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Wie kommt das Blut des Opfers in die Wohnung des Angeklagten? Ist er körperlich in der Lage, eine Leiche zu zerteilen? Der 76-jährige Angeklagte ließ sich auch von den Gutachtern kaum in die Karten schauen.

Stuttgart/Esslingen Die Befragung des Angeklagten, dem vorgeworfen wird, seine Bekannte am 26. September vergangenen Jahres in seiner Wohnung in Mettingen getötet und anschließend die zerstückelte Leiche in den Neckar geworfen zu haben, sei unergiebig gewesen, meinte der psychiatrische Sachverständige Peter Winckler gestern vor dem Stuttgarter Landgericht. Der 76-Jährige habe eine Fassade aufgebaut, um zu verhindern, dass ihm jemand in die Karten schaut. Zumindest leide der zwei Mal geschiedene Familienvater unter keiner Psychose. Der Gutachter hatte den Angeklagten vier Mal in der Untersuchungshaft besucht und über sieben Stunden mit ihm geredet. Immer wieder habe der 76-Jährige von „seiner Brigitte“ geredet, mit der er glücklich gewesen sei und die er im Januar dieses Jahres heiraten wollte. Er habe kein Motiv gehabt, die vier Jahre jüngere Frau zu töten, soll der Angeklagte dem Psychiater erzählt haben und war sich sicher, freigesprochen zu werden. Peter Winckler konfrontierte im Verlaufe der Gespräche den Rentner mit den in seiner Wohnung gefundenen Spuren: einen mit dem Blut des Opfers getränkten Teppich, Blut im Bad und an einem Einkaufstrolley, mit dem die Leichteile zum Neckar transportiert worden sein sollen. Dafür hatte der 76-Jährige eine Erklärung. Das spätere Opfer soll am 19. September, an seinem Geburtstag, sich den rechten Zeigefinger an einem zerbrochenen Sektglas sehr tief aufgeschnitten und anschließend das „Einkaufswägele“ ausgeliehen und am nächsten Tag wieder zurückgebracht haben. Bei einem nächsten Besuch habe der Angeklagte ihm euphorisch erklärt, dass er nun den Beweis habe, dass er nicht der Täter sein kann, berichtete Winckler: Aufgrund einer Leistenoperation sei er körperlich gar nicht in der Lage gewesen, eine Leiche zu zerteilen. Später kam auch noch die linke Hand ins Spiel, die der 76-Jährige nach eigenen Worten seit Jahren nicht mehr bewegen könne. Zwei Dinge seien ungewöhnlich gewesen, sagte der Sachverständige. Der Rentner habe weder Trauer noch irgendeine persönliche Betroffenheit gezeigt, wenn es um den Tod seiner angeblich so geliebten Brigitte ging. Darüber hinaus sei er als Gutachter, was den persönlichen Werdegang angeht, oftmals ins Leere gelaufen. Eine Haftstrafe von sechseinhalb Jahren wegen Handelns mit Kokain im großen Stil und zwar mit Ende Fünfzig habe der Angeklagte zunächst verschwiegen, dann abgestritten und schlussendlich äußerst ungehalten zugegeben, er habe aber alle weiteren Fragen dazu abgeblockt. Genauso die Fragen zu den beiden Ehen und den Kindern. „Der 76-Jährige legt es darauf an, einen positiven Eindruck zu erwecken“, meinte Winckler. Auch werfe das Zerteilen einer Leiche weitere Fragen auf. Das geschehe nämlich äußerst selten, denn die meisten schreckten vor diesem Schritt zurück. Ein weiteres Rätsel gab auch die großflächige Hautabtragung mit teilweiser Entfernung der Muskeln am Rücken des im Neckar gefunden Torsos der Getöteten auf, die sich auch die Rechtsmedizinerin Adina Schweickhardt nicht erklären kann. Zur Todesursache konnte die Sachverständige ebenfalls nichts sagen. Eine Fraktur der oberen Lendenwirbelsäule sowie Hämatome, die sich das Opfer noch zu Lebzeiten zugezogen hatte, waren nicht für den Tod verantwortlich. Der Kopf und der rechte Arm des Opfers sind bis heute verschwunden. Auf Nachfrage der Verteidigerin meinte Schweickhardt: „Wenn man Zeit hat, erfordert das Zerteilen einer Leiche keinen besonderen Kraftaufwand“. Der Prozess wird am 25. Juni fortgesetzt