Teilweise mit reiner Muskelkraft müssen die vier Tonnen schweren Bahnen der Traglufthalle von den Mitarbeitern in Position gezogen werden. Quelle: Unbekannt

Von Alexander Müller

„Wir atmen immer erleichtert auf, wenn die Traglufthalle wirklich steht“, sagt Arvid Donert, der Leiter des Inselbads Untertürkheim. Schließlich hat das 16 Tonnen schwere Winterdach immer mehr Risse. Mit nunmehr 27 Jahren hat es seine konzipierte Lebensdauer längst überschritten. Doch der Kraftakt ist enorm wichtig. Die Traglufthalle garantiert den Schwimmvereinen den Sportbetrieb in den Wintermonaten. Das Inselbad ist Stuttgarts einziges Bad mit einem Wettkampfbecken.

Es war ein großes Fest als im Herbst 1991 die Traglufthalle im Inselbad Untertürkheim aufgestellt wurde. Großer Jubel herrschte angesichts der strahlend weißen Hülle, die über dem Neckar thronte. Davon ist heute bei weitem nichts mehr zu sehen. Die weiße Farbe „ist vielmehr einem müden Grau gewichen“, sagt Donert. Schließlich hat die Traglufthalle ihre konzipierte Lebensdauer von zehn Jahren weit über das Doppelte überschritten. Ihre Bedeutung ist indes immer noch die gleiche: Das 50-Meter-Becken im Inselbad ist die einzige wettkampftaugliche Schwimmstätte in der Sportstadt Stuttgart.

Am 6. Oktober will der Gemeinderat über das neue Sportbad im Cannstatter Neckarpark entscheiden. Doch angesichts der benötigten Bauzeit „müssen wir noch bis 2020 durchhalten“, nimmt es Donert sportlich. Das wäre dann die 30. Jubiläumssaison. Dabei wird die Aufgabe von Jahr zu Jahr schwieriger. Die Spezialfirma „muss immer mehr Risse im Flickenteppich abdecken “, sagt der Inselbadleiter. Insgesamt fünf Wochen nimmt die aufwendige Arbeit in Anspruch. „Viele denken immer, man stellt einfach die Halle auf“, weiß Donert, „aber da steckt ein riesiger Aufwand dahinter“.

Die eigens für das Inselbad angefertigte Traglufthalle besteht aus vier Bahnen, jede ist vier Tonnen schwer. Diese muss schließlich nicht nur das 50-Meter-Becken überspannen, sondern auch die Zuschauertribüne. Mit einem Radlader werden die Rollen einzeln über das leere Becken verlegt. Mit teilweise purer Muskelkraft müssen die Rollen dann in die richtige Position gezogen werden. Mit rund 1200 Eisenplatten und doppelt so vielen Schrauben müssen die Einzelteile miteinander verbunden werden - reine Handarbeit.

Heute soll die insgesamt 16 Tonnen schwere Konstruktion in die Höhe gezogen werden. Ein immer wieder spannender Augenblick, wenn das Gebläse angeschaltet wird. Im Vorjahr „gab einer der Kompressoren seinen Geist auf“, erinnert sich Donert. Die Halle sackte daher noch einmal kurz zusammen. Aber auch im Anschluss ist die Arbeit noch lange nicht zu Ende. Durch den notwendigen Einsatz der Radlader gehen immer wieder Fließen kaputt. Diese müssen ausgetauscht werden. Die Strahler zur Beleuchtung, die Startblöcke und neue Manschetten am Gebläse müssen angebracht werden. In diesem Jahr muss zusätzlich eine kaputte Dehnfuge über die gesamte Beckenbreite von 21 Metern repariert werden. „Die Sicherheit hat oberste Priorität“, betont Donert. Eine ganze Liste an Prüfungen müssen daher abgearbeitet werden. Schließlich nutzen die Traglufthalle Leistungssportler, Talente, Wasserballer, Vereine und Schulen. Unter anderem muss die Alarmanlage getestet werden.

Erst im Anschluss kann dann das Wasser eingelassen werden und langsam aufgeheizt werden. Der Aufwand kommt an. Der „Aha-Effekt bei vielen neuen Besuchern ist groß“, freut sich Donert bereits auf den Start der Wintersaison am 14. Oktober. Die Traglufthalle übernimmt nach wie vor eine wichtige Aufgabe in Stuttgart. Gemäß dem Motto „provisorische Lösungen halten meist am längsten“ - seit nunmehr 27 Jahren.