An vielen Stellen hängen im Stadtgebiet bereits Automatisierte Externe Defibrillatoren, kurz AED. Allerdings gibt es noch immer keine Übersicht über die einzelnen Standorte. Foto: dpa - dpa

An vielen Stellen hängen im Stadtgebiet bereits Automatisierte Externe Defibrillatoren, kurz AED. Allerdings weiß kaum jemand, wo sie sich befinden. Es gibt auch keine Übersicht über die Standorte.

NeckarvorortePlötzlich sackt ein Mensch zusammen, wird bewusstlos, das Herz setzt aus. Es kann jeden treffen – auf dem Sportplatz, beim Einkaufen, auf offener Straße. Am plötzlichen Herztod sterben in Deutschland etwa 100 000 Menschen jährlich. Oft sterben sie, weil ihnen nicht rechtzeitig oder gar nicht geholfen wird. Experten schätzen: Wenn mehr Menschen unverzüglich Wiederbelebungsmaßnahmen einleiten würden, könnten sich die Überlebenschancen mindestens verdoppeln. „Man muss sich nur trauen“, betont Christopher Haigis von der Abteilung Einsatzvorbeugung der Branddirektion Stuttgart.

Die wichtigste Erste-Hilfe-Maßnahme ist die Herzdruckmassage – die so lange vorgenommen werden sollte, bis die professionellen Retter kommen. 10 bis 15 Minuten kann es aber schon mal dauern bis zum Eintreffen von Sanitätern oder Notarzt beim Patienten. 10 bis 15 lange Minuten für den Ersthelfer. Ein praktisches Hilfsmittel für medizinische Laien in solchen Notfällen ist ein „Automatisierter Externer Defibrillator“ (AED), der mittlerweile in vielen öffentlichen Gebäuden, Behörden, Bahnhöfen oder größeren Unternehmen vorhanden ist.

Das Problem ist nur: Kaum einer weiß, wo sich diese Schockgeber, kurz „Defis“ genannt, befinden. Es gibt kein verpflichtendes Register, keine zentrale Registrierung. Auch in der Stadtverwaltung Stuttgart wird nicht erfasst, wo Defibrillatoren im Stadtgebiet hängen. Mit einer Übersicht der Standorte könne man daher nicht dienen, räumt Stadt-Sprecher Sven Matis ein. Selbst in der integrierten Leitstelle sind nur wenige Standorte von Firmen und Vereinen hinterlegt.

Unvollständige Datenlage

Anbieter von verschiedenen Webseiten oder Smartphone-Apps haben bereits versucht, die zwischenzeitlich vielfach installierten AED zu erfassen, um im Ernstfall schnell auf einer Karte anzuzeigen, wo der nächste ist. Da die Angaben aber freiwillig sind, sind die Daten häufig unvollständig oder nicht aktuell, mitunter zudem ziemlich unübersichtlich. Auch das Herunterladen kann Zeit in Anspruch nehmen.

Eine der umfangreichsten Datenbanken ist die „Rot Kreuz Defi App“. Mehr als 32 000 Defibrillatoren bundesweit sind dort aktuell erfasst, berichtet Andreas Markmüller vom zuständigen Bayerischen Roten Kreuz. „Wöchentlich kommen etwa 60 bis 80 AED hinzu.“ Gemeldet werden sie von den eigenen Ortsverbänden, aber auch von Privatleuten, Firmen und Kommunen. Laut der Datenbank gibt es in Stuttgart derzeit knapp 220 „Defis“, darunter elf im Cannstatter Postleitzahlbereich sowie sieben in den oberen Neckarvororten. Die meisten davon befinden sich in den Eingangsbereichen der Volksbank-Filialen – nämlich in Obertürkheim und Uhlbach, Hedelfingen, Untertürkheim und Bad Cannstatt. Auf ihre Existenz weist dort ein kleines grünes Schild mit weißem Herz an der Eingangstür hin. Auch im Kultur- und Sportzentrum Münster hängt ein solches Gerät, ebenso in der Sporthalle der TGV Rotenberg, in der Wilhelmsschule in Wangen und im Cannstatter Kepler-Gymnasium. In den hiesigen Bezirksrathäusern sucht man solche AED allerdings vergeblich.

In der Regel werden „Defis“ von Vereinen oder Firmen gespendet. Das setzt dem Einsatz in städtischen Gebäuden enge Grenzen: „Die Stadt muss aus Gründen der Neutralität grundsätzlich vom Einsatz kostenlos angebotener und über Werbung finanzierter Defibrillatoren absehen“, räumt Matis ein. Etwa 1000 Euro teuer ist ein solches Gerät, das zum Beispiel bei der Björn-Steiger-Stiftung erhältlich ist. Die gemeinnützige Organisation aus Winnenden hat eigenen Angaben zufolge seit 2001 insgesamt mehr als 25 000 AED in ganz Deutschland vermittelt. In Stuttgart allerdings wurden laut Stiftungs-Sprecherin Anna Eberhard gerade mal zwölf Geräte übergeben. „Wir brauchen dafür immer Sponsoren oder Paten.“ Und das sei nicht so einfach.

Defibrillatoren sollen bei Herzstillstand oder Herzrhythmus-Störungen durch Stromstöße das Organ wieder in den Takt bringen. Die Geräte sind selbsterklärend und von Laien problemlos zu bedienen. Die meisten sprechen und geben genaue Anweisungen – die Scheu vieler Menschen vor einer Anwendung ist also unbegründet. „Man kann nichts falsch machen, außer gar nichts zu machen“, meint DRK-Mann Markmüller. Ein Defibrillator sei aber kein Wunderheilmittel, sagt Christoph Haigis von der Stuttgarter Berufsfeuerwehr klipp und klar. „Die lebensrettende Herzdruckmassage hat Vorrang.“ Und natürlich sollte schnellstens der Notruf 112 gewählt werden.