Die riesige Baustelle im Herzen Stuttgarts ist ab heute drei Tage lang für Besucher geöffnet. Foto: dpa Quelle: Unbekannt

Fellbach (red) - Ein Themenschwerpunkt bei der Klausurtagung des Fellbacher Gemeinderates war die Wohnbaupolitik. Baubürgermeisterin Beatrice Soltys machte dabei die Notwendigkeit eines Paradigmenwechsels deutlich.

Bislang war es Ziel, die Bevölkerungszahl Fellbachs weitgehend stabil zu halten. Zudem sollte insbesondere der Wegzug von Familien mit Kindern eingedämmt und bezahlbarer Wohnraum geschaffen werden. In den letzten Jahren freilich blieb die Baufertigstellung stets hinter den strategischen Zielen für die Wohnbauentwicklung zurück. Dennoch ist die Bevölkerungszahl gewachsen. „Ohne dass wir dies aktiv gesteuert haben“, so Fellbachs Baubürgermeisterin.

Zu dieser Entwicklung hat die Stadt eine Studie bei der empirica AG in Auftrag gegeben. Danach gilt Fellbach als „Schwarmstadt“, die sich durch eine erhöhte Zuwanderung insbesondere in den Altersgruppen der 15- bis 24-Jährigen sowie der 25- bis 34-Jährigen auszeichnet. Die Studie geht davon aus, dass die Bevölkerungszahl Fellbachs bis 2030 auf rund 46 900 Einwohner anwachsen wird. Um die Wohnraumnachfrage zu befriedigen, sei in den Jahren 2016 bis 2020 der Neubau von 128 Wohneinheiten pro Jahr erforderlich, von 2021 bis 2025 dann 160 jährlich.

Allerdings ist die quantitative Sicht nur die eine Seite. Eine Fellbacher Wohnbaustrategie braucht auch qualitative Zielsetzungen, machte Fellbachs Baubürgermeisterin deutlich. Und dabei geht es längst nicht mehr nur darum, bestimmte Gruppen im Blick zu haben - beispielsweise Wohnangebote für Senioren oder sozial Benachteiligte zu schaffen. „Wir müssen für die breite Mittelschicht bezahlbaren Wohnraum schaffen, das ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe“, so Beatrice Soltys. Es gelte, die Rolle der Stadt in der Daseinsvorsorge zu klären, darüber zu diskutieren, wie Private an der Bereitstellung sozialgerechten Wohnraums beteiligt werden könnten und auch Strategien zur Flächenaktivierung zu entwickeln.

Grundlegende strategische Zielsetzungen sollen in einem „Perspektivenplan 2025“ dargelegt werden. Die „Wohnbauoffensive 2020“ soll durch zügige Flächenaktivierung und die Bereitstellung von gefördertem Wohnraum mit öffentlicher und privater Beteiligung zielgruppenorientiert Wohnraum schaffen und so die Wohnungsnot in der Stadt abmildern. Das Stadtplanungsamt hat dazu alle Flächen in der Stadt untersucht, auf denen kurz- bis mittelfristig Wohnungsbau möglich ist. Ein Ergebnis: Am Ziel der Innenentwicklung vor der Außenentwicklung kann Fellbach festhalten.

Die Wohnbaupotenziale in der Innenentwicklung reichen zumindest in den nächsten zehn Jahren aus, um das erhöhte Bevölkerungswachstum abzufangen. Nur die Entwicklung kleinerer Flächen in Ortsrandlagen könnte notwendig werden. Dies, so Soltys, gibt auch die Möglichkeit, noch einmal grundsätzlich über die im Flächennutzungsplan dargestellten Reserveflächen nachzudenken.

Vorgelegt wurde dem Gemeinderat auch eine Liste mit zehn „Ad-hoc-Standorten“, bei denen die Flächen bereits in städtischem Besitz sind und wo kurzfristig Wohnungsbau nach sozialgerechten Maßstäben umgesetzt werden kann. Bereits in der Entwicklung ist ein neues Wohnquartier an der Ecke Siemens-/Fellbacher Straße in Schmiden, wo mit Wohnungen für den freien Markt - aber auch geförderten Wohnungen - eine gute Mischung erreicht werden soll.

Auf dem Weg zur „Wohnbauoffensive 2020“ wird der Fellbacher Gemeinderat noch einige grundlegende Fragen zu klären haben: Braucht es ein aktives Flächenmanagement? Wie können Instrumente der Bodenordnung gezielt eingesetzt werden? Welche Rolle soll die Stadt beim Wohnungsbau spielen? Begleitet werden soll die Offensive von einem „Runden Tisch Wohnen“ mit Vertretern aus der Wohnungswirtschaft, aus Verbänden und Unternehmen. Zudem soll im Rathaus die Stelle eines Koordinators geschaffen werden, bei dem alle Fäden zusammenlaufen.