Erste Priorität für Obertürkheims Bezirksbeiräte Foto: Kuhn - Kuhn

Obertürkheimer kämpfen für den Erhalt „ihres“ Cap-Markts . Sie machen klar, dass eine Ansiedlung einer Aldi-Filiale auf dem Post-Areal in Untertürkheim, die Cap-Märkte in Ober- und Untertürkheim gefährden.

ObertürkheimEs kommt selten vor, dass sich ein Stadtbezirk so vehement mit einem Projekt des Nachbarns befasst. Obertürkheims Bezirksbeiräte debattierten am Mittwoch 80 Minuten über das Gutachterverfahren für das Postareal in Untertürkheim. Sechs Planungsbüros werden gebeten, ein Konzept für eine lebendige Ortsmitte zu erstellen. Gewünscht sei ein inklusives Quartier mit Einzelhandel als Magnetfunktion, Boardinghaus, Arztpraxen und Kita, das sich in den Ortskern mit der denkmalgeschützten Stadtkirche integriert, umriss Stadtplanerin Angela Weiskopf die wichtigsten Vorgaben für die Planer. Obertürkheims Bezirksbeiräte begrüßten die Vorgehensweise. „Aber die Ansiedlung eines Lebensmittel-Discounters in dem Gebiet betrifft auch Obertürkheim“, sagten mehrere Bezirksbeiräte. Sie zitierten aus der Marktverträglichkeitsuntersuchung, die die Wirtschaftsförderung 2015 in Auftrag gab. Demnach würde die Ansiedlung eines Discounters zu einem Umsatzverlust zwischen 15 und 30 Prozent im benachbarten Cap-Markt führen. Für den von Markt& Service geführten Markt, in dem gehandikapte Menschen arbeiten, könnte dies das Aus bedeuten. Da der Cap-Markt in Obertürkheim mit der Untertürkheimer Filiale Synergieeffekt hat, müsste vermutlich auch der Obertürkheimer Cap-Markt aufgeben. Schlussfolgerung der Marktverträglichkeitsanalyse: „Der aufgezeigte Zielkonflikt kann nicht gelöst werden.“

Stadtplaner Hermann-Lambert Oediger unterstrich ebenfalls die Bedeutung der Cap-Märkte für die Nahversorgung und als Arbeitsplatz für behinderte Menschen. Deswegen solle auf dem Post-Areal ein inklusives Quartier entstehen, in dem behinderte Menschen im Boardinghaus beschäftigt sind. Zudem hatte es Gespräche zur Weiterentwicklung des Cap-Marktes geben. Dem widersprach Gerhard Sohst, der Leiter von Markt & Service. Außer mit Walter Tattermusch, dem ehrenamtlichen Behindertenbeauftragten, habe bis vergangene Woche kein Vertreter der Stadt mit ihm gesprochen. Es gäbe auch keinen Umsatzeinbruch. Die Cap-Märkte seien vor 15 Jahren von der Stadt gebeten worden, in die Bresche zu springen, als Edeka und Nanz ihre Läden schlossen. „Mittlerweile besuchen uns rund 1000 Kunden täglich und jeder der beiden Märkte erzielt einen Jahresumsatz von knapp drei Millionen Euro. Wir sind wichtig für den fußläufigen Einkauf.“ Zu den Weiterentwicklungschancen: Er habe mit einem Bio-Anbieter geredet. Dieser habe abgesagt, weil er in Untertürkheim nicht überleben könnte. Sohst: „Es wird den Zielkonflikt geben.“

Das sehen auch die Bezirksbeiräte. „Wir gehen davon aus, dass der Beschluss, den 54 Stadträte 2016 fassten, weiterhin gilt. Er besagt, dass die Nahversorgung in Obertürkheim und der Erhalt der Arbeitsplätze behinderter Menschen gesichert bleibt“, betont Peter Aichinger von den Freien Wählern. Auch Elisabeth Remppis (Grüne) verwies auf die Arbeitsplätze. „Ein neues inklusives Quartier macht nur Sinn, wenn die Cap-Märkte, die ein Beispiel für gut funktionierende Inklusionsunternehmen sind, nicht zerstört werden.“ Die Bezirksbeiräte kämpfen weiter für den Erhalt der Nahversorgung in Obertürkheim. „Wir können die Auswirkung eines Aldi-Markts in Unter- auf Obertürkheim nicht ausblenden. Wir benötigen ein Konzept für unseren Stadtbezirk“, meint Michael Jantzer (SPD). Deswegen fordert auch Walter Zinser von der FDP einen Masterplan für Obertürkheim, während Matthias Föll von der CDU auf dem neuen Post-Areal eine Chance für den Cap-Markt Untertürkheim sieht. Auf Antrag von Christoph Hofrichter (SÖS-Linke) wurden einige Ergänzungen in die Gemeinderatsvorlage eingearbeitet. Einstimmig fordern die Bezirksbeiräte, dass das Planungsgebiet Post-Areal als städtische Entwicklungsmaßnahme erfolgen soll. „Wir werden den weiteren Prozess wachsam verfolgen“, versprachen Hofrichter und Aichinger.