Auch in Obertürkheim wird das neue Jahr traditionell mit einem Feuerwerk begrüßt, das Feinstaub verursacht. Foto: Peter Kästle Quelle: Unbekannt

Von Mathias Kuhn

Gestern hat der Verkauf von Feuerwerkskörpern begonnen: Leuchtende Raketen, Sprühregen und Knaller gehören zum Jahresbeginn wie der Nadelbaum zu Weihnachten. Dabei sind Raketen und Böller echte Feinstaub-Schleudern und erhöhen das Brandrisiko. Einige Städte erlassen Feuerwerksverbote in ihren Altstädten. Die Stadt Stuttgart sieht keine rechtliche Handhabe. Es darf geballert werden.

Es ist eine Jahrhundert alte Tradition: Das neue Jahr wird mit schrillem, buntem und glitzerndem Feuerwerk begrüßt. Wie so oft hat das schöne, glitzernde Pyrotechnik-Erlebnis allerdings auch Schattenseiten: Die Berufs- und die Freiwilligen Feuerwehren sind in höchster Alarmbereitschaft. Die Männer und Frauen der Hedelfinger Feuerwehr haben Stallwache, sind in dieser Nacht für die Oberen Neckarvororte zuständig. Sie kommen im Feuerwehrhaus zusammen, damit sie möglichst rasch Brände löschen können. Denn der erste Tag im Jahr gehört zu den einsatzstärksten im Jahresverlauf.

Deswegen haben etliche Gemeinden in Baden-Württemberg die Reißleine gezogen: In der Altstadt von Esslingen, auf der Esslinger Burg, in Marbach und Tübingen ist das Abbrennen von Feuerwerkskörpern in den Innenstädten und rund um die historischen Gebäude verboten. Auch die Landeshauptstadt und das Polizeipräsidium haben geprüft, ob ein Verbot in Stuttgart zulässig ist. „Basis für ein Verbot kann nur das Sprengstoffrecht sein. Im Bundes-Immisionsschutzgesetz ist nichts zu Feuerwerkskörpern festgelegt“, erklärt Hansjörg Longin, der Leiter des städtischen Vollzugsdienstes. Die juristische Prüfung durch die Stadt kam zu einem eindeutiger Ergebnis: Ein Verbot ist rechtlich nicht haltbar.

Das Sprengstoffrecht ermögliche aus Brandschutzgründen oder wegen der Lärmbelastung zwar ein Verbot in unmittelbarer Nähe von Krankenhäusern, Kinder- und Altenheimen, Kirchen und Reet- und Fachwerkhäusern. „Die Stuttgarter City verfügt aber über keine durchgängigen Fachwerkensembles, daher stellt sich das Problem nicht so ausgeprägt dar“, sagt Longin. Auch für die Cannstatter Altstadt, das Ensemble rund ums Weinbaumuseum Uhlbach oder den Spitalhof in Möhringen ergeht kein Verbot. „Es wäre sicherlich auch schwer zu überwachen“, so Longin. Die Ordnungskräfte werden zwar in den sensiblen Gebieten verstärkt unterwegs sein. Der Schwerpunkt liege allerdings nach den Vorfällen in Köln vor zwei Jahren in der Innenstadt.

Nicht nur aus Brandschutzgründen sorgen Feuerwerke für dicke Luft in den Kommunen. Am vergangenen Jahreswechsel wurden in Deutschland 4000 Tonnen Feinstaub in die Luft gejagt. Die Menge entspricht 15 Prozent des Wertes, den der Straßenverkehr in einem Jahr verursacht. „Auch in Stuttgart führen die Silvesterfeuerwerke regelmäßig zu einer deutlichen Überschreitung einer PM10-Tagesbelastung von 50 Mikrogramm pro Kubikmeter. An Tagen ohne Niederschlag ist der 1. Januar der am höchsten mit Feinstaubpartikeln belastete Tag des Jahres“, sagt Martin Thronberens, der Pressesprecher der Stadt.

So startete 2017 Stuttgart an der Messstation Schwabenzentrum um 0.30 Uhr mit einem Maximalwert von 644 Mikrogramm ins damals junge Jahr. Um 1.30 Uhr lag der Halbstunden-Mittelwert noch bei 459 Mikrogramm pro Kubikmeter. „In den Morgenstunden sinken die Feinstaubbelastungen. Trotzdem wird der Tagesmittelwert von 50 Mikrogramm pro Kubikmeter regelmäßig nicht eingehalten, da die Belastungen durch emittierten Feinstaubpartikel mehrere Stunden in der Atmosphäre verweilen“, sagt der Pressesprecher.