Derzeit 19 Kaderfußballer des VfB und sechs der Stuttgarter Kickers besuchen das Wirtemberg-Gymnasium als Eliteschule des Sports. Foto: Müller Quelle: Unbekannt

Von Alexander Müller

Die große Aufregung um die Entscheidung des VfB Stuttgart, seine Talente aus den Eliteschulen des Fußballs herauszunehmen und in die private Kolping-Akademie nach Fellbach zu schicken, scheint sich gelegt zu haben. Viele der Nachwuchsspieler hätten laut Beteiligten weiterhin die freie Schulwahl. Dennoch sehen die staatlichen Eliteschulen des Fußballs mittelfristig ihren Status gefährdet.

Die Ankündigung des VfB, seinen derzeit 63 Kaderfußballern einen Schulwechsel an die private Kolping-Akademie in Fellbach bereits ab dem Schuljahr 2017/2018 nahezulegen, hatte hohe Wellen geschlagen. Aus Sport und Politik formierte sich massiver Widerstand dagegen, dass der (noch) Fußball-Zweitligist die seit 15 Jahren erfolgreiche Kooperation mit den staatlichen Eliteschulen des Fußballs beendet. Gar die Zukunft der einzelnen Einrichtungen, zu denen in Stuttgart das Wirtemberg-Gymnasium und die Linden-Realschule in Untertürkheim sowie die Cottaschule, die Lerchenrainschule und das Schickardt-Gymnasium zählen, wurde in Frage gestellt.

In einem eigens anberaumten Gespräch hat das Kolping-Bildungswerk nun dem Stuttgarter Regionalteam „Eliteschule des Fußballs“ ihr Konzept für die geplante schulische Ausbildung der Spieler des VfB vorgestellt. Zum Regionalteam zählen die Vertreter der Eliteschulen, des Kultusministeriums Baden-Württemberg, des VfB, der Stuttgarter Kickers, des Württembergischen und des Deutschen Fußballbundes. Im Rahmen dessen hat der VfB noch einmal betont, „dass alle Spieler weiterhin selbst entscheiden dürfen, welche Schule sie besuchen wollen und auch nicht vom Verein beeinflusst werden“, heißt es in einer Pressemitteilung. Deshalb will der Fußball-Bundesligist zumindest im kommenden Schuljahr auch weiterhin den bisherigen Trainingskorridor anbieten. Das heißt, dass der VfB mit seinem Trainingsangebot im kommenden Schuljahr zweigleisig fährt.

„Das war auch von Anfang an die Intention“, betont Frederik Merz, Assistent des Vorstands des Kolping-Bildungswerks. Die Entscheidung sei nicht erst aufgrund der massiven Kritik oder gar, weil sich Spieler dagegen gestellt haben, gefallen. Ganz im Gegenteil hätten viele der derzeit 63 Kaderathleten des VfB und deren Eltern „bereits Interesse bekundet, mit uns ab dem kommenden Schuljahr zusammen zu arbeiten“, sagt Merz.

Der VfB sieht die Entscheidung „als wichtiger Baustein für die Weiterentwicklung der Jugendarbeit und damit für die nachhaltige Ausbildung von Top-Jugendspielern - sowohl im schulischen als auch im sportlichen Bereich“, betont VfB-Präsident Wolfgang Dietrich. Unter anderem sieht die Kooperation vor, dass Unterrichtsstunden auf dem Trainingsgelände stattfinden. Zudem könne man als private Einrichtung auch die Ferienzeiten bei Bedarf flexibel gestalten, sagt Merz.

Das können „wir als staatliche Einrichtungen natürlich nicht“, sagt Martin Bizer, der Rektor des Wirtmberg-Gymnasiums. Das neue zweigleisige Trainingsangebot richtet sich daher vor allem an Schüler, die weiterhin auf die bisherigen Eliteschulen des Fußballs gehen. In erster Linie bleiben die Oberstufenschüler in ihren Einrichtungen, um ihren Abschluss zu machen. Derzeit 19 Kaderathleten des VfB und sechs Spieler der Stuttgarter Kickers besuchen das Wirtemberg-Gymnasium. Abmeldungen gebe es bislang noch keine, betont Bizer. Allerdings habe dies wenig Aussagekraft. Mehrere Monate vor Schulende sei dies nicht zu erwarten. „Das kann auch einen Tag vor den Ferien erfolgen“, sagt Bizer. Bereits seit 2002 gehören das Wirtemberg-Gymnasium und die Linden-Realschule dem Stuttgarter Eliteschulverband an. Fußballstars wie Timo Baumgartl, Sven Ulreich über Nationalspieler wie Timo Werner, Joshua Kimmich und Marion Gomez bis zu Weltmeister Sami Khedira machten in Untertürkheim ihren Schulabschluss. Mittelfristig sieht Bizer das Erfolgskonzept durch die neue Kooperation aber in Gefahr. „Wenn die Oberstufenschüler ihren Abschluss gemacht haben, sind in wenigen Jahren vielleicht keine Kaderfußballer mehr bei uns“, ist der Schulleiter überzeugt, wenn das neue Konzept erfolgreich laufen sollte. Dabei gehe es nicht um irgendwelche Grabenkämpfe, sondern dem Schulleiter gehe es - wie allen Beteiligten - „um die Jungs“.

Den Status als Eliteschule des Sports sieht Bizer hingegen nicht in Gefahr. Denn neben dem Landessportverband Baden-Württemberg hat sich auch bereits die baden-württembergische Kultusministerin Susanne Eisenmann (CDU) für den Erhalt der Eliteschulen des Sports ausgesprochen. Im Zuge der geplanten Neustrukturierung der Olympiastützpunkte könnten vielmehr noch weitere Sportarten in Stuttgart angesiedelt werden. „Das würde sogar zu einer Stärkung führen“, sagt Bizer - aber eben vielleicht ohne Kaderfußballer.