Reiner Holznagel, der Präsident des Bundesverbands der Steuerzahler, und sein Stellvertreter Zenon Bilaniuk (links) Foto: Mathias Kuhn - Mathias Kuhn

Der Bund der Steuerzahler ist mit 200 000 Mitgliedern die größte Steuerorganisation der Welt. Sie wurde vor 70 Jahren in der Weinstube Krone in Uhlbach gegründet. Nun traf sich der Vorstand zur Jubiläumssitzung.

UhlbachEr prangert Projekte an, die Steuergelder verschwenden, lässt in Berlin eine Schuldenuhr ticken, fordert mehr Transparenz bei Haushaltsplänen und verteilt auch mal Rote Karten gegen Steuererhöhungen: der Bund der Steuerzahler (BdSt). Er versteht sich als Anwalt der Steuer zahlenden Bürger. Seinen Sitz hat der Lobbyverband zwar in Berlin. Gegründet wurde er aber gestern vor 70 Jahren, am 21. Oktober 1949, in der „Weinstube Krone“ in Uhlbach. Von dieser Gründungsfeier kündet auch eine Tafel an der Fassade des Traditionslokals. Gestern traf sich die Verbandsspitze zum Jubiläumstreffen in der Krone. „Wir lassen die Historie noch einmal aufleben“, sagt Zenon Bilaniuk, der baden-württembergische Landeschef.

Der Hauch der Nachkriegsgeschichte wehte gestern durch Uhlbach. Dabei haben die Fragen, die 1949 zur Gründung des Steuerzahlerbunds führten, an Aktualität nichts verloren. „Sind die heutigen Steuergesetze gut? Und was geschieht mit den Steuergeldern?“, stand auf einem Flugblatt, das Hermann Wunderlich, der Vorsitzende des kurz zuvor gegründeten Bundes der Steuerzahler, vor dem Stuttgarter Hauptbahnhof verteilte. Der Handzettel war mit einem schwarzen Trauerrand versehen und sorgte für Aufsehen. Es kam zu einem Menschenauflauf, der Wunderlich eine Ordnungsstrafe in Höhe von zehn Mark wegen Verkehrsbehinderung einbrachte. Die Aktion war der Startpunkt einer 70-jährigen Erfolgsgeschichte.

Mehr Transparenz

Der Millionen Mark fressende Kampf zwischen Frankfurt und Bonn um die Bundeshauptstadt und fehlende Transparenz beflügelte 1949 den Unmut über die Finanzpolitik des Bundes, der Länder und Kommunen. Was heute unvorstellbar ist, war damals Gesetz: Haushaltspläne waren streng vertraulich und nicht für die Öffentlichkeit bestimmt. Willkür und Heimlichtuerei der Behörden brachten die Gründer des BdSt auf die Palme. „Die Kenntnis der öffentlichen Finanzgebarung ist bei uns zu einer Art Geheimwissenschaft geworden. Dem Steuerzahler ist nahezu jede Möglichkeit genommen, die Art der Verwendung von Steuergeldern auch nur zu erfahren“, klagte Wunderlich auf dem Flugblatt an. Wunderlich und seine Mitstreiter hatten Erfolg. Heute sind Haushaltspläne von jedem einsehbar, werden in den Parlamenten öffentlich diskutiert, aber oft wird das Recht auf freien Zugang durch andere Bestimmung überlagert. Antworten lassen Monate lang auf sich warten. Der BdSt fordert deswegen eine noch bessere Transparenz auch in Hinblick auf Korruption. Die Aufgaben werden nicht weniger.

Während es im Gründungsjahr 1949 um die Offenlegung öffentlicher Haushaltspläne ging, steht jetzt eine Reform des Einkommensteuertarifs im Fokus. Erklärtes Ziel ist es, die Steuerbelastung vor allem für die mittleren Einkommen zu senken,“ betont BdSt-Landesvorsitzender Zenon Bilaniuk. Im Land werde es um die Modalitäten der Grundsteuerreform gehen. Zudem fordert der Verband eine solide Finanzpolitik, zu der ein sorgsamer Umgang mit Steuergeld gehört. „Unsere Markenzeichen sind aus Deutschland nicht mehr wegzudenken“, sagt Reiner Holznagel. Der Präsident des Bundesverbands verweist auf das nächste „Schwarzbuch – Die öffentliche Verschwendung“, das am 29. Oktober erscheint, sowie auf die Schuldenuhr, die rückwärtslauft. Auch die Aufnahme der Schuldenbremse ins Grundgesetz war ein Meilenstein der Verbandsgeschichte. Dazu gehört der Kampf gegen die kalte Progression oder der Musterprozess zum Erhalt der Pendlerpauschale. Aktuell unterstützt der BdSt die Musterklage eines Ehepaars aus Bayern zur Abschaffung des Solidaritätszuschlags. „Als Schutzgemeinschaft der Steuerzahler wird unser Verband auch in den nächsten Jahrzehnten dringend gebraucht“, ist sich Bilaniuk sicher.