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Wenn Benjamin Schuldt durch den Wald geht, ist das für ihn immer ein Erlebnis. „Überall gibt es etwas zu entdecken.“ Der Waldpädagoge – übrigens der erste in Stuttgart – hat als studierter Forstwirt einen geschulten Blick für die Bäume und den Wald.

Rotenberg Wenn Benjamin Schuldt durch den Wald geht, ist das für ihn immer ein Erlebnis. „Überall gibt es etwas zu entdecken.“ Der Waldpädagoge – übrigens der erste in Stuttgart – hat als studierter Forstwirt einen geschulten Blick für die Bäume und den Wald. Dieser umfasst auf dem Gebiet rund um die Egelseer Heide – im Fachjargon als Distrikte Hintere und Vordere Beiburg bezeichnet – etwa 50 Hektar und erstreckt sich bis zu den Sieben Linden in Uhlbach.

Der Großteil der Bäume an der Egelseer Heide sind Buchen. „Die erkennt man zum Beispiel an der glatten Rinde und den runden Blättern“, sagt Schuldt. Die ältesten sind bis zu 160 Jahre alt. Noch betagter sind die Eichen, die zum Teil mehr als 200 Jahre alt sind. Auch Kiefern, Tannen, Eschen und Fichten wachsen in dem Wald zwischen Rotenberg und Uhlbach.

Langfristig rechnet Schuldt damit, dass sich die Eiche noch stärker ausbreiten wird. Denn diese Baumart vertrage die Trockenheit vergleichsweise gut. Und die Egelseer Heide ist ein sehr trockener Standort, das nutzen bekanntlich auch die Winzer auf den angrenzenden Weinbergen.

„In diesem Jahr war es allerdings wie schon 2018 zu lange heiß und zu trocken, darunter leiden die Bäume“, sagt Schuldt. Das wird zum Beispiel an den Baumkronen sichtbar. „Die sind sehr schlank und licht. Eigentlich müssten sie um diese Jahreszeit voller sein.“ Ein schlechtes Zeichen. Die Bäume haben ihre Blätter abgeworfen, damit „nicht noch mehr Wasser über die Blätter verloren geht“. Auch eine rötliche Verfärbung der Blätter deutet nicht auf einen verfrühten Herbstanfang hin, sondern ist ein weiteres Indiz für akuten Wassermangel. Der Grund: Es verdunstet mehr Wasser über die Blattoberfläche, als über die Wurzeln nach oben transportiert werden kann. Somit trocknen die Zellen in den Blättern aus. Das führt dann zu einer Verfärbung. „Ein paar heiße Tage halten die Bäume zwar aus, in diesem Sommer haben wir aber eine sehr lange Hitzeperiode und zu wenig Regen.“ Bis das Wasser durch die Kronen in den Boden gelangt ist, reichen ein paar Stunden Niederschlag nicht aus. „Das Wasser verdampft bereits in den Baumkronen“, sagt Schuldt. Ohnehin speichere der Sandsteinboden auf der Egelseer Heide das Wasser nicht gut. Kommen dann noch trockene Sommer hinzu, macht das den Bäumen zu schaffen: „Der Klimawandel und seine Auswirkungen kommen so schnell, dass das ein Schock für die Bäume ist.“ Das zeigt sich auch an der Rinde. Die ist an einigen Bäumen wegen der Sonneneinstrahlung vertrocknet und aufgeplatzt – „fast wie Sonnenbrand beim Menschen.“

Außer unter der Hitze leiden viele der Bäume auch unter Schädlingen, wie etwa Käfer oder Pilze. Von letzterem sind auf der Egelseer Heide – wie in ganz Europa – zum Beispiel die Eschen befallen: Vor zehn Jahren hat sich eine asiatische Pilzart auf dieser Baumart ausgebreitet. Zu erkennen zum Beispiel an lichten Kronen, abgestorbenen Ästen oder Trieben, die senkrecht von bestehenden Ästen aus nach oben wachsen. Da die Bäume durch die Trockenheit zusätzlich geschwächt sind, haben die Schädlinge ein leichtes Spiel und setzen den Bäumen stark zu. Die Folge: Die Eschen sterben weiter ab, obwohl sie eigentlich gut mit Dürre klarkommen.

Manche Bäume haben sich den Umständen auch angepasst. Beispielsweise ist bei einer Buche die Krone im Laufe der Jahre so gewachsen, dass das Wasser an den Ästen über den Stamm entlang nach unten abfließen kann und so direkt bei den Wurzeln ankommt. Auch wer die Kronen der Bäume aufmerksam betrachtet, kann etwas über die Geschichte des Waldes erfahren: Wuchsen die Äste beispielsweise bis zu einer bestimmten Höhe vor allem an einer Seite des Baums – wo aber heute Baumreihen stehen – kann davon ausgegangenen werden, dass die Bäume dort noch nicht allzu lange stehen und viele Jahre zuvor die Äste ungehindert in Richtung Sonne gewachsen sind. Ganz anders verhält es sich bei einem Baum, der mitten im Feld oder auf der Wiese steht. Dieser kann ohne Konkurrenz seine Krone voll und rundherum ausbilden. „Im Wald dagegen herrscht der Kampf um Licht und Freiraum.“ Daher sei es auch die Aufgabe der Förster, dafür zu sorgen, dass die Bäume eine möglichst große Krone haben. Denn damit gehen eine kräftige Wurzel und mehr Stabilität einher.

Was der Wald alles zu bieten hat und welche Geschichten es hier zu entdecken gibt, ist vielen nicht bewusst. Daher ist es Teil der Aufgabe des Waldpädagogen Schuldt, Wissen über den Wald zu vermitteln – zum Beispiel in Zusammenarbeit mit Schulen, Waldkindergärten, Jugendhäusern, Kitas oder Jugendfarmen. „Wir wollen Menschen erreichen, die nicht wissen, wo es Informationen über Bäume und Pflanzen gibt und was man im Wald erleben kann.“