(ale) - Allen Debatten um Fahrverbote zum Trotz gibt es mehr Autos als jemals zuvor in Stuttgart und der Region. Erstmals wurde die Marke von 1,6 Millionen Fahrzeugen geknackt. Auch die 300 942 in Stuttgart gemeldeten Autos bedeuten einen neuen Rekord. Mit einem Anteil von 35 Prozent bleibt die Landeshauptstadt dabei die Dieselhochburg in der Region.

Der Automarkt reagiert auf die Diskussionen um Fahrverbote - allerdings sehr uneinheitlich. „Teilweise sehen die Entwicklungen vollkommen paradox aus“, sagt Torsten Treiber, der Obermeister der Kfz-Innung Region Stuttgart. Denn dem neuen Bestandsrekord steht ein deutlicher Einbruch bei den Zulassungszahlen gegenüber. So ist der Markt der Besitzumschreibungen in der Landeshauptstadt im Juni um 20,3 Prozent zurückgegangen. Ähnlich negativ fällt die Halbjahresbilanz mit einem Minus von 16 Prozent (20 239 Fahrzeugen) aus. Im Vergleich dazu sank der Absatz von Gebrauchtwagen deutschlandweit lediglich um 0,8 Prozent.

Ähnlich sieht es bei den Neuwagen aus. 4459 Pkw-Zulassungen meldete die städtische Zulassungsstelle für Juni. Das entspricht 514 oder 10,3 Prozent weniger als 2016. Da helfe es auch nicht, dass der Zuwachs im ersten Halbjahr um 1,9 Prozent im Plus liege.

Bei den Dieselfahrzeugen ist die Zahl der Neuzulassungen im Juni sogar um 31,7 Prozent zurückgegangen. Dabei seien die neuen Euro-6-Diesel von den Fahrverboten überhaupt nicht tangiert. Das zeige laut Innung, wie viel Vertrauen inzwischen verloren gegangen sei. Zwar sind gebrauchte Diesel nach wie vor der Renner, aber bei den Neuwagenhändlern im Land läuten die Alarmglocken. Der Absatz von neuen Diesel-Pkw ist im Juni in Baden-Württemberg um rund 20 Prozent zurückgegangen. Insgesamt habe es im vergangenen Monat einen „unerwartet starken Dämpfer der bisher robusten Automobilkonjunktur“ gegeben, berichtet der Hauptgeschäftsführer des Verbands des Kraftfahrzeuggewerbes Baden-Württemberg, Carsten Beuß, mit Hinweis auf ein Minus von 7,2 Prozent auf 44 279 (Vorjahr: 47 740) Pkw-Neuzulassungen.

Der Druck auf Diesel-Pkw durch die anhaltenden Diskussionen über Fahrverbote zeige sich vor allem auch in einem Rückgang der Diesel-Quote auf 40,7 (Vorjahr: 45,7) Prozent. Beuß: „Der Automobilhandel ist in Sorge. Der Sturzflug muss gebremst werden.“ Die Branche setze große Hoffnungen auf den sogenannten Diesel-Gipfel am 2. August in Berlin. Das Kfz-Gewerbe erwarte Lösungen zur Nachrüstung von Euro 5-Pkw und eine Versachlichung der Diskussionen.

Nur so kann auch „der Stuttgarter Markt, der durch das Fahrverbots-Chaos vollkommen durcheinander geraten ist“, wie auch der Stuttgarter Kreisvorsitzende der Innung, Roger Schäufele betont, wieder ins Lot gebracht werden. Denn „die meisten warten ab. Einzig, dass die Firmen weitere Autos benötigen, sorgt für den Wachstum im Bestand“, ergänzt Innungsgeschäftsführer Christian Reher.

Auch die Innung setzt ihre Hoffnung vor allem auf die seit langem geforderte und von mehreren Bundesländern - darunter auch Baden-Württemberg - angestoßene Umstiegsprämie. Mit finanziellen Anreizen soll die Bundesregierung den Autofahrern den Umstieg auf schadstoffärmere Dieselfahrzeuge schmackhaft machen. Dabei greift die Innung die Idee von Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer auf, dafür die Gelder für die Elektroautoprämie zu verwenden. „Das macht Sinn“, sagt Reher. „Aktuell haben wir in Stuttgart 997 Elektroautos und in der Region 3045, das sind gerade mal 500 mehr als zum Jahresanfang - ein Boom sieht anders aus.“