Die Linden-Realschule wurde ein Jahr lang perfekt kommisarisch von der Konrektorin geleitet. Die Frage der Nachfolge scheint bald geregelt. Foto: Kuhn Quelle: Unbekannt

Von Mathias Kuhn

In den Schulen findet ein Generationenwechsel statt. Viele Rektoren gehen in Ruhestand. Doch immer öfter fehlen die Nachfolger. Die Linden-Realschule wird seit einem Jahr kommissarisch geleitet. Kein Einzelfall. Im Mai waren acht Stuttgarter Schulen ohne neue Leitung. Die Gründe sind vielschichtig. „Rektoren sind heute mehr Manager und Verwalter. Für pädagogische Aufgaben bleibt wenig Zeit“, nennt Schulamtsdirektorin Ulrike Brittinger einen Grund.

Ein Blick auf Seite 68 des frisch erschienenen Schulberichts reichte SPD-Stadträtin Marita Gröger, um im Schulbeirat auf eine Herausforderung für Stuttgarts Schulen hinzuweisen. In einer Tabelle sind dort die Führungswechsel an Stuttgarter Schulen aufgelistet. 21 Rektoren sind in den Ruhestand gewechselt oder haben andere Funktionen übernommen. In der Spalte „neue Schulleitung“ fehlen allerdings hinter acht Schulen die Namen des Nachfolgers. Es gibt ihn oder sie nicht. Und die Situation wird nicht besser. Zum Ende des Schuljahres stehen weitere Pensionierungen an. „Ein direkter Übergang und eine Übergabe an die Nachfolgerin oder an den Nachfolger gibt es nur an wenigen Schulen. Auch richtige Wettbewerbe um die Schulleiterstelle gehören der Vergangenheit an, weil sich immer seltener mehrere Bewerber melden“, sagt Gröger. Die erfahrene Schulamtsdirektorin Brittinger bestätigt dies. Sind früher Kandidaten Schlange gestanden, weil es erstrebenswert war, Rektor zu werden, so halte sich heute die Zahl der Bewerberinnen oder der Bewerber meistens in Grenzen.

Anfang 2016 wurde die Stelle der Leitung der Linden-Realschule ausgeschrieben. Doch bei der Verabschiedung des scheidenden Rektors Kurt Pilsner im Juli 2016 musste das Schulamt eingestehen, dass sich niemand für die Nachfolge der renommierten Schule - immerhin eine Eliteschule des Sports - gemeldet habe. Konrektorin Sabine Albrecht und ihr Team haben die Aufgabe in diesem Schuljahr souverän gelöst. Im weiteren Verfahren hat sich Albrecht nun auf die Stelle beworben. Ein Glücksfall. Zwar sei noch nichts spruchreif, aber Brittinger ist zuversichtlich, dass sie „in den ersten Wochen des neuen Schuljahres einer neuen Rektorin die Urkunde überreichen darf.“ Auch die Nachfolge in der Wilhelmsschule Untertürkheim, in der Sibylle Ermel in den Ruhestand geht, scheint in Sicht, deutet Brittinger erleichtert an.

Denn gerade an den Grund- und Werkrealschulen sowie an den Förderschulen scheint die Motivation der Lehrer, auf den Chefsessel zu wechseln, besonders gering. Die Gründe seien vielschichtig. „In der Grundschule bekommt der Schulleiter etwa 130 Euro mehr für die zusätzlichen Aufgaben, die er als Schulleiter ausübt“, sagt Brittinger. Ähnlich sehe es bei den Stellen der Konrektoren aus. Dafür müssen sich die Rektoren dann mit administrativen Aufgaben, mit den durch Eltern engagierten Rechtsanwälten und anderen schulfernen Aufgaben herumschlagen, zeigt Gröger Verständnis für die abwartende Haltung vieler Lehrer.

Pädagogen führen dies auf den Wandel des Berufsbilds zurück. Sie hatten den Lehrerberuf gewählt, um Jugendlichen etwas zu lehren. Ihnen liegt es am Herzen, Bildung zu vermitteln. „Als Leiter einer Schule bleibt einem dazu wenig Zeit“, bedauert Michael Hirn der Leiter der Helene-Fernau-Horn-Schule und Mitglied im Schulbeirat. Vor allem Rektoren kleinerer Schulen fehlt die Unterstützung durch Konrektoren. Rektoren seien mittlerweile multifunktionale Manager eines mittelständischen Unternehmens. Sie sind für die Mitarbeiter zuständig, führen Elterngespräche, fungieren als Bauleiter und sind Mädchen für alles - der Unterricht oder das Gespräch mit Kollegen werde zum Randaspekt, sagt Hirn.