Willfried Jentzsch verabschiedet sich mit einem Buch aus dem Amt: Der PSV-Vorsitzende hat 65 Vorworte, die er in 16 Jahren für das Vereinsheft geschrieben hat, zusammengetragen. Foto: Hauptmann - Hauptmann

Willfried Jentzsch, einstiger Wangener Revierleiter, gibt nach 16 Jahren den Vorsitz des Polizeisportvereins ab. Langweilig wird es dem 79-Jährigen im Un-Ruhestand dennoch nicht.

WangenDie Zahl 16 scheint in seinem Leben eine gewisse Rolle zu spielen, meint Willfried Jentzsch. Genauso alt war der gebürtige Leipziger, als er 1957 aus der damaligen DDR in die Bundesrepublik übersiedelte. 16 Jahre war er Polizeirevierleiter, erst in Vaihingen, dann in Wangen. Und jetzt – nach 16 Jahren – gibt der mittlerweile 79-Jährige die Verantwortung als Vorstandsvorsitzender des Polizeisportvereins (PSV) Stuttgart ab. Nicht ohne Wehmut, räumt er ein. „Es hat mir immer Spaß gemacht, auch wenn das eigentlich ein Fulltime-Job war.“ Bei der Mitgliederversammlung am 25. April wird er nicht mehr für das Ehrenamt kandidieren. „Der Verstand sagt, das ist der richtige Schritt.“ Mit dem Herzen bleibe er dem PSV, dem er seit 1976 angehört, jedoch eng verbunden. „Ich höre zwar auf, aber mich wir d es weiterhin als engagiertes Mitglied geben.“

Er blicke auf eine ereignisreiche Zeit zurück, sagt Jentzsch und blättert stolz in einem kleinen Buch, das er im Eigenverlag herausgeben hat: „Am Rande bemerkt“ ist eine etwas andere Vereinschronik. Alle 65 Vorworte, die er in seiner Amtszeit für die Vereinsnachrichten geschrieben hat, sind darin zusammengefasst. In den Beiträgen ging der PSV-Vorsitzende sowohl auf die individuellen Belange der Abteilungen ein als auch auf Ereignisse von politischer und sozialer Relevanz in den vergangenen 16 Jahren. „Damit ist das Buch auch ein Spiegelbild der Höhepunkte fast einer ganzen Vereinsgeneration.“ Exemplarisch nennt er die Durchführung des 75. Vereinsjubiläums, die Fußball-Weltmeisterschaft 2006, den Kooperationsvertrag mit dem VfB Stuttgart sowie die mannigfaltigen Um- und Neubauten auf dem Vereinsgelände neben der Mercedes-Benz-Arena.

Um seine Nachfolge bewirbt sich Andreas Stolz, ein noch im Dienst stehender Polizeibeamter. „Ich kann mir keinen Besseren vorstellen“, sagt Jentzsch, der „ein gut bestelltes Haus“ übergibt: 13 Abteilungen hat der PSV zu bieten, ihm gehören rund 1100 Mitglieder an – übrigens nicht nur Angehörige der Polizei. Zwar wurde der Verein 1929 von Polizeibeamten gegründet, doch nach dem Krieg öffnete er sich für alle Stuttgarter. Heute würden nur noch etwa 10 bis 15 Prozent der Mitglieder Polizisten sein, berichtet Jentzsch. Attraktiv sei der PSV vor allem für den Nachwuchs: Fast jedes dritte Mitglied sei unter 18 Jahre alt. Auch große sportliche Erfolge habe der relativ kleine Verein vorzuweisen, vor allem die Fechter seien dessen Aushängeschild.

Und was kommt in den nächsten 16 Jahren? „Mir wird nicht langweilig werden“, lacht Jentzsch. Das hat er schon nach seiner Pensionierung 1999 bewiesen. Selbst im Ruhestand gab es kaum mehr Zeit für Ehefrau Doris, die beiden Töchter und die zwei Enkel. Da war ja nicht nur der PSV. So drückte er noch einmal die Schulbank, studierte fünf Jahre lang in Tübingen Geschichte des Mittelalters; seine Magisterarbeit hat er über die Staufer-Kaiser geschrieben. Für Geschichte hat sich der gelernte Maurer schon immer interessiert – und deshalb verwundert es nicht, dass er Mitglied im Polizeihistorischen Verein Stuttgart und seit Mai 2015 als Museumsführer im Polizeimuseum tätig ist. Sein Spezialgebiet: die RAF-Zeit. Als Leiter von Organisationseinheiten der Verkehrspolizei war er damals unter anderem für Gefangenentransporte zuständig und begleitete den französischen Starphilosophen Jean-Paul Sartre, als dieser den RAF-Mitbegründer Andreas Baader im Dezember 1974 im Hochsicherheitsgefängnis in Stammheim besuchen durfte. Erfahrungen als Personenschützer hatte Jentzsch beim Bundesgrenzschutz gesammelt. „1963 war ich ein halbes Jahr Leibwächter von Konrad Adenauer.“

Viel kann der pensionierte Erste Polizeihauptkommissar aus seiner gut 40-jährigen Dienstzeit berichteten. Über Eskorten von prominenten Staatsgästen und Großeinsätze vor dem amerikanischen Hauptquartier Eucom zum Beispiel. Einmal in Fahrt gekommen, sprudelt es nur so aus ihm heraus. „Vielleicht sollte ich ein Buch darüber schreiben“, sagt Jentzsch scherzend. Selbst ein weiteres Studium („aber nur als Gasthörer“) könnte er sich vorstellen: „Philosophie würde mich reizen.“ Natürlich will er auch weiterhin regelmäßig Sport treiben – Tennis vor allem und Skifahren. Wenn es mal regnet, steigt er daheim in seiner Freiberger Wohnung auf den Hometrainer. In diesem Jahr wird er zum 20. Mal das Sportabzeichen ablegen. „Darauf bin ich stolz.“