Aktive Anwohner unter Anleitung von Sascha Bauer (links vorne) konstruierten aus Euro-Paletten eine Sitzlandschaft vor der Kelter. Foto: Johannes Eitelbuß (z) - Johannes Eitelbuß (z)

Der Kelterplatz soll ein Treffpunkt für Bürger werden. Eine Bauwerkstatt zeigte nun, wie mit einfachen Mitteln Sitzmöglichkeiten geschaffen wurden.

WangenWie können wir den Bereich vor der historischen Kelter in der Ulmer Straße besucherfreundlicher gestalten? Über diese Frage diskutieren Bezirksbeiräte, Stadtplaner und Anwohner seit Jahren. Ein paar aktive Anwohner zeigen, wie’s mit einfachen Mitteln und gutem Willen geht.

Das denkmalgeschützte Keltergebäude wurde mit großem Aufwand saniert und 2014 feierlich eingeweiht. Auch der Platz hinter der Kelter wurde gerichtet. Die Zuckerseite, der Keltervorplatz, verharrt aber im alten Zustand: Er wirkt unaufgeräumt, schmuddelig und wenig verlockend. Alle warten darauf, dass sich etwas bewegt – aktive Anwohner packen’s an. „Im Rahmen des Forschungsprojekts Trans Z wurde eine Bauwerkstatt gegründet“, erzählt Sascha Bauer. Als Wangener und Architekt wurde er gebeten, diese zu leiten. „Bislang wurde der Keltervorplatz als öffentliche Restfläche für Container, Schilder, Litfaß-Säule, Ablagekästen für Briefträger und anderes behandelt. Er bietet kaum Aufenthaltsqualität“, sagt Bauer. „Wir wollen einen ersten gestaltenden Eingriff vornehmen.“ Durch gemeinsames Versuchen, Beobachten und Bauen soll spielerisch in Erfahrung gebracht werden, wie der Keltervorplatz baulich umgestaltet werden sollte, damit ein attraktiver Treffpunkt entstehen kann.

Sitzgelegenheit aus Paletten

Vor zwei Wochen setzten die Werkstatt-Teilnehmer ihre Ideen in Taten um. Mehr als ein Dutzend Freiwillige – Erwachsene und Kinder – packten an, hämmerten, schleppten, schraubten und schwitzten bei Temperaturen von weit über 30 Grad Celsius. Mit einfachen Mitteln bauten sie eine bequeme Bank-Landschaft. 50 Europaletten dienten den Heinzelmännchen als Ausgangsmaterial. Eine einfache Konstruktion aus beplankten Euro-Paletten garantierte eine hohe Flexibilität. Einzelne Schichten wuchsen in die Höhe und bildeten über den Tagesverlauf eine abwechslungsreiche Sitzlandschaft. Zwei der hohen Elemente wurden zu Kräuterbeeten umgebaut und stehen im schattigen Zentrum der Installation. Durch einen grün gestrichenen seitlichen Abschluss sind die Euro-Paletten nicht mehr erkennbar. Nebeneffekt: Der einfache Transport der Elemente an einen anderen Ort ist dennoch möglich. Bereits während dem Bauen wurde die Sitzlandschaft von Passanten begutachtet und getestet. Mittlerweile wird sie gerne zum Ausruhen oder als Treffpunkt für ein Schwätzchen angenommen. „Wir wollten die Sitzgelegenheit lieber ein paar Meter weiter in Richtung Keltermitte bauen. Aus Platzgründen haben wir uns aber auf den jetzigen Standort verständigt“, sagt Bauer.

Gestern haben Kinder Möbelstücke in Beschlag genommen. Engagierte Anwohner haben einen Flohmarkt rund um die Kelter organisiert. Die Ulmer Straße war gesperrt. Flohmarktbesucher nutzten den Ortskern, um zu flanieren, auf der Sitzgelegenheiten ihre Flohmarktschätze auszubreiten und miteinander ins Gespräch zu kommen. „Wir wollen den Keltervorplatz mehr beleben und ins Bewusstsein der Bürger bringen“, sagt Jens Leistert, einer der Flohmarkt-Organisatoren. Die Aktivitäten werden durch die Mitarbeiter des Forschungsprojekts begleitet. „Es wird spannend, zu beobachten, was sich weiter entwickelt, ob die Sitzlandschaft pfleglich behandelt wird, wer sie nützt, und ob die eingepflanzten Kräuter auch gegossen werden“, sagt Bauer. Ergebnis der ersten 15 Tage: Die Bürgerbänke blieben von Zerstörungswut verschont, die Kräuter gedeihen und immer wieder setzen sich Passanten in den Schatten.