Der Schädling macht trotz niedlichem Namen große Probleme: 80 Prozent der Pflanzen in den Grünflächen der Stadt sind von ihm befallen. Foto: dpa Quelle: Unbekannt

Von Gerlinde Ehehalt und Alexander Müller

Die Geschichte dieses hungrigen Schädlings, der den immergrünen Buchsbäumen seit langem schwer zusetzt, erinnert an den Siegeszug der Reblaus. Diese reiste vor 150 Jahren von Nordamerika auf einem Dampfschiff gen Europa und vernichtete innerhalb von 20 Jahren zwei Drittel der Weinstöcke. Der ostasiatische Falter mit dem niedlichen Namen Buchsbaumzünsler gelangte über Pflanzenimporte im Jahr 2006 zu uns. Seitdem ist sein Raubzug ungebremst und die leuchtend grüne Raupe frisst systematisch die hiesigen Buchsbäume kahl. Von der Rheinebene aus eroberte der Schädling viele Gegenden in Südwestdeutschland, mittlerweile breitet er sich auch in Bayern, Österreich, der Schweiz, Frankreich und in den Niederlanden aus.

Der Schmetterling legt seine Eier gezielt auf den Blattunterseiten ab. Seine Raupe wird bis zu fünf Zentimeter groß und hat bis jetzt keine natürlichen Feinde. Pro Jahr können sich bis zu vier Generationen von Buchsbaumzünslern entwickeln, deshalb vermehrte sich der Schädling innerhalb weniger Jahre rasant. Ab Mitte März beginnen die Raupen, an den Buchsbäumen zu nagen und fressen in kurzer Zeit große Mengen an Blättern. Auch vor der Rinde machen sie nicht Halt. Da sich die Raupen vom Bauminneren nach außen fressen, erkennt man den Befall meist recht spät an dem feinen Gespinst der Larven. Diese nisten sich im Inneren der Zierpflanze ein.

Auch in Stuttgart aktiv

Auch in Stuttgart treibt der Zünsler sein Unwesen. Zahlenmäßig könne man den Schaden nicht quantifizieren, sagt Walter Wagner vom Garten-, Friedhofs- und Forstamt, aber „die Schäden nehmen doch deutlich zu“. Vor allem betroffen sich die zahlreichen Friedhöfe in der Landeshauptstadt. Schließlich sind gerade dort auf den Gräbern selbst oder auch an den Abgrenzungen sehr viele Buchsbäume gepflanzt. „Es gibt keinen Friedhof mehr ohne Probleme“, weiß Wagner. Zunehmend greift der Fraßbefall aber auch auf die anderen städtischen Grünanlagen über.

Umso mehr Zeit nimmt die steigende Pflege in Anspruch. Drei bis vier Mal werden die betroffenen Anlagen im Jahr mit biologischen Mitteln gespritzt. „Wir setzen dabei auf das Bacillus thuringiensis“, erklärt Wagner. Ein natürliches Insektizid, das die Rauben angreift und dadurch ihre Verpuppung stört - analog zum Eichenprozessionsspinner. Der Aufwand ist enorm. Noch könne man die genaue Kosten nicht beziffern, aber Wagner geht von mehr als 15 000 Euro pro Jahr alleine für die Friedhöfe aus, doppelt so liege der Anteil bei den weiteren Grünanlagen und Parks. Dennoch werden aber nicht alle Tiere auch wirklich abgetötet.

Bei äußerst starkem Befall werden dabei an gewissen Stellen auch die gesamten Pflanzen gerodet. Diese, sowie die Raupen selbst, kann man ganz einfach über den Restmüll entsorgen oder auch Verbrennen. Von Trocken in einem Beutel, um sie dann anschließend wieder dem Kompost beizufügen, rät der Experte ab. Aufgrund des zunehmenden Befalls werde sich die Stadt in Zukunft bei Neupflanzungen von Buchsbäumen auf allen Arten von Grünanlagen zurückhalten. Als Ersatz können unter anderem eine Heckenkirsche, die durch ihre kleinblättrigen Wuchs ähnlich aussieht, dienen. Zum anderen seien aber auch Liguster, Berberitzen - wenn man keine Angst vor den Stacheln hat - oder auch Eibe eignen. „Alle lassen sich ebenso wie der Buchsbaum auch in Form schneiden“, sagt Wagner. Und stehen nicht auf der Speisekarte des Zünslers.

Auch für Privatpersonen rät der Mitarbeiter des Gartenbauamts zur einer Behandlung mit zum Beispiel Neemöl, das auch das biologische Insektizid beinhaltet. Und zwar mehrfach. Hilfreich sei auch das Einsammeln der Larven an sich. Die sei jedoch enorm aufwendig und auch nicht jedermanns Sache. Grundsätzlich wichtig ist ein früher Rückschnitt im Frühjahr oder Anfang Juli sowie ein weiterer Schnitt jetzt im September. Das Ziel dabei sei es, den Schädling vor dem Überwintern zu erwischen. Insbesondere an Pflanzen, bei denen der Verdacht besteht, dass sie befallen sein könnten. Das auch „ohne, dass man die Tiere oder die typischen Spinnweben, die sich über die gesamte Pflanze spannen, auch wirklich erkennt, sagt Wagner. Doch bei allem Aufwand ist eines klar, „ausrotten kann man den Buchsbaumzünsler nicht mehr“.