Spannende Visionen: Gerhard Veyhl stellt sein Straßenbahnprojekt zu Kulturstätten in Bad Cannstatt vor. Foto: Frey - Frey

Das 14. Schaufenster Kultur begeisterte die zahlreichen Besucher mit Lyrik, Malerei und neuen, spannenden Visionen zur Mobilität in Bad Cannstatt.

Bad CannstattKultur, Geschäfte und bunte Aktionen. Das ist die Aktion Schaufenster Kultur. Zum 14. Mal wurde sie nun von der Initiative Kulturnetz Bad Cannstatt erfolgreich veranstaltet. Das Bilderbuchwetter mit angenehmer Wärme bescherte der Aktion viele Besucher. Das freute nicht nur Moderator Manfred Elser von der Initiative, sondern auch Bezirksvorsteher Bernd-Marcel Löffler, als sie den bunten Kulturreigen in Bad Cannstatt vor dem Glaszauber-Geschäft am Marktplatz eröffneten. „Die Fülle an Kultur ist ein großes Pfund“, sagte Löffler und dankte allen Beteiligten einschließlich Elser, dass diese Aktion zweimal im Jahr möglich ist.

Bezaubernde Wortaktrobatik bot die Cannstatterin Sandy Braun. Sie brachte dabei nicht nur die Augen von Inhaberin Irmgard Schierle-Bette zum Glänzen, als sie über den Glaszauber ihre spezielle Wortlyrik am Puls des Alphabets präsentierte. Dazu gab es für die Besucher kalorienfreie Glückskekse: zauberhafte Sprüche. Die Dornröschen-Geschichte faszinierte ebenso wie auch die Fünf Ferrari fahrenden Frauen aus ihrem ersten Buch. Gespannt sind alle nun auf Brauns zweites Buch, welches im Frühjahr erscheint.

Als nächstes gab es bei der Mietgalerie Nestel kulturpolitische Visionen, erstmals der Öffentlichkeit vorgestellt von Gerhard Veyhl. Er schlägt eine historische Straßenbahnlinie vor ähnlich dem Lissaboner Vorbild. Sie könne alle wichtigen Kulturinstitutionen verbinden. Auch Wirtschaftsförderin Mareike Merx war gekommen und zeigte sich interessiert. „Ich finde die Vision spannend, eine Verbindung von Tourismus und dem, was vor Ort ist, zu erreichen“, sagte sie am Rande. Technisch sei der Vorschlag, machbar, der Touristen und Besuchern die Cannstatter Anziehungspunkte (Genuss, Freizeit, Sport, Kultur und Gastronomie) näher bringen soll, erklärte Veyhl. Dies hätte die SSB erklärt. Finanziell seien zehn Millionen Euro für das Projekt zu stemmen. Veyhl warb um Unterstützung. Er sieht es als gute Möglichkeit, sowohl mehr Besucher zu den Kulturstätten zu bringen, als auch eine adäquate, umweltfreundliche Form der Mobilität.

Veyhl erläuterte, wie er sich die Rundlinie in Form einer Acht vorstellen könne. Viele Gleise seien vorhanden, ein paar müssten noch gelegt werden. Die Besucher zeigten sich interessiert an diesen Vorstellungen, die zu einer Verwirklichung noch den politischen Weg durchschreiten müssen, um dort Gehör zu finden. Auch Cannstatter Bezirksbeiräte waren beim Kulturspaziergang dabei. „Blicken wir in die Zukunft, investieren wir für Cannstatt. Ich würde mich freuen, wenn Sie die Idee mit begleiten und unterstützen“, so Veyhl.

In der Mietgalerie Nestel gibt es Acrylbilder und Kohlezeichnungen sowie Objekte aus Papier und Stoff von Regine Richter zu sehen. „Sie mischt die Pigmente für die Arcylbilder selbst“, erläuterte Christa Lippelt zu den abstrahierten Motiven. Einmal mehr Malerei, diesmal surreal-expressive Werke von Gudrun Vogel, erlebten die Besucher in der neu eröffneten Begegnungsstätte des Evangelischen Vereins. Auch in der Cannstatter Brücke gab es ein volles Haus und lernten die Gäste die neue Leiterin Julia Ruhland und die Angebote kennen. Den Abschluss fand der Kulturspaziergang bei der Galerie Keim. Dort stellte Thomas Niecke seine neue Ausstellung mit Objekten von Silvia Siemes und Zeichnungen von Elke Lehmann vor. Auch sind Felszeichnungen von Pierrot Krzywinski zu sehen, pastellierte Fotografie, die die Landschaft noch mehrdimensionaler und plastischer erkennen lassen.

Heiter, kritisch, ironisch und politisch. So präsentierte Martin Hahn alias Nathan Rihm seine Lyrik bei seinem ersten öffentlichen Auftritt. Er erhielt viel Applaus für seine Verse. Den Cannstatt Autor zweier Lyrikbücher schloss das Publikum sofort ins Herz. Die Auswahl aus seinen mehr als 170 Gedichten kam sehr gut an, von der Brautschau mit zwei Herzensdamen bis hin zu Hölderlin und dem „Seelenkrebs“. Er las auch unveröffentlichte Gedichte, zum Abschluss ein lyrisches Ausrufezeichen gegen Rechtspopulisten. Im Hof der Galerie Keim endete ein kurzweiliger, anregender Kulturspaziergang, der Künstler, Geschäfte, Institutionen und Besucher wieder ein Stück näher brachte. Die Ausstellungen in den Geschäften sind noch bis längstens 20. Oktober zu sehen.