Wenn man auf jeden Cent achten muss: In Stuttgart sind 11 000 Kinder auf Sozialgeld angewiesen. Foto: dpa - dpa

Zwar gilt die Landeshauptstadt im Bundesvergleich als eher reiche Stadt. Trotzdem leben im Stadtgebiet laut aktuellem Sozialdatenatlas der Stadt 13,7 Prozent der Kinder unter sechs Jahren von Sozialgeld, unter den 6- bis 18-Jährigen sind es 11,1 Prozent.

WangenDie Kluft zwischen Arm und Reich ist in den vergangenen Jahren immer weiter auseinandergegangen. Einer Studie zufolge wächst in Deutschland die Ungleichheit immer weiter: Das Vermögen des reichsten Prozents der deutschen Bevölkerung sei im Jahr 2017 um 22 Prozent gewachsen, das der ärmeren Hälfte dagegen nur um drei Prozent. Diese Entwicklung betrifft auch die jüngsten Mitglieder der Gesellschaft. Allein in Stuttgart gelten 11 000 Kinder als arm. Sie wachsen in Familien auf, die von Sozialleistungen leben – und müssen, weil das Geld knapp ist, auf viele Dinge verzichten, die für andere Kinder selbstverständlich sind.

Zwar gilt die Landeshauptstadt im Bundesvergleich als eher reiche Stadt. Trotzdem leben im Stadtgebiet laut aktuellem Sozialdatenatlas der Stadt 13,7 Prozent der Kinder unter sechs Jahren von Sozialgeld, unter den 6- bis 18-Jährigen sind es 11,1 Prozent. In den Oberen Neckarvororten ist Wangen besonders betroffen. 22,4 Prozent der Kinder unter sechs Jahren sind auf Sozialgeld angewiesen – also knapp jedes fünfte Kind. Bei den 6- bis 18-Jährigen sind es 18,3 Prozent. Im Sozialdatenatlas wird das Sozialgeld als Maßstab für Kinderarmut herangezogen.

Das größte Armutsrisiko haben laut städtischer Untersuchung Alleinerziehende. In Wangen beziehen ganze 44,7 Prozent der Alleinerziehenden Arbeitslosengeld II. Zum Vergleich dazu: Im gesamten Stadtgebiet sind es „nur“ 33,8 Prozent. Dabei sei nicht nur der Fakt, alleinerziehend zu sein, belastend. Auch die Sorge um Geld und Arbeitsplatz würde für viele Mütter und Väter erschwerend hinzukommen, sagt Waltraud Stuntebeck vom Stuttgarter Jugendamt.

Die Ursachen für den im Vergleich zum Stadtgebiet hohen Anteil von Kindern und Jugendlichen in Armut in Wangen hängt nach Einschätzung der Fachleute auch mit der Wohnsituation zusammen. Zwar lag die durchschnittliche Netto-Kaltmiete in Wangen bei der Wiedervermietung im Jahr 2017 bei 10,90 Euro pro Quadratmeter und ist damit im Mittelwert nicht wesentlich höher als etwa in Untertürkheim (10,80 Euro), Obertürkheim (10,50 Euro) oder Hedelfingen (9,80 Euro). Allerdings gibt es in Wangen viele große Wohnungen – was sich dann in der Miethöhe niederschlägt.

Um dem großen Bedarf an Unterstützung gerecht werden zu können, sind in Wangen zum Beispiel mehr Schulsozialarbeiter als in anderen Stuttgarter Stadtbezirken im Einsatz. Die Jugendhilfeplanung errechnet den Bedarf, an dem sich die Anzahl der Stellen orientiert – Grundlage dieser Berechnung sind auch die Ergebnisse des Sozialdatenatlas: Gibt es viele Kinder, die von Armut betroffen sind, spricht das für einen hohen Bedarf an Unterstützung und erfordert eine entsprechende Stellenanzahl. Es gibt viele Hilfsangebote für die Betroffenen: zum Beispiel Elternseminare – ein Spiel- und Bewegungsprogramm für Mütter und Väter mit ihren Babys – den Mini-Kindergarten oder offene Treffs, die der Verein „Familie im Zentrum“ (FiZ) in Kooperation mit der Stadt anbietet. Außerdem organisiert das Jugendamt regelmäßig einen Verschenkemarkt im Sozialkaufhaus.

„Jede Einrichtung im Stadtbezirk macht Angebote und versucht so, dieser Entwicklung entgegenzuwirken“, sagt Stuntebeck. Aus ihrer Sicht wäre es begrüßenswert, wenn in Wangen auch ein Tafelladen eröffnen würde.