Das Vorhaben, auf dem Neckarseitenarm zu surfen, ist noch nicht vom Tisch. Quelle: Unbekannt

Der ablehnenden Haltung der Stadtverwaltung zum Trotz: Der Verein Neckarwelle will die wasserrechtliche Genehmigung für die in Untertürkheim geplante Surf-Sportstätte beantragen

UntertürkheimD ie Stuttgarter Stadtverwaltung sieht keine Chance für die Neckarwelle. „Wir können den Bau nicht genehmigen. Gesundheitsschutz steht vor sportlichem Vergnügen“, hatte Ordnungsbürgermeister Martin Schairer Ende März verkündet. Doch mit dieser Absage ist das Millionenprojekt keinesfalls vom Tisch. Der Verein Neckarwelle kämpft beharrlich für den Bau der Wassersportstätte. „Wir setzen alles daran, dass die Neckarwelle im Neckarseitenkanal in Untertürkheim realisiert wird. Momentan arbeiten wir an unserem Antrag für eine wasserrechtliche Genehmigung. Diese wollen wir bis spätestens Herbst dieses Jahres bei der Stadt Stuttgart einreichen“, kündigt der Vereinsvorsitzende Volker Sellmeier an.

Wie berichtet, schätzen das städtische Umweltamt und das Landesgesundheitsamt das Gewässer für Freizeitaktivitäten als zu stark belastet ein. Bis Plochingen gebe es im Oberlauf des Neckars etwa 150 Kläranlagen, die ihre Abwässer in den Fluss leiten. Trotz immer besser werdender Reinigungstechnik sei die Belastung mit Fäkalien und Krankheitserregern enorm hoch. Baubürgermeister Peter Pätzold verwies darauf, zwingend für die Genehmigung des dauerhaften Bauwerks sei, dass keine Gefahr für Dritte bestehe. Was eben nicht der Fall sei. Die Aussage des Rechtsamtes sei klipp und klar: Die Stadt stehe hier in der Pflicht. Sie könne die Haftung nicht abgeben, indem sie darauf hinweise, dass die Nutzung auf eigene Gefahr bestehe.

Rechtsstreit denkbar

Sellmeier und seine Mitstreiter zeigen sich davon unbeeindruckt: „Jährliche Triathlon-Veranstaltungen in Tübingen, Heilbronn, Heidelberg und Ladenburg, der SwimRun Neckarrems, das jährliche Stocherkahnrennen in Tübingen, das zweijährliche Fischerstechen in Bad Cannstatt, die Wasserskistrecke in Esslingen, der Neckarstrand in Remseck, der Neckarstrand in Ludwigsburg, diverse Kajak- und Rudervereine in Stuttgart und entlang des Neckars und wahrscheinlich noch einige Veranstaltungen und Einrichtungen mehr zeigen, dass eine wassersportliche Nutzung der Neckars sehr wohl möglich ist. Dies sollte auch für uns Surfer und für die Neckarwelle gelten.“ In ihrem Antrag wollen sie auf die von der Verwaltung geäußerten Bedenken dezidiert eingehen, betont Sellmeier. „Wir werden auch weitere neue technische Schutzmaßnahmen benennen, die das Risiko auf ein Minimum reduzieren.“ Sollte die Verwaltung den Antrag ablehnen, bedeute selbst dies nicht gleich das Aus für die Neckarwelle, zeigt er sich kämpferisch: Gegen den Bescheid könne Widerspruch eingelegt und vor dem Verwaltungsgericht geklagt werden. „Wir hoffen jedoch, dass dies nicht nötig sein wird.“

Als Rückschlag bewertet der Vorsitzende des Vereins Neckarwelle die Absage der Verwaltung nicht. Stuttgart werde „so oder so über kurz oder lang eine surfbare Welle bekommen“, sagt er im Brustton der Überzeugung. Über Alternativen denke man nicht nach. Die Surfwelle sei an anderen Stellen denkbar, man werde aber am geplanten Standort in Untertürkheim festhalten. Denn dieser sei aus vielen Gründen ideal geeignet für eine künstlich erzeugte Surfwelle, zählt Sellmeier beispielhaft die Lage abseits des Schiffsverkehrs, die Filterung von Treibgut durch das Wasserkraftwerk, die gute Erreichbarkeit mit öffentlichen Verkehrsmitteln, die bereits bestehende Infrastruktur und die sinnvolle Ergänzung zu bisherigen Wassersportangeboten auf.

Er kann auf breite Unterstützung zählen: Zum einen lassen sich die Gemeinderatsfraktionen von den Grünen, der CDU und SÖS-Linke-plus nicht entmutigen und fordern die Stadt auf, Maßnahmen zur Verbesserung der Wasserqualität zu ergreifen, um Projekte wie die Neckarwelle zu ermöglichen. Zum anderen wurde das ambitionierte Vorhaben auch im diesjährigen Bürgerhaushalt von den Stuttgartern auf den ersten Platz gewählt. Auf die Mitgliederzahl habe sich die ablehnende Haltung der Stadt übrigens nicht negativ ausgewirkt: „Mit mittlerweile über 370 Mitgliedern sind wir vermutlich Deutschlands größter Riversurfverein. Unsere Mitgliederzahl nimmt auch weiterhin zu.“ Eine Auflösung des Vereins sei deshalb überhaupt kein Thema. „Auflösen wollen wir lediglich die Bedenken der Verwaltung hinsichtlich der Genehmigungsfähigkeit der Neckarwelle.“

Sellmeier berichtet von einem regen Vereinsleben, das weit über die Stammtisch-Treffen jeden ersten Donnerstag im Monat hinaus geht. So würden sich die Mitglieder zu regelmäßigen Paddeltrainings im Neckar zusammenfinden. „Dabei liegen wir auf dem Brett und bewegen uns kraulend durchs Wasser.“ Auch sogenannte Duckdives (das Durchtauchen von Wellen mit dem Brett) würden geprobt – wobei sich der Kopf unter Wasser befinde. „Gesundheitliche Beschwerden hatte dadurch übrigens bislang keiner von uns.“ Und natürlich sei der Verein auch in diesem Jahr wieder bei der Veranstaltung „Stuttgart am Meer“ vom 18. Juli bis 8. September im Stadtpalais dabei.