Ein Prachtexemplar von Grasfrosch: Die Nabu-Ehrenamtliche Elke Tetens hilft den Amphibien bei ihrer Wanderung vom Wald zu den Laichplätzen im Tiefenbachtal über die viel befahrene Frauenkopfstraße. Foto: Kuhn - Kuhn

Rainer Schmieg und seine Frau Elke Tetens, die beiden ehrenamtlichen Krötensammler des Naturschutzbundes (Nabu) Stuttgart helfen den Amphibien bei ihrer Wanderung.

FrauenkopfVier Grad Celsius, Nieselwetter, nasses Laub, böiger Wind. Eigentlich kein Wetter, um in Hochzeitstimmung zu kommen. Ob Kröten und Frösche das anders empfinden? Rainer Schmieg und seine Frau Elke Tetens, die beiden ehrenamtlichen Krötensammler des Naturschutzbundes (Nabu) Stuttgart, sind skeptisch. „Wer weiß, ob nicht doch die eine oder andere Erdkröte oder ein paar Grasfrösche sich in der Nacht auf den Weg zu den Laichplätzen gemacht haben“, sagt Schmieg. Von Mitte Februar an wandern die Amphibien aus ihrem Winterquartier auf der Waldebene Ost zu ihren Laichplätzen im Tiefenbachtal. Damit sie auf der Frauenkopfstraße nicht unter die Räder kommen, hat das Forstamt an der viel befahrenen Straße Schutzzäune aufgebaut. Die Zäune sind für die Tiere zu hoch, um sie zu überspringen. Sie hüpfen an den Zäunen entlang und plumpsen dann in die Eimer, die im Abstand von 20 Metern eingegraben sind. Jeden Morgen sammeln deswegen Nabu-Ehrenamtliche die Amphibien aus den Eimern am Straßenrand ein und bringen sie sicher über die Straße.

Elke Tetens zieht sich die gelbe Warnweste über und schaut mit geübten Blick in den ersten Eimer, entfernt ein paar nasse Blätter und zuckt mit den Schultern. Fehlanzeige. Auch in den kommenden 18 Eimern wiederholt sich die Zeremonie. Kein Fund, nur Blätter, Regenwürmer und Insekten. Tetens befreit die in die Eimer gefallenen Tiere, bedeckt den Boden des Eimers mit Laub und steckt einen Stock in den Eimer. „Damit Insekten oder Mäuse an ihm entlang herausklettern können.“ Während die Sillenbucherin die Eimer kontrolliert, sammelt ihr Mann den am Straßenrand weggeworfenen Müll ein. Die beiden pensionierten Lehrer haben Erfahrung. Jeden Freitag patrouillieren sie an der Strecke entlang. An diesem regnerischen Freitag scheint es ein schneller Spaziergang zu werden. Selbst für Erdkröten, Grasfrösche und Bergmolche war die Witterung zu ungemütlich, um auf Wanderschaft zu gehen. Noch keine Hochzeitstimmung bei Lurchi und Co. Bis Ende März zieht es die Tiere zu den Laichgebieten. „Sie kommen an die Gewässer zurück, in denen ihr Leben begann“, sagt Tim Kühlwein. Das Nabu-Vorstandmitglied ist für den ehrenamtlichen Amphibienschutz zuständig. Rund 50 Bürger jedes Alters haben sich gemeldet, um die Tiere sicher über die Straße zu bringen.

Am Eimer Nummer 20 dann ein Erfolgserlebnis. Ein Grasfrosch schaut unterm Laub hervor. Tetens holt den Hüpfer aus dem Eimer, trägt ihn über die Straße und setzt ihn jenseits des dortigen Schutzzauns ab. Ein sicherer Transport für den Frischverliebten auf Brautsuche. Es sollte das einzige Exemplar an diesem Tag bleiben. „Wir haben hier aber auch schon mehr als 50 Tiere pro Tag aus den Eimern geholt“, erzählt Schmieg. Jeder Fund wird in eine Liste eingetragen und dem Nabu Stuttgart gemeldet. Mit 80 Prozent machen die Erdkröten den Hauptanteil aus. 15 Prozent der Funde entfallen auf Grasfrösche, gefolgt von Bergmolchen. Zu den Raritäten zählen Blindschleichen, Feuersalamander, Teichmolche und Wasserfrösche. „Mit je 900 Meter Länge auf beiden Straßenseiten und 80 Eimern ist der Schutzzaun zwischen der Stelle und dem Ortsbeginn Frauenkopf unser längstes Schutzgebiet“, sagt Kühlewein. Der Nabu registriert am Frauenkopf aber seit wenigen Jahren einen Rückgang der Exemplarzahlen, so Kühlwein. Er sei auf die Ergebnisse der diesjährigen Saison gespannt. Die Krötenwandersaison dauert noch bis Mitte Mai. Denn nach dem Ablaichen in den Gewässern beginnt die zweite Welle. Die Amphibien kehren zurück. Die Ehrenamtlichen sind ein zweites Mal gefragt. Und was geschieht mit dem Laich? „Aus den Eiern entwickeln sich Kaulquappen und daraus dann im Spätsommer Jungfrösche. Diese benötigen im Herbst aber noch keine Hilfe“, so Kühlwein. Der ehrenamtliche Escort-Service wird erst wieder im Februar 2020 gefragt sein.