Im Notfall richtig zu handeln, kann man lernen. Quelle: Unbekannt

Laut Umfragen hat jeder Zweite in Deutschland Bedenken, im Notfall eine Reanimation zu versuchen – weil man sich unsicher ist. Die Björn Steiger Stiftung fordert verpflichtende Erste-Hilfe-Kurse für jeden. Bei den Rettungsdiensten stößt der Vorschlag auf Skepsis.

Untertürkheim E in verunglücktes Kind, ein Passant mit Herzstillstand – wer traut sich in solchen Situationen Erste Hilfe zu? Laut Umfragen hat jeder Zweite in Deutschland Bedenken, im Notfall eine Reanimation zu versuchen. Kein Wunder: Bei mehr als der Hälfte der Frauen und Männer liegt der Kurs schon mindestens zehn Jahre zurück. Deshalb fordert die Winnendender Björn Steiger Stiftung – auch mit Blick auf den Personalmangel beim Rettungsdienst und die Wartezeiten – verpflichtende Erste-Hilfe-Kurse für jeden. Ohne jede Ausrede.

„Es gilt, regelmäßig die Kenntnisse über Erste Hilfe aufzufrischen, sodass die wichtigsten Grundlagen beherrscht werden und Laien in der Lage sind zu helfen, bis Notarzt und Rettungsdienst am Notfallort eintreffen“, sagt Ulrich Schreiner, der Geschäftsführer im Bereich Rettungsdienst der Björn Steiger Stiftung. Dazu gehöre auch, dass Laien in einem Notfall wüssten, wie sie helfen könnten. Wichtig sei zum Beispiel zu wissen, wie die stabile Seitenlage oder eine Herzdruckmassage funktioniere. Hier sollen die Pflichtkurse früheres Wissen auffrischen. Denn das richtige Agieren von Laienhelfern könne entscheidend sein, wenn es um Leben und Tod gehe. „Ein einziger Erste-Hilfe-Kurs im Leben, um den Führerschein zu erlangen, reicht bei weitem nicht aus, um im Ernstfall überlegt zu handeln“, sagt Schreiner, dessen Stiftung sich für eine bessere Notfallversorgung einsetzt.

Freiwilligkeit statt Zwang

In der Regionalgeschäftsstelle der Malteser in Wangen ist die Idee skeptisch aufgenommen worden. Zur Auffrischung von Erste-Hilfe-Kenntnissen setze die Hilfsorganisation „vor allem auf Einsicht und Eigeninitiative, weniger auf gesetzlichen Zwang“, sagt Andreas Huxoll, Leiter der Erste-Hilfe-Ausbildung und Qualitätsbeauftragter Ausbildung der Malteser in Baden-Württemberg. Landesweit führe man an 40 verschiedenen Standorten entsprechende Kurse durch, hierzu zählen beispielsweise die „Erste Hilfe bei Kindernotfällen“ für werdende Eltern, Großeltern und sonstige Interessierte, die „Erste Hilfe für Betreuungseinrichtungen für Kinder und Jugendliche“ für Erzieherinnen und Erzieher, die „Erste Hilfe bei Sportunfällen“ für Angehörige von Vereinen, Notfalltrainings für ambulante und stationäre Pflegeteams und Arztpraxen sowie die Aus- und Fortbildung von betrieblichen Ersthelferinnen und Ersthelfern. Im vergangenen Jahr habe man insgesamt 3100 Kurse durchgeführt, berichtet Huxoll, darunter 1650 Kurse für Führerscheinbewerber und weitere interessierte Laien. Die Nachfrage sei „leicht steigend“. Die Malteser empfehlen, die Notfallkenntnisse alle zwei bis drei Jahre aufzufrischen – freiwillig. „Erste Hilfe ist in der Regel zuhause oder bei der Arbeit notwendig. Man muss also nicht ‚irgendjemandem’ helfen, sondern wahrscheinlich jemandem, der einem nahesteht“, meint Huxoll.

In den Kursen des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) finden sich vergleichsweise wenige interessierte Laien, die sich fortbilden wollen, räumt Udo Bangerter, der Sprecher des DRK-Landesverbandes, ein. „Wir haben vor allem Betriebssanitäter und Fahranfänger.“ Er empfiehlt jedem, sein Wissen aufzufrischen. „Bei Notfällen werden die gefühlten Hürden sonst mit den Jahren immer höher und das Eingreifen immer seltener.“ Dennoch ist er skeptisch, wenn es um eine Verpflichtung zu den Kursen geht: „Freiwilligkeit ist einer unserer Grundsätze“, so Bangerter.

Die DRK-Bereitschaft Untertürkheim wäre nach Auskunft von Bereitschaftsleiter Sven Troch durchaus in der Lage, mehr Kurse anzubieten. „Wir haben bei uns in der Bereitschaft vier Erste-Hilfe-Ausbilder, die ehrenamtlich unter der Woche und am Wochenende unterwegs sind.“ Pro Jahr führe man 10 bis 15 Erste-Hilfe-Kurse durch, daran würden jeweils 15 bis 20 Personen teilnehmen. Zudem unterstütze man den Kreisverband. Troch spricht von einer steigenden Nachfrage, „vor allem nach Erste-Hilfe-Kursen am Kind“.

Bei der Johanniter Unfallhilfe sind in diesem Jahr noch zahlreiche Grundschulungstermine für Erste-Hilfe-Kurse im Ausbildungszentrum in Zuffenhausen frei – für Führerscheinanwärter, Eltern und Sportler zum Beispiel.