Die Bundesregierung will ab 2020 in zwölf Handwerksberufen den Meisterbrief wieder einführen. Foto: dpa/Karl-Josef Hildenbrand - dpa/Karl-Josef Hildenbrand

Die Bundesregierung will die Meisterpflicht für zwölf Handwerksbetriebe wiedereinführen. Damit soll dem Fachkräftemangel entgegengewirkt und Qualitätsarbeit gesichert werden.

UntertürkheimVergangene Woche hat das Bundeskabinett die Wiedereinführung der Meisterpflicht für zwölf Handwerksgewerke beschlossen. Die Meisterpflicht soll von 2020 an beispielsweise wieder für Drechsler, Estrich-, Fliesen-, Parkett- und Plattenleger, Orgelbauer, Raumausstatter und Rollladen- und Sonnenschutztechniker gelten. Die Große Koalition korrigiert damit eine Entscheidung aus dem Jahr 2004. Damals war für mehr als 50 Berufe die Meisterpflicht weggefallen. Die damalige Regierung unter Gerhard Schröder wollte mit der Reform der Handwerksordnung den Markt für scheinbar einfachere Tätigkeiten auch für Selbstständige und Alleinarbeitende öffnen. Damit wurde eine in Deutschland Jahrzehnte alte Regelung, die für große Bereiche des Handwerks galt, außer Kraft gesetzt. Mit der Handwerksordnung von 1953 war festgelegt worden, dass nur die Meisterprüfung als großer Befähigungsnachweis dazu berechtigt, einen eigenen Handwerksbetrieb zu führen. Nur in solchen Meisterbetrieben dürfen auch Fachkräfte ausgebildet werden. Die Lockerung dieser Meisterregelung im Zuge der Agenda 2010 war umstritten.

Fachkräftemangel vorbeugen

„Wir haben damals bereits vor diesem Schritt gewarnt, weil wir die Fehlentwicklungen kommen sahen“, sagt Rolf Exler, obwohl sein eigenes Gewerke vom Wegfall der Meisterprüfung nicht betroffen ist. Der Untertürkheimer war mehr als ein Jahrzehnt Innungsobermeister der Sanitär- und Heizungsinnung Stuttgart. Auch Wolfgang Zürn aus Wangen, der stellvertretende Kreishandwerksmeister und langjährige Ausbilder in der Schreinerinnung, hält das System der Meisterbetriebe für notwendig, um Nachwuchs zu gewinnen und Qualität zu sichern. Auch Gerhard Veyhl aus Bad Cannstatt, Inhaber eines traditionsreichen Meisterbetriebs im Sanitär- und Heizungstechnikbereich, führt den Fachkräftemangel von heute auf die Reform von 2004 zurück. „Damit hat man zwar mehr Betriebe bekommen, diese sind aber häufig die sogenannten Solo-Selbstständigen, die in der Regel nicht ausbilden“, sagt Landeshandwerkspräsident Rainer Reichhold. Auch aus diesem Grund begrüßt er die Rückkehr zur alten Regelung. „Der Meisterbrief ist Garant für erfolgreiches Unternehmertum und eine nachhaltige Investition in Fachkräfte. Die Weitergabe von Wissen und Innovationsfähigkeit zwischen Meister, Gesellen und Auszubildendem qualifiziert die nächste Generation fortlaufend und trägt damit zur Zukunftsbildung bei“, so Reichhold.

Mit der Wiedereinführung der Meisterpflicht gehe auch ein Imagegewinn einher, hofft Andreas Häfner, der stellvertretende Obermeister der Fliesenleger-Innung Stuttgart. Sie umfasst 120 Mitgliedsbetriebe. „Auch bei uns ist die Zahl der Betriebe gesunken. Dies führte auch dazu, dass die Zahl der Auszubildenden stark rückläufig ist“, so Häfner. Überall in Europa werde das Duale Ausbildungssystem in Deutschland gelobt, dass die Meisterprüfung und Innungen die Voraussetzungen sind, vor 15 Jahren aber vergessen worden.

Durch die Wiedereinführung der Meisterpflicht werde zudem Wettbewerbsgerechtigkeit wiederhergestellt. Für die meisten Solo-Betriebe habe eine vereinfachte Buchführung gegolten und sie mussten keine Abgaben an die Sozialkasse der Bauwirtschaft leisten. Dadurch konnten sie ihre Arbeiten günstiger kalkulieren. Doch viele Kunden bemängeln die Qualität dieser Solo-Handwerker.

Für Veyhl ein Grund mehr, für den Meistertitel zu plädieren. „Er wird zurecht großer Befähigungsnachweis genannt. Er steht für Qualität. Wer sich vom Azubi über den Gesellen zum Meister weiterbildet, beweist Standhaftigkeit und Verantwortungsbewusstsein.“ Insofern freut sich auch Thomas Hoefling, der Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer Stuttgart, dass „die Regierung den Meisterbrief als die beste Garantie für Qualitätsarbeit, Leistungsfähigkeit, Innovationskraft und Verbraucherschutz ansieht.“

Neue Meisterbriefpflicht

Die Koalition will die Wiedereinführung der Meisterpflicht in zwölf Gewerken bis Januar 2020 einführen. Die Meisterpflicht soll für folgende Berufe gelten: Behälter und Apparatebauer, Beton- und Terrazohersteller, Böttcher, Drechsler, Estrich-, Fliesen-, Platten- und Mosaikleger, Glasveredler, Orgelbauer, Schilder und Lichtreklamehersteller, Parkettleger, Raumausstatter, Rollladen und Sonnenschutztechniker. Begründet wird die Reform mit dem Schutz vor Leben und Gesundheit, der Sicherung der Ausbildungsleistung und Wahrung von Kulturgütern. Die Meisterpflicht soll nur für neu gegründete Betriebe gelten. Bestehende genießen Bestandsschutz. mk