehay und Objekte von Brele Scholz sind derzeit unter dem Motto „Der unbestechliche Augenblick“ bei der Galerie Keim noch bis 29. Oktober zu sehen. Foto: Frey Quelle: Unbekannt

Von Iris Frey

Ein Künstler aus Äthiopien und eine Künstlerin aus Deutschland zeigen derzeit bei der Galerie Keim das spannende Zusammenspiel von Orient und Okzident: Nigatu Tsehay ist 1981 in Addis Abeba geboren. Er hat an der staatlichen Kunstakademie Stuttgart studiert und gehört zur Neuentdeckung der Galerie Keim. Galerist Thomas Niecke ist fasziniert von der großflächigen Malerei, die die Anatomie der Menschen in all ihren Facetten zeigt. Dabei spielt auch der Surrealismus eine Rolle. Denn im Bild Dog ist der Hund vorne noch leicht zu erkennen, aber woher die Beine im Hintergrund kommen, ist unklar. Und dem Künstler gelingt es, die menschlichen Proportionen über die Farbe festzulegen. Gesichter malt Tsehay individualisiert. Wie schon erwähnt, gibt es in seiner Malerei der Figuren mal Verkürzungen in der Körperlichkeit. Aber die perspektivische Malerei suggeriert Wirklichkeit. Niecke beschreibt es als einen manieristischen Stil, der ein wenig an die Skulpturengruppe Laokoon oder an die Malerei in der Sixtinischen Kapelle von Michelangelo erinnert. „Die Malerei hat einen anatomisch sezierenden Charakter in einer eigenwilligen Farbgebung“, so Niecke.

Er zeigt skulpturale Malerei. Und dazu passen trefflich die Objekte von Brele Scholz. Gleich am Eingang steht der Badende aus Eiche, 1,85 Meter groß. Im Schaufenster ist Ikarus zu sehen aus Birke und ein Schamane aus Robinie. Brele Scholz, die1959 in Aachen geboren ist, zeigt nicht nur diese figürlichen Arbeiten, auch Masken und Visiere. Letzteres sind Installationen, 28 Europäer, die sie im Rahmen der Ostrale 13 in Dresden gezeigt hat. „Die Installation spielte den gegenwärtigen Zustand der Union, wie die nationalstaatlichen Einzelinteressen den Aufbau eines gemeinsamen Europäischen Staates behindern“, so der Galerie. Anfang 2014 begann die Künstlerin die Europäer zu öffnen, um sie auszuhöhlen. Auch diese Objekte sind zu sehen. Die können geöffnet werden und zeigen spannende Innenansichten, farbig und mit Zeichnungen versehen.

In den anderen künstlerischen Arbeiten erschafft Brele Scholz mit Klüpfel und Schnitzeisen aus knorrigen Baumstämmen menschliche Körper mit ebenfalls individuellen Köpfen. „Brele Scholz Kunst entsteht aus dem Bedürfnis, sich mit ihrer Vergangenheit auseinanderzusetzen. Ihre Vergangenheitsbewältigung hat sie dazu gebracht, die menschliche Psyche zu untersuchen“, so Niecke. Ihre Figuren zeigen die Palette der Emotionen.

Und so ist es das Thema der Inneren Seele, welches die Malerei von Tsehay mit der Objektkunst von Scholz verbindet. Tsehay hat sich Flucht, Vertreibung und die Situation von Zugewanderten im jeweiligen Umfeld von der Seele gemalt. Er lebt heute integriert in Herborn und Frankfurt. Scholz Formensprache im Holz ergänzt sich trefflich mit Tsehays Bildern.

Die Ausstellung ist noch bis 29. Oktober in der Galerie Keim, Marktstraße 31, zu sehen.