Köchin Anna führt die Leserinnen und Leser unserer Ferienaktion durch das Schloss Solitude. Foto: Mathias Kuhn - Mathias Kuhn

Es war ein glanzvoller Auftakt der Ferienaktion unserer Zeitung: Mit „Anna, der Köchin vom Herzog Carl Eugen“ besuchten die Leserinnen und Leser die herrschaftlichen Gemächer im Schloss Solitude.

UntertürkheimDer Regen konnte der kostümierten Dame, die vor dem Schloss Solitude umher eilte, wenig anhaben. „Sind Sie die Damen und Herren, die mir in der herzoglichen Küche helfen wollen?“, fragte sie die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Auftaktveranstaltung unserer Ferienaktion. In breitem Schwäbisch stellte sich die beschürzte Mitarbeiterin vor. „Ich bin d’ Anna, d’ Köchin vom Herzog Carl Eugen. Wir schreiben das Jahr 1782. Im September gibt d’r Herzog hier ein Fest. Er hat mir den Auftrag erteilt, dass ich mich um das Mahl kümmern muss “, erzählt die Bedienstete des Herzogs. Eigentlich ist es ein Geheimnis, aber ihren künftigen Küchenhelferinnen und -helfern verrät die in Murrhardt aufgewachsene Köchin den Grund des Aufwands. Ende September 1782 erwartet Herzog Carl Eugen hohen Besuch: Seine Nichte Maria Feodorowna macht mit ihrem Ehemann, dem Großfürsten Paul von Russland, einen Abstecher nach Württemberg. „Eigentlich will d’r Paul den Zarenthron übernehmen, aber seine Mutter Katharina die Große ist der Meinung, dass sie es besser kann, und hat deswegen ihren Sohn und seine Frau auf Kavalierstour durch Europa geschickt. Weil des Herzogs Schloss in Hohenheim noch nicht so repräsentativ ist, wird das Fest im Schloss Solitude ausgerichtet. Im Garten sollen dann 90 000 Lichtle brennen und ich soll ein neues Gericht erfinden“, verrät Anna.

Eigentlich ist ihr der Zutritt in die herzoglichen Gemächer strikt untersagt, um sich aber eine Inspiration für das Festmenü zu holen, hat sie sich die großen Schlüssel zu den Räumen geben lassen. Ein leckeres Essen aus ihrer Küche öffne manche Türe und „eine gute Speis’, löst jede Zunge.“ Dementsprechend hatte die Köchin einigen Hoftratsch hinter vorgehaltener Hand zu erzählen. Beispielsweise über die Liaison von Carl Eugen mit Franziska von Leutrum, einer verheirateten Frau. Ihr Mann stand im Dienst des Hofes. Bei einem Aufenthalt in Bad Wildbad hatten sich der Herzog und Franziska kennen und offensichtlich lieben gelernt. Franziska wurde zunächst seine Maitresse, für die er das Schloss Hohenheim bauen ließ. „Später erhielt der Herzog die päpstliche Erlaubnis, Franziska zu ehelichen“, verriet Köchin Anna.

Über eine schmale Wendeltreppe führte sie die Leserinnen und Leser in die Räume des Herrschers. Ein Kontrollblick durchs Schlüsselloch, ob die Luft tatsächlich rein ist, und schon öffnete die Köchin die hohen Türen in die festlichen Säle. Über einen mit Mahagoni und Elfenbein verzierten Gang erreichte die Küchentruppe das Schlafgemach mit einem scheinbar kurzen Bett und nach ein paar verstohlenen Blicken in weitere Kammern der Adligen den großen Speisesaal. „Hier werden wir in ein paar Wochen das Festmenü servieren müssen“, erklärte Anna den sichtlich beeindruckten Gästen. Die Besucherinnen interessierten sich vor allem für die Gewänder, die am Rand des Saals standen. „Um die starken Hüften etwas zu betonen, tragen die Damen eine spezielle Vorrichtung unter ihren Röcken und eine Perücke ist zurzeit angesagt“, verriet die Köchin ein weiteres Geheimnis am Hof. Ihr Blick wanderte zum Gemälde an der Decke. „Vielleicht kreiere ich ein Festmahl, das mit dem Gemälde harmoniert“, sinnierte sie. Die Wolke erinnere sie an Blumenkohl. „Wie wär’s mit einem feinen Blumenkohl-Gericht mit Kartoffeln und Salat und ein bisschen Rote Beete dazu?“ schlug sie den Zuhörern vor. Die meisten nickten zustimmend. Nur einige hätten angesichts des regnerischen Wetters Linsen mit Spätzle vorgezogen und einige hätten sich auch auf das „feine Griesaufläufle“ gefreut, mit dem die Frau aus Murrhardt laut eigener Erzählung einst den Gaumen von Herzog Carl Eugen überzeugt hatte.

Genug Inspiration geholt, die Pflicht rief: Über das Spielzimmer, das kleine Kabinettle und den mit Spiegeln gesäumten Musiksaal verließen Köchin Anna und die Leserinnen und Leser die herrschaftlichen Gemächer. „Ich lass’ Euch heut noch einen freien Nachmittag. Aber morgen früh, pünktlich um 5 Uhr in der Früh, tretet Ihr bei mir in der Küche an. Dann werden Kartoffel und Salat geputzt und das große Fest vorbereitet“, machte die resolute Küchenchefin des Herzogs klar.