Ulrich Esenwein war fast 25 Jahre lang als Ministerialrat tätig, zuletzt in der Staatskanzlei als Herr über die Finanzen bei Ministerpräsident Winfried Kretschmann. Jetzt hat er einen Krimi geschrieben. Foto: Renate Esenwein Quelle: Unbekannt

Von Iris Frey

Selten, dass ein Krimi einen so in Atem hält wie dieser. Schon der Titel „Schwesterchen, komm, stirb für mich!“, der erste Fall von Sonderermittlerin Katrin Krauß, lässt aufhorchen. Der Ort: Krankenhäuser. Die Opfer: Nicht Patienten, sondern Krankenschwestern. Der Täter: ein Axtmörder. Doch wer ist dieser Mann, der hier mit einer doppelseitigen Streitaxt aus Kreta um sich haut, so dass ein Mord passiert und drei Mordversuche in Erlangen und zuvor drei Schwesternmorde in Stuttgart, besser gesagt Bad Cannstatt?

Fragen, die den Leser von Seite zu Seite neugieriger machen. Einer hat es in der Hand, der Autor, der diesen Krimi verfasst hat: Ulrich Esenwein, geboren 1961. Dabei ist sein Arbeitsumfeld bislang ein ganz anderes gewesen: Er war bis vor kurzem bei Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) für dessen Finanzen in der Stuttgarter Staatskanzlei zuständig. Bis Oktober 2014 durch eine Herz-Operation hervorgerufene schwere Erkrankung war er fast 25 Jahre hinweg als Ministerialrat zuletzt in der Regierungszentrale in zentraler Funktion.

Auslöser für das Buch war sein mehrmonatiger Aufenthalt im Jahr 2014 im Robert-Bosch-Krankenhaus in Bad Cannstatt, wo fünf schwere Herz-Operationen durchgeführt wurden, die letzte Operation am 15. Oktober 2014, genau vor zwei Jahren, wie Esenwein erklärt. Sie hat zu einem heftigen Schlaganfall geführt. In der Folge standen Krankheits- und Reha-Phase an. Letztendlich bedeutete sie die Dienstunfähigkeit und führte zu seiner Pensionierung. „Der Krimi ist insoweit eine Art Verarbeitung dieser Erlebnisse.“

Der Mörder ist ein angehender Arzt, der hier sein wildes Unwesen treibt, auch in einer Klinik, die von Weinbergen umgeben ist. Das Motiv ist zunächst der Wunsch des Arztes, sein Liebesverhältnis zur Lernschwester zu vertuschen und die Tat dem Axtmörder in die Schuhe zu schieben. Deshalb benützt er eine Perücke. Weitere Taten folgen, damit der Verdacht nicht auf ihn, den Assistenzarzt fällt. Der Leser erlebt hautnah die Taten, die ganz überraschend auf die Schwestern einbrechen. Durch rasche Ortswechsel gelingt es dem Autor, die Spannung weiter zu steigern.

Was andere Autoren auf mehreren hundert Seiten beschreiben, fasst Esenwein wohldurchdacht zusammen und formuliert kurz und knackig. In seiner Krankenphase hat er einen angehenden Arzt in Bad Cannstatt kennengelernt, der sehr resolut war und ihm daher im Gedächtnis geblieben ist. So flossen eigene Erlebnisse in die Fiktion mit hinein, die aber von ihrer Geschichte her etwas ganz anderes ist. Ermittlerin Katrin Krauß hat alle Hände voll zu tun, eingesetzt vom Landeskriminalamt in Bad Cannstatt. Der Mörder hat es immer wieder leicht, nach seiner schlimmen Tat sich im Chaos des Krankenhauses unauffällig zu bewegen und zu fliehen. Auch das Ende des Krimis ist überraschend.

Doch zuvor gibt es noch einen Untersuchungsausschuss im Landtag zur Ermittlungssache. Als einstiger Ministerialrat für Esenwein eine Welt, die dem Autor nicht fremd ist. So hat er selbst, wie er sagt, unter dem ehemaligen Ministerpräsidenten Günther Oettinger (CDU) einen Untersuchungssauschuss zur Verlagerung von Messen von Sinsheim zur Landesmesse auf den Fildern betreut. Im Krimi wird die Ermittlerin Krauß in den Untersuchungsausschuss gerufen und im neu renovierten Landtag befragt.

Durch die glaubhafte Beschreibung tatsächlicher Orte wird der Krimi noch nachvollziehbarer und aktuell. Was die Ermordung der Krankenschwestern betrifft, so soll der Krimi nicht dazu dienen, wie Esenwein sagt, zum Widerstand oder gar zur Gewalt gegen Schwestern und Pflegerinnen aufzurufen, sondern nur Schwestern und Pfleger an den Pranger stellen, die ihre Patienten schlecht behandelt haben. Der Autor will zugleich schwer Kranke ermutigen, und mit dem Buch zeigen, „dass man alles überleben kann und dann auch wieder bessere Zeiten kommen, in denen man die wenige geistige Kraft kreativ einsetzen kann“. Er erklärt, dass er mehrheitlich nette und hilfsbereite Schwestern und Ärzte erlebt hat. „Das Buch ist denen gewidmet, die genau das Gegenteil waren“, so Esenwein mit ironischem Unterton..

Auch der Stuttgarter Osten taucht im Buch auf: Fiktiv geht dort eine Assistenzärztin zu einer Art Medikamenten-Entwöhnung in eine Entziehungsklinik. Ein lesenswerter Krimi, der hervorragend in unsere schnelle Zeit passt, in der in kürzester Zeit so viel passiert, was einen atemlos machen kann und in der viele Bilder und Nachrichten auf einen einstürzen und gefangen nehmen. Ein Buch, das temporeich, spannend und witzig geschrieben ist. Der Autor schreibt bereits am zweiten Fall für Sonderermittlerin Krauß, die wieder im mittleren Neckarraum ermitteln wird.

Ulrich Esenwein: „Schwesterchen, komm stirb für mich!“ Pro Business GmbH, Berlin, ISBN 978-3-86460-547-5, 65 Seiten, 7,90 Euro.