Galeristin Dorothea Schwertzel-Thoma und der Sohn des künstlerischen Tausendsassas Martin Wiedmann in der Ausstellung in der Galerie Wiedmann. Foto: Frey Quelle: Unbekannt

Von Iris Frey

Er war Stuttgarts dienstältester Galerist. Darauf war Willy Wiedmann (1929-2013) stolz. Aber nicht nur. Der Galerist war selbst Künstler, Autor, Musiker, Komponist „Er war ein Tausendsassa“, das weiß mittlerweile auch sein Sohn Martin Wiedmann, der sich seit dem Tod seines Vaters um den Nachlass kümmert und die Galerie mit Unterstützung der Initiative Kulturnetz Bad Cannstatt in der Tuchmachergasse 6 erfolgreich wiederbelebt hat.

Wer das Urgestein Willy Wiedmann bis dato noch nicht gekannt hat, lernt es in dieser umfassenden Ausstellung kennen. In etlichen Fotografien, Zeitungsartikeln, Bildern und Gemälden, kann studiert werden und immer wieder gestaunt werden, was Wiedmann alles gemacht hat.

Der Vater dreier Kinder (Martin, Richard und Cornelia) hat 1964 zum ersten Mal seine eigens erfundene Polykonmalerei ausgestellt.

Im Polykonstil, dem Vieleck-Stil, ist auch sein Lebenswerk, die Bibel gemalt. „Er ist der einzige Künstler, der die Bibel ganz und in einem Stück gemalt hat“, weiß Sohn Martin. Da sie in 16 Jahren im Leporello-Format gemalt wurde, ist sie die längste Bibel der Welt, wenn sie entfaltet wird auf 1517 Meter. Das passiert, wie berichtet, am Reformationstag, am 31. Oktober, von 12 bis 14 Uhr.

In der Ausstellung in der Galerie Wiedmann sind seine Ausstellungen zu sehen, Künstler, die er zeigte. Programme und Noten. Die Noten verweisen auf den Komponisten. Stücke von Willy Wiedmann wurden beim Verein Cultur in Cannstatt aufgeführt, wie auch hier Programme zeigen.

Und in der Malerei zeigt Wiedmann auch ein breites Spektrum: Surreales, Reales, Skizzenhaftes bis hin zum Abstrakten. Aber auch ein liebevoller Blick auf seine Heimat Bad Cannstatt ist in der Malerei zu entdecken, etwa im großen Album, in dem Bilder seiner Jugendmalerei zu finden sind.

Da Willy Wiedmann zeitweise mehrere Galerien gleichzeitig betreute und auch die Galerie in der Volksbank kuratierte, wurde ihm für sein künstlerisches Engagement 2002 das Bundesverdienstkreuz verliehen. Das hat ihn damals sehr gefreut, dass sein Wirken so gewürdigt wurde. Da strahlte er über das ganze Gesicht, als er die Nachricht erhalten hat.

Schließlich konnte er nicht in allen Bereichen reüssieren. Die Bibel wollte er eigentlich schon zu Lebzeiten weltweit bekannt machen. Und weltweite Künstlerkontakte pflegte er, wie er immer wieder berichtete. Umso sehr würde es ihn freuen, dass seine Familie nun seine Bibel bekannt macht. Zuletzt war sie auf dem Kirchentag in Berlin und Wittenberg ausgestellt. Die längste Bibel der Welt wird nun am Reformationstag in der Cannstatter Altstadt entfaltet von 12 bis 14 Uhr. Ehrenamtliche Helfer dürfen sich melden per Mail unter: Cannstatt.1517Meter.Bibel@t-online.de.

Im April 2005 freute sich Wiedmann, seine Planeten-Ausstellung im Planetarium eröffnen zu können. Voller Begeisterung berichtete er damals von seiner Faszination für die Himmelskörper. Die Unendlichkeit beschäftigte ihn. Und dieses Thema konnte er in seinem Bibelprojekt und im Polykonstil fortsetzen. Denn die vielen Ecken lassen sich beliebig oft kombinieren. Für Wiedmann damals ein reizvoller Gedanke. Pfarrer Florian Link weiß noch, dass er sein Gemeindeglied Willy Wiedmann zu dessen 80. Geburtstag besucht hat und dieser ihm erzählt habe, dass er mit Ella Fitzgerald musiziert habe. Der Tausendsassa, der auch eine Zeit lang die Cannstatter Galerie Kunsthöfle leitete, beeindruckte immer mit Besonderheiten und Ideen. Er war gewitzt. Und so lag es ihm, unter verschiedenen Pseudonymen in unterschiedlichen Stilen zu malen. Der Tausendsassa ließ sich so in keine künstlerische Ecke drängen. Die Biografie über Willy Wiedmanns Leben wird gerade geschrieben, wie sein Sohn ankündigt.

Die Ausstellung ist noch bis zum 4. November in der Galerie Wiedmann zu sehen, Tuchmachergasse 6, Dienstag bis Freitag, 10 bis 18 Uhr, Samstag, 10 bis 16 Uhr. Infos: galerie-wiedmann.de.