Das Volksfest ist Andrea Kühnle ans Herz gewachsen. Sie betreut in diesem Jahr zum 40. Mal die Veranstaltung. Foto: Rehberger Quelle: Unbekannt

Bad Cannstatt (ede) - Für Andrea Kühnle geht am Sonntag ein besonderes Volksfest zu Ende. Es ist ihr 40., das sie für den Veranstalter betreut. Sie ist für den Servicebereich zuständig, also quasi „Mädchen für alles.“ Die Veranstaltung ist ihr ans Herz gewachsen. „Ohne das Volksfest würde mir etwas fehlen.“

Im Juni 1978 trat sie beim damaligen Verkehrsamt nach der Ausbildung bei der Stadt ihren Dienst an, im September darauf war sie schon auf dem Wasen. Keine Veranstaltung hat sie seitdem verpasst. Nur einmal konnte sie erst Dienstag nach Festbeginn antreten. Ein Bänderriss hatte sie beim Sommerfest 1993 außer Gefecht gesetzt. „Das werde ich nie vergessen.“ Die Eröffnungsveranstaltung verfolgte sie am Fernseher. „Da habe ich es nicht mehr ausgehalten und mich zum Wasen fahren lassen.“

In der Aufbauphase geht es heiß her. Da kommen die Schausteller aufs Gelände, wollen ihren Standplatz wissen, holen sich Durchfahrts- und Dauerparkschein, benötigen Wasser- und Telefonanschluss, einen Platz für den Wohnwagen, geben ihre Bewerbungen für die nächste Veranstaltung ab, melden sich Lieferanten an ... Nach dem Abbau der Buden und Fahrgeschäfte müssen sich alle Schausteller abmelden, wird der Stellplatz vom Veranstalter abgenommen. „Ich bin quasi Mädchen für alles“, umschreibt sie ihr Aufgabengebiet. Sie hört sich die Sorgen und Nöte der Schausteller an, ist auch eine Art Kummerkasten, legt Pflaster und Verband an, wenn sich Arbeiter verletzt haben. „Das gehört auch dazu.“ Ihren Humor hat sie nicht verloren. Obwohl die Schausteller „ein eigenes Völkchen“ seien, unter ihnen auch mal ein rauer Umgangston herrsche. Darauf hat sie sich längst eingestellt. „Auch ich kann energisch werden“, betont die 56-Jährige. Dann passt sie sich dem Umgangston an. Das helfe fast immer.

Während des Volksfestes steht das Telefon kaum still. Es wird nach Telefonnummern der Festbetriebe gefragt, nach dem Feuerwerk, den Familientagen, kommen Besucher an ihr Büro, fragen nach dem Roten Kreuz, den Toiletten, wollen ihren Fahrradhelm abgeben. „Ich habe auch schon mal auf einen Hund aufgepasst.“ Diese sind auf dem Festgelände verboten. Andrea Kühnle braucht ein dickes Fell und starke Nerven. Besucher können schon mal ausfällig werden. Ein angetrunkener Mann schlug einmal ihre Scheibe zum Büro ein. „Dem habe ich nicht gleich helfen können.“ Doch das sind Ausnahmen. Und schon länger her. „Das war noch in unserem alten Büro.“ Ihrer Beziehung zum Volks- und Frühlingsfest hat das nicht geschadet, so anstrengend ihr Job auch ist. „Man muss flexibel und belastbar sein.“ Auch an den freien Tagen besucht sie den Festplatz. Früher hat sie neue Fahrgeschäfte getestet. Doch inzwischen kennt sie alle. Daher sind jetzt die beiden Enkel dabei, bekommen den Festplatz hautnah vermittelt. Auch nach dem 40. Volksfest hat Andrea Kühnle nicht genug. Fest und Schausteller sind ihr ans Herz gewachsen.