Die Grundstücke zwischen Dietbach- und Maximilianstraße Foto: Kuhn - Kuhn

Der Bezirksbeirat macht einen neuen Versuch: Die Mehrheit der Politiker fordert, dass das Gebiet Untere Dietbachäcker als Baugebiet ausgewiesen wird. Jahrelang regte sich dagegen Widerstand.

UntertürkheimTotgeglaubte leben offensichtlich immer wieder auf. Bereits Anfang der 90er-Jahre diskutierten die Bezirksbeiräte über die Grünschneise zwischen der Dietbachstraße und dem Wohngebiet Flohberg. 1995 gab es bereits Pläne, das Gartengebiet zwischen Maximilian- und Dietbachstraße mit Neubauwohnungen aufzusiedeln. Bis zu 120 Wohneinheiten waren als Ortsrand-Arrondierung, wie es damals hieß, auf dem 2,4 Hektar großen Areal geplant. Doch sowohl im Gemeinderat als auch in der Bevölkerung gab es vehemente Gegner. Mit Aktionen liefen Anwohner des benachbarten Wohngebiets gegen die Aufsiedlung Sturm. Der Frontverlauf war klar: Neubaugebiet contra Naherholungsfläche inklusive Frischluftschneise. In der Debatte über die Zeitstufenliste für den Wohnungsbau stellten die Stadtplaner dann 2010 fest: „Die Fläche stellt eine wichtige siedlungsnahe Freifläche mit Erholungsfunktion dar. Sie wird als Gartenland sowie als Freizeitgärten mit Obstbäumen genutzt und hat eine hohe Bedeutung für den Artenschutz.“ Gutachter hatten den seltenen und streng geschützten Wendehals sowie Grünspechte beobachtet, die in den Obstgärten brüteten. Zudem handle es sich bei dem grünen Hang um eine Freifläche mit hoher Klimaaktivität.

Die Anwohner führten immer wieder ins Feld, dass das Gebiet als Frischluftschneise diene und im Einwirkungsbereich der nahen Bundesstraße 14 für schadstoffarme Luft sorge und zudem geräuschdämmend wirke. In langen, hitzigen Debatten entschied die Gemeinderatsmehrheit vor rund fünf Jahren, das Gebiet „Untere Dietbachäcker“ von der Zeitstufenliste zu streichen. Das Areal wurde als landwirtschaftliche Fläche mit zusätzlichen Aufgaben für Naherholung und Klimaaspekten festgeschrieben. Die Entscheidung schien Jahre hinaus zementiert.

Doch jetzt lebt die Diskussion wieder auf. Die CDU-Fraktion im Bezirksbeirat stellte einen Antrag, Wohnungsbaupläne wieder in die Zeitstufenliste aufzunehmen. „Es fehlt Wohnraum. Untertürkheim hat keine Neubaugebiete mehr. Das Gebiet Untere Dietbachäcker grenzt an zwei bestehende Wohngebiete. Die Schule, Kindertagesstätten und der öffentliche Nahverkehr sind in der Nähe“, sprach sich Untertürkheims CDU-Fraktionsvorsitzende Andrea Mathiasch in der vergangenen Sitzung für eine Änderung der Wohnbaustrategie aus. Allein auf die Innenentwicklung und Nachverdichtung zu setzen, reiche jetzt nicht mehr aus.

Dem widersprach Sabine Reichert-Hebel von Bündnis 90/Die Grünen. Es gäbe sehr wohl noch Potenzial. Sie verwies dabei auf das Kälte-Fischer- und andere bislang von Industriebetrieben genutzte Areale. Auch im Ortskern seien einige Gebäude nicht ausreichend genutzt. „Außerdem dienen die Gartengrundstücke als Frischluftschneise“, so Reichert-Hebel.

Die Freien Wähler und die FDP schlossen sich der Meinung der CDU an. Das Zünglein an der Waage spielte die SPD. „Wir haben in Untertürkheim keine nennenswerten Bautätigkeiten vorzuweisen, wollen aber Wohnraum auch für die nachkommenden Generationen schaffen. Deswegen ändere ich meine Meinung und stimme dem Wohnbau zu“, erklärte Werner Kapitza. Mit acht Ja- gegen zwei Nein-Stimmen wurde der Antrag angenommen. Er ist ein erster Schritt. Entschieden wird darüber im Gemeinderat.