Der alte Unterstand auf dem Kapf muss abgerissen werden. Foto: Kuhn - Kuhn

Auf dem Kapf muss der alte Unterstand abgerissen werden. Ein Neubau ist geplant. Dabei muss auf den Tisch verzichtet werden.

UhlbachFür viele Spaziergänger aus Uhlbach, Rotenberg und Esslingen ist er ein wichtiger Rast- und Ruheplatz, für seltene Tierarten wie den Ameisenlöwen sind seine sonnigen, südexponierten Hänge die letzten Refugien in Stuttgart, unsensible Rabauken haben ihn als Partyzone missbraucht und letztendlich zerstört: den Aussichtspunkt Kapf oberhalb von Uhlbach. „Die Grünanlage entstand im Zuge der Rebflurbereinigung und ist eine von 20 besonders schützenswerten Biotopen, die wir in unser Schutzkonzept für Stuttgart aufgenommen haben“, erzählte Renate Kübler vom Umweltamt der Stadt. Die Biologin stellte vergangene Woche dem Bezirksbeirat das Artenschutzkonzept der Landeshauptstadt vor.

Nach monatelangen Untersuchungen hatten die städtischen Umweltschützer das umfassende Artenschutz-Grundlagenwerk für Stuttgart erarbeitet und daraus einen Maßnahmenkatalog aufgestellt. Grundlage bilden eben jene 20 Flächen in Stuttgart, auf denen besonders schützenswerte Tier- und Pflanzenarten vorkommen. Drei von ihnen liegen im Obertürkheimer Bereich: Sieben Linden, die Egelseer Heide und die Grünflächen Kapf & Scherer. Während bei den Sieben Linden hauptsächlich die Waldsäume pflegens- und schützenswert sind, besticht die Egelseer Heide durch Felsaufschlüsse und – wie der Kapf – durch seine südexponierten Flächen mit wärmeliebenden Pflanzen und mageren Rasenflächen. Sie sind die Heimat der gemeinen Plumpschrecke, einer seltenen Heuschreckenart, des Ameisenlöwens und der Zauneidechse. „Die Eidechse lebt beispielsweise in den Trockenmauern auf dem Kapf“, erzählt Kübler. Der Ameisenlöwe fühlt sich dagegen im Pflasterbereich der Aussichtsplattform wohl. Dort baut er seine Trichterfallen im sandigen Boden und wartet auf Beute, die in den Trichter fällt. „Am Kapf wollen wir die Schneebeeren, die hier nicht hergehören, entfernen und nur maximal zweimal im Jahr das Gras schneiden lassen, damit die Blütenpflanzen aussamen können“, so Kübler.

Und was passiert mit dem Unterstand?, fragten sich die Bezirksbeiräte. Jahrelang bot eine Dachkonstruktion aus Holz Wanderern und Spaziergängern Schutz vor Sonne, Regen und Schnee. Vor mehr als drei Jahren zerstörten Unbekannte teilweise die Konstruktion und richteten eine illegale Grillstelle ein. Die Stadtverwaltung war gezwungen, den Bereich aus Sicherheitsgründen abzusperren. Seitdem drängen die Bezirksbeiräte darauf, den Unterstand neu aufzubauen. Denn dem Garten-, Friedhof- und Forstamt fehlen die Mittel – auch weil wergen der Zerstörungswut das GFF zu viele Schutzhütten renovieren muss.

Verzicht auf Tisch

Deswegen beschlossen Obertürkheims Bezirksbeiräte das Geld aus „ihrem“ Bezirksbeiratsetat zur Verfügung zu stellen. Die Kostenschätzung beläuft sich auf 20 000 Euro. Die Hälfte des Betrags wollen sie dieses, die restlichen 10 000 Euro im kommenden Jahr zu Verfügung stellen. Doch kann der Wiederaufbau damit überhaupt realisiert werden? Bis wenige Stunden vor der Sitzung sah es nicht danach aus. Artenschutz-Aspekte standen dem Wunsch nach Naherholung und Freizeit gegenüber. „Wir haben nun eine Lösung erzielt, die alle Belange unter einen Hut bekommt“, verkündete Kübler. Errichtet werden soll ein stabiler Unterstand aus vier Stahlpfosten mit Dachpfanne und begrüntem Dach. Auf den Tisch und Stühle unter dem Unterstand soll verzichtet werden. „Wir hoffen, dass wir dadurch die illegalen Grillfeste unterbinden“, so Kübler. Wanderern steht weiter vorne ein Tisch zur Verfügung. Das GFF übernimmt die Reparatur des Pflasterbereichs. Ein Weihnachtsgeschenk für die Bezirksbeiräte?

Die Freude über die Bescherung hielt sich in Grenzen. Matthias Föll (CDU) und Michael Jantzer (SPD) begrüßten den Durchbruch, lehnten den Rückbau des traditionellen Treffpunkts aber ab. Sie bestehen auf einem Tisch im Unterstand. „Es besteht zwar immer die Gefahr des Vandalismus, aber Spaziergänger sollen sich dort hinsetzen und die Umgebung genießen können“, so Peter Aichinger (Freie Wähler). Letztendlich stimmten die Bezirksbeiräte dem Umsetzungsbeschluss zu, forderten jedoch, dass sie in die Planung miteinbezogen werden. Ziel müsse es sein, möglichst bald auf dem Kapf wieder eine Rastmöglichkeit mit Dach anbieten zu können. Gleichzeitig forderten die Bezirksbeiräte bessere Kontrollen durch den ehemaligen Feldschutz und Polizeikontrollen.