Die Röhren in Richtung Hauptbahnhof sind mittlerweile durchgeschlagen, jetzt werden Verbindungen zwischen den Röhren gebaut.Archiv Foto: Kuhn Quelle: Unbekannt

Von Mathias Kuhn

Die Bewohner des Wohngebiets Ulmer/Nähterstraße/Im Degen können in den kommenden Tagen nochmals ein ungeliebtes Geräusch vernehmen: Grollen und Erschütterungen aus dem Untergrund. Die Mineure im Stuttgart-21-Tunnel müssen nochmals Sprengen. Die beiden Röhren in Richtung Hauptbahnhof sind zwar gegraben, aber die Tunnelbauer stellen alle 50 Meter noch Verbindungen zwischen den Röhren her. Auf Höhe der Ulmer Straße stießen sie auf Fels. Mit Bagger kommen sie nicht weiter.

Der Bau des Stuttgart-21-Tunnels hatte im vergangenen Jahr zu erheblicher Unruhe in den Wohngebieten in Wangen Nord geführt. Zwei Röhren - je eine pro Fahrtrichtung - führen vom rund 3,5 Kilometer entfernten Hauptbahnhof zum Zwischenangriffpunkt in der Ulmer Straße. Die Röhren unterqueren den Stuttgarter Osten, den Wangener Berg und zuletzt in geringer Tiefe die Wohngebiete Im Degen und Nähterstraße. Als die Bergleute beim Vortrieb auf Fels und Gestein stießen, reichte die Arbeit mit den Baggern nicht mehr aus. Sie mussten sich mit Lockerungssprengungen und nachts durch den Einsatz von Meißeln durchs Gestein kämpfen. Die Erschütterungen und der Lärm vor allem der nächtlichen Meißelarbeiten führten zu Protesten der Anwohner. Die Bahn bot Betroffenen an, in ein Hotel zu ziehen. Die Tunnelbauer kamen voran. Dieses Jahr wurden beide Röhren „durchgeschlagen“, eine durchgängige Verbindung geschaffen. Doch damit ist der Tunnelrohbau noch nicht fertig. Etwa alle 500 Meter muss ein Verbindungsbauwerk - auch als Rettungsweg - zwischen den Röhren hergestellt werden. „Diese werden nun sukzessive aufgefahren. Von Ende Oktober an wird ein Verbindungsbauwerk wenige Meter vom Zwischenangriff in der Ulmer Straße entfernt gebaut“, erklärt ein Sprecher der Bahn. Wie auch beim Bau der Tunnelröhren seien in diesem Bereich Fels- und Gesteinsschichten angetroffen worden, die mit dem Einsatz von Baggern nicht gelöst werden könnten. Die Folge: Die Mineure werden dem Fels mit Lockerungssprengungen zu Leibe rücken müssen. „Durch diese geologischen Gegebenheiten können die Sprengungen in Form eines dumpfen Grollens wahrgenommen werden, das mehrere Sekunden andauert“, heißt es in einem Schreiben, das den Anwohnern zugegangen ist. Die Sprengarbeiten werden zwischen 6 und 22 Uhr durchgeführt. In den Nachtstunden könne es bauablaufbedingt vereinzelt zu Meißelarbeiten kommen. Die Baufirma sei angehalten, so selten wie möglich den Meißel einzusetzen.

Die Arbeiten seien durch den Planfeststellungsbeschluss des Eisenbahnbundesamts genehmigt und würden selbstverständlich auch fachkundig durchgeführt und die Auswirkungen ständig durch Messungen überwacht. „Wir sind bemüht, die durch die Bauarbeiten ausgehenden Störungen so gering wie möglich zu halten“, sagt der Bahnsprecher. Doch nicht nur in Richtung Hauptbahnhof kommt die Bahn voran. Mittlerweile hat sie begonnen, den Streckenast, der unterm Neckar hindurch zum Güterbahnhof führen wird, voranzutreiben. Nachdem der Vortrieb der Röhren in Richtung Obertürkheim auf Höhe des SGU-Geländes ins Stocken geraten waren, arbeiten die Mineure sich dort auch kontinuierlich voran. Sie waren im vergangenen Jahr auf einen mit Wasser gefüllten Hohlraum gestoßen.