Im Mercedes-Benz-Ausbildungswerk in Brühl werden Azubis auf den Einsatz in der Produktion vorbereitet. Foto: Daimler AG - Daimler AG

Die letzten Prüfungen sind geschrieben, und dann? Die Firmen in Stuttgart bieten so viele Ausbildungsplätze wie selten. Aber 2312 Stellen sind noch unbesetzt. Dennoch wird es auch wieder „sexy“, ein Azubi zu sein.

UntertürkheimFür viele Schulabgänger beginnt jetzt der Endspurt: Die letzten Prüfungen werden abgelegt, mit dem Abgangszeugnis endet ihre schulische Karriere. Und dann? „Viele Jugendliche wissen noch nicht genau, welchen Weg sie danach einschlagen wollen“, sagt Carmen Gutierrez Gnam von der Agentur für Arbeit in Stuttgart. Die frohe Kunde von den Ausbildungsplatzvermittlern und von der Handwerkskammer: Für diejenigen, die sich für eine Ausbildung entschließen, sind die Aussichten rosig. „Für das kommende Ausbildungsjahr haben die Stuttgarter Unternehmen die Zahl der Arbeitsplätze nochmals um fast sechs Prozent gesteigert. 4231 Ausbildungsplätze wurden uns gemeldet“, sagt Gutierrez Gnam. Die Nachfrage lässt – aus Sicht der Ausbildungsunternehmen – allerdings zu wünschen übrig. 2312 Stellen waren Ende Mai – etwa drei Monate vor Ausbildungsbeginn – noch unbesetzt. „Wer jetzt noch einen Ausbildungsplatz für das kommende Ausbildungsjahr erhalten will, der bekommt bei entsprechendem Notenschnitt und der entsprechenden Motivation noch eine Ausbildungsstelle“, sagt Gerd Kistenfeger von der Handwerkskammer Stuttgart. Denn die Handwerksbetriebe hätten die Zeichen der Zeit erkannt. Sie wollen den Fachkräftemangel mit eigenen Kräften bekämpfen. Sie nehmen die Personalrekrutierung in die eigenen Hände. „Am besten geht dies, wenn man den Nachwuchs selber ausbildet, weiter fördert und dann den Gesellen als zuverlässige Fachkraft an den eigenen Betrieb bindet“, so Kistenfeger. Arbeit sei zurzeit genügend vorhanden, es fehle an ausgebildeten Arbeitskräften.

Für Schulabgänger in der Region bedeute dies: Von A wie Augenoptiker bis Z wie Zimmermann stehe ihnen der Lehrstellenmarkt offen. „Die Handwerksbetriebe haben für alle Jugendlichen entsprechend ihren Kenntnissen und Talenten einen Platz und sie bieten dem Nachwuchs auch die entsprechenden Möglichkeiten die Karriereleiter zu erklimmen“, so Kistenfeger. Ein Vergleich mit der Berufsplanung übers Studium lohne sich. Wer will, könne mit der Ausbildung im Handwerk innerhalb von fünf Jahren den Meister oder ein Studium im Handwerk absolvieren und dann bereits eine Führungsposition im Unternehmen übernehmen, während in der gleichen Zeit die einstigen Klassenkameraden vielleicht noch, ohne Geld verdient zu haben, in der Universität einen Abschluss machen müssen und keine Berufspraxis vorweisen können.

Studium contra Lehrstelle

Eine Ausbildung scheint für viele Jugendliche wieder attraktiv zu sein, hat auch Gutierrez Gnam bemerkt. Dazu tragen nicht nur die erhöhten Ausbildungsvergütungen bei. Die Unternehmen, die Agentur für Arbeit und andere Einrichtungen tun einiges fürs Image. Auf Ausbildungsmessen, Karrieretagen, Career-Workshops und anderen Veranstaltungen werden die Schulabgänger umworben und informiert. Das Mercedes-Benz-Werk Untertürkheim hat seine Ausbildungsstellen für September bereits besetzt. Sie locken bereits den kommenden Jahrgang. Den Schulabgängern des Jahres 2020 bietet Daimler Mitte Juli einen Schnelldurchlauf zum Berufseinstieg