In der Inneren Ulmer Straße wird Tempo 30 eingeführt. An vielen Stellen sehen die Wangener beim Thema Verkehr aber noch Bedarf. Foto: Kuhn - Kuhn

Sachlich und kontrovers debattierten die Wangener in der Einwohnerversammlung mit OB Fritz Kuhn. Verkehr, die Erweiterung des AWS-Betriebshofs und der fehlende Kornhasenlift sorgten für Zündstoff.

WangenMit einer gehörigen Portion Skepsis waren die Wangener am Montagabend zur Einwohnerversammlung geströmt. Die Turn- und Versammlungshalle war bis auf den letzten Platz gefüllt. Strittige Themen gab’s genug. Vor allem die geplante Erweiterung des Betriebshofs des städtischen Eigenbetriebs Abfallwirtschaft Stuttgart (AWS), die umstrittene Hauptradroute oder die Ablehnung des Kornhasenaufzugs boten Zündstoff für eine angeregte Debatte. Martin Dolde fasste die Vorbehalte der Wangener am besten zusammen. „Der Bezirksbeirat wird oft erst zu Projekten gehört, wenn diese bereits beschlossen sind und die Wangener nicht mehr viel bewegen können“, kritisierte der Ortschronist die schlechte Informationspolitik.

Dass Bezirksbeiräte und Bürger doch einen Einfluss haben, zeigt sich beim brandaktuellen Thema: der Erweiterung des AWS-Betriebshofes. Mehrere Anwohner wandten sich in Redebeiträgen gegen die Pläne. Niels Clasen und Kerstin Hoffbauer wiesen auf die zusätzlichen Fahrten durch die Abfallsammelfahrzeuge und den Parksuchverkehr durch die neuen AWS-Mitarbeiter hin. „Jeder zusätzliche Lastwagen sorgt für noch mehr verstopfte Straßen. Wangen hat genug Verkehr und Lärm- sowie Feinstaubbelastungen. Die Lebensqualität darf nicht schlechter werden“, forderte Hoffbauer. „Wir haben heute bereits Parkplatzprobleme bei Veranstaltungen in der Flatowhalle und jetzt kommen weitere durch die Mitarbeiter des AWS-Betriebshofes dazu“, ergänzte ihre Nachbarin. Die Sorgen der Anwohner sind in der Stadtverwaltung angekommen. „Wir sind dabei, nach Möglichkeiten zu suchen, Stellflächen auf dem AWS-Gelände anzubieten“, nahm Technikbürgermeister Dirk Thürnau dem Thema ein wenig Brisanz. Oberbürgermeister Fritz Kuhn und Finanzbürgermeister Michael Föll baten die Wangener zudem um Verständnis für eine gesamtstädtische Sicht. „Wir brauchen für die zunehmenden Aufgaben der Abfallwirtschaft dezentrale Betriebshöfe und wir benötigen bezahlbaren Wohnraum. Dieser wird auf dem Betriebshof in der Türlenstraße geschaffen. Allerdings hätten wir die Wangener ein bisschen früher über unsere Pläne informieren sollen“, gestand Kuhn gegenüber Dolde ein.

Zunehmender Verkehr beschäftigt auch die Anwohner im Gebiet Jägerhalde. Astrid Kästner befürchtet ein „totales Chaos“ durch den Neubau einer viergruppigen Kita auf einem Grundstück am Rande der Jägerhalde. Durch die Lage am Wangener Berg würden die Eltern ihren Nachwuchs kaum mit dem Kinderwagen den steilen Berg hochschieben, sondern mit dem Auto absetzen. Die Antwort von Bildungsbürgermeisterin Isabel Fezer, dass drei Parkplätze für die Erzieherinnen gebaut würden, trug nur wenig zur Beruhigung bei.

