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Von Mathias Kuhn

Die Nachtruhe endet für viele Mieter und Hausbesitzer seit wenigen Tagen früher als geplant. Sie müssen zur Schippe und zum Splitt greifen. Denn Gehwege müssen laut Stadtverordnung werktags ab 7 Uhr schnee- und eisfrei sein. Kehrwochenmuffel laufen Gefahr, tief in die Tasche greifen zu müssen. Wenn ein Passant stürzt, springt die Haftpflichtversicherung nicht in jedem Fall für den Schaden ein.

Eine der wichtigsten Hilfsmittel steht bei vielen Hausbesitzern und Mietern seit Ende der vergangenen Woche parat: Schneeschippe, Besen und der Eimer mit Sand oder Splitt. Handschuhe und dicke Stiefel empfehlen sich ebenso. Wer Kehrwoche hat, muss früh aus dem warmen Bett steigen. Die Satzung über das Reinigen, Räumen und Bestreuen der Stuttgarter Straßen, die der Gemeinderat vor sechs Jahren beschlossen hat, schreibt vor, dass alle Stuttgarter den Gehweg vor dem eigenen Haus von Schnee und „auftauendem Eis“ räumen müssen. Wer sein Gebäude vermietet hat, kann diese Kehrwochenpflicht an seine Mieter weitergeben. Geräumt werden muss montags bis freitags von 7 Uhr bis 21 Uhr. Am Samstag sollte der Gehweg um 8 Uhr und an Sonn- und Feiertagen ab 9 Uhr sicher begehbar sein. Auch die Breite der freigeräumten Passage ist geregelt: 1,50 Meter, damit Eltern mit Kinderwagen oder Rollstuhlfahrer aneinander vorbeikommen. Das gilt auch für Treppen und Verbindungswege. Die Flächen sollen laut Satzung „unverzüglich“ und bei Bedarf wiederholt geräumt werden. „Der Hausbesitzer oder Mieter muss allerdings nicht nach jedem Schneeflocken erneut kehren, schließlich muss er auch zur Arbeit“, sagt Karin Roller von der Verbraucherzentrale Stuttgart.

Dabei sollen Schneemengen auf dem Gehweg angehäuft, keinesfalls auf die Fahrbahn gekehrt werden. „Im Übrigen muss auch der Zugang vom Gehweg zur Haustüre geräumt werden, damit beispielsweise der Postbote sicher ans Haus kommt“, ergänzt Ulrich Wecker, der Geschäftsführer von Haus und Grund Stuttgart. Nicht nur Schnee fordert Bürger heraus. Auch Rutschpartien auf spiegelglattem Untergrund müssen verhindert werden. „Salz ist verboten“, sagt Annette Hasselwander von der Abfallwirtschaft Stuttgart. Hilfsmittel der Wahl sind Sand, Splitt, Granulat und umweltverträgliches Streugut mit dem blauen Umweltengel. Wer dennoch in den Salzeimer greift, riskiert eine Geldstrafe bis zu 500 Euro.

Haftpflichtversicherung springt ein

Für Kehrwochenmuffel kann es noch teurer werden: Bei Unfällen auf schnee- oder eisglattem Gehweg ist der Hauseigentümer oder der in die Streupflicht genommene Mieter haftbar. Ein Ausrutscher kann erhebliche finanzielle Folgen nach sich ziehen: Schmerzensgeld, Verdienstausfall, Behandlungskosten, Reha-Maßnahmen. Hausbesitzer sollten sich, so Verbraucherschützerin Roller, mit einer Grundbesitzerhaftpflichtversicherung, Mieter mit einer persönlichen Haftpflicht absichern. „Sie springt bei Stürzen ein, ist jedoch kein Freibrief, die Streupflicht zu vernachlässigen“, warnt Roller. Bei vorsätzlichem Verhalten - beispielsweise Versicherte, die nie den Gehweg kehren oder einen Unfall billigend in Kauf nehmen - kann das Versicherungsunternehmen mit Geldforderungen auf den Versicherungsnehmer zukommen.

Die Haus- und Grundstückshaftpflicht springe im Übrigen auch ein, wenn eine Dachlawine oder ein Eiszapfen ein Auto beschädigt oder einen Fußgänger verletzt. Doch auch hier empfiehlt Ulrich Wecker vorbeugende Maßnahmen wie Schneefanggitter an besonders steilen Dächern.