Dieter Strauß schaut sich besorgt die in der Sonne verdorrten Trollinger-Trauben an. Foto: Mathias Kuhn - Mathias Kuhn

Der Klimawandel zeigt sich auch in den Weinbergen: Einige Trollingertrauben sind vertrocknet und hängen verrunzelt am Rebstock. Wie groß der Ernteausfall sein wird, zeigt sich erst in einigen Wochen.

UntertürkheimDie negativen Folgen der heißen Sommertage Ende Juli mit Temperaturen von mehr als 40 Grad Celsius in den sonnigen Hanglagen zeigen sich jetzt in den Weinbergen: Statt saftiger grüner Beeren hängen an etlichen Rebstöcken dunkle, verrunzelte Trauben. Sie sind verdorrt. „Am stärksten betroffen sind dieses Jahr die Trollinger-Trauben“, sagt Dieter Strauß, der stellvertretende Vorsitzende der Weinmanufaktur Untertürkheim. Doch auch Spätburgunder, Lemberger und Riesling-Trauben würden Auswirkungen des Sonnenbrands zeigen.

Die Trollinger-Trauben mit ihren dünnen Schalen und den verhältnismäßig großen Beeren hat es aber besonders stark erwischt. Neben Trauben mit nur einzelnen, vertrockneten unter noch grünen Beeren hängen komplett verdorrte Trauben an den Reben. Es sind am braunen Stil verdurstete Beeren. Sie sind saft- und kraftlos, dunkelblau, beinahe so runzelig wie Rosinen. Auch einige Blätter sind nur noch braun und hängen schlaff herunter. Ein trauriges Bild – nicht nur für die Wengerter. Wie groß der Ernteausfall sein wird, wird sich erst in den kommenden Wochen zeigen. „Die total vertrockneten werden wir entfernen, bei den Trauben mit anderen Beeren müssen wir abwarten, ob es sich lohnt, die verdorrten auszulesen und die verbliebenen zu ernten“, sagt Strauß.

Selbst für den erfahrenen Wengerter ist dies eine neue Erfahrung. „Es gab auch früher immer wieder mal einen Sommer, an denen die Trauben leichte Schäden durch Sonnenbrand erlitten hatten. Letztendlich hatten die Wengerter damals meist einen Fehler begangen. Dieses Mal ist aber die Witterung der Grund.“ Die Kombination aus starker Sonneneinstrahlung, extremer Hitze mit weit über 40 Grad Celsius in den sonnenverwöhnten Weinbergen und der Trockenheit hat die Pflanzen zu sehr gestresst. „Der Klimawandel zeigt sich bereits seit einigen Jahren in unseren Weinbergen“, sagt der Untertürkheimer Weingutbesitzer Klaus Dieter Warth. Doch wie sollen die Weinerzeuger sich wappnen?

Klimawandel sichtbar

Die Wengerter haben ein Dilemma: Damit die Trauben eine gute Durchlüftung haben, sich keine Pilze oder Fäulnis bilden können und um die Früchte vor der Kirschessigfliege zu schützen, entfernen die Wengerter im Frühsommer teilweise die Weinblätter von den Stöcken. „Das Entfernen der Blätter diente bislang eigentlich auch dazu, dass die Beeren eine härtere Haut bekommen und schneller blau werden“, erklärt Warth. Dieses Jahr wären die schattenspendenden Blätter eventuell hilfreich gewesen. Aber selbst Trauben, die unter Blätter wuchsen, hätten einen Sonnenbrand, sagt Strauß.

„Der Klimawandel wird die Diskussion um den Trollinger und die klassischen Rebsorten weiter anheizen“, meint Stefanie Schwarz vom Untertürkheimer Weingut Schwarz. Die drei Wengerter sind sich aber einig, dass der Trollinger nicht aussterben wird. „Er ist für Württemberg prägend. Aber wir werden uns andere Konzepte überlegen müssen“, sagt Schwarz. Es wird darüber diskutiert, ob Trollinger-Reben künftig in kühleren, schattigeren Lagen angebaut werden oder ob man die Trauben beispielsweise mit einer weißen Kalkschicht überzieht.

Zusätzlich zum „Sonnenschutz“ hätte die helle Farbe eventuell einen weiteren Nutzen. Sie könnte vor der Kirschessigfliege schützen. Sie bevorzugt dunkle Früchte und somit blaue Beeren. Auch dieses Jahr? Mit Spannung beobachten die Wengerter, wie sich die Invasion der vor wenigen Jahren eingeschleppten Insekten diesen Sommer auswirkt. „Die Kirschobsterzeuger klagen über Probleme. Die feuchte Witterung der vergangenen Tage könnte dazu führen, dass sie sich noch stärker vermehren“, sagt Strauß. Die Wengerter hängen Fallen auf, um den Befall flächendeckend kontrollieren und reagieren zu können.

Trotz der Unannehmlichkeiten sind die Wengerter zuversichtlich. „Zeitlich bekommen wir vermutlich eine normale Lese, die wie früher Mitte September beginnen könnte. Der bisherige Reifegrad der Trauben verspricht einiges. Aus heutiger Sicht scheint die Qualität vielversprechend zu werden“, sagt Warth. Es bleibt spannend. Für die Traubenreife und für die Wengerter beginnen nämlich jetzt erst die entscheidenden Wochen.