Einen Anstieg müssen auch die Besucher und Bewohner des Generationenzentrums Kornhasen bewältigen. Ilona Wörz kritisierte deswegen, dass der auch im Bürgerhaushalt gewünschte Aufzug abgelehnt wird. Sozialbürgermeister Werner Wölfle konnte der Wangenerin kein Patentrezept anbieten. Er schüttete ihr reinen Wein ein. „Ein Aufzug ist zu reparaturanfällig, zu steil und zu teuer. Wir suchen nach Alternativen.“

Dafür konnte Ordnungsbürger Martin Schairer mehr Kontrollen im Straßenverkehr in Aussicht stellen. Der Gemeinderat hat mehr Stellen für den städtischen Vollzugsdienst bewilligt. „Wir werden besser gegen Wildparker vorgehen, sie abschleppen und durch bauliche Maßnahmen wie Poller oder Bänke die rüde Parkerei eindämmen.“ Zusätzliche Kontrolleure sollen auch auf der Wangener Höhe für mehr Ordnung und weniger Müll sorgen. Sowohl die Missachtung des Sonntagfahrverbots als auch der Wildwuchs durch illegal gebaute Hütten ärgert die Wangener.

Und vielleicht tragen dann auch einige auf dem Rennweg aufgestellte Sitzbänke und die Fortsetzung des Staibhöhenwegs zur zusätzlichen Attraktivität des beliebten Naherholungsgebietes bei. Thürnau und Kuhn sagten zu, diese an dem Abend vorgebrachten Wünsche weiterzuverfolgen, sodass die Wangener mit dem positiven Gefühl, doch etwas bewegt zu haben, nach Hause gingen und OB Kuhn zustimmten. „Wangen besitzt viele Stärken und ein paar Probleme, die lösbar sind“ oder wie Jürgen Arndt in seinem Redebeitrag sagte: „Ich fühle mich in Wangen eigentlich wohl.“

Stimmen von Versammlungsteilnehmern

Rege, überwiegend sachlich, durchaus kritisch und manchmal auch launisch gestaltete sich die knapp zweistündige Diskussion der Wangenerinnen und Wangener mit der Bürgermeisteriege.

Ilona Wörz: „Statt des von uns gewünschten Aufzugs schlägt die Stadtverwaltung im Bürgerhaushalt eine Alternativroute zum Kornhasen vor. Wissen die denn nicht, dass der Anstieg zur Buchauer Straße noch steiler ist?“

Niels Clasen: „Die ehemalige Gaststätte Lamm wird nun als Bürgerhaus genutzt. Vereine können sich dort treffen oder proben. Das ist auch gut so. Aber Wangen benötigt zusätzlich noch ein offenes Bürgerhaus, in dem die Einwohnerinnen und Einwohner zusammenkommen können, ohne zuvor nach einem Schlüssel fragen zu müssen.“

Christine Riedel: „Für uns Kunden des Rewe-Marktes oder der Rinkenberg-Apotheke ist es ziemlich gefährlich über die Ulmer Straße zu gehen. Hier wünschen wir uns einen Zebrastreifen.“

Astrid Kästner: „In der Jägerhalde entsteht eine neue Kindertagesstätte. Dafür muss eine Grünfläche im Landschaftsschutzgebiet geopfert werden, auf der Kinder und Jugendliche spielen und toben können. Konnte die Stadt für den Neubau keine leer stehenden Räume in einem Industriegebiet finden?“

Kerstin Hofbauer: „Nachts ist es für uns schwierig, durch den Ort zu gehen. In den Wohngebieten wie in der Biberacher- oder in der Nähterstraße wird wild auf den Gehwegen und in den Kreuzungen geparkt. Es wäre schön, wenn auch einmal nachts kontrolliert würde.“

Martin Dolde: „Ob die Planungen der Hauptradroute oder des AWS-Betriebshofes. Der Bezirksbeirat wird oft viel zu spät über die Entwürfe informiert. Diese frühzeitige Bürgerbeteiligung muss sich ändern. Sonst müssen wir uns überlegen, ob wir uns der Stadt Esslingen anschließen.“ Darauf wusste Finanzbürgermeister Michael Föll die passende Antwort: „Herr Dolde, das würde ich mir bei der Haushaltssituation unserer Nachbarstadt gut überlegen. Esslingen könnte wahrscheinlich keine neue Kita für Wangen bauen“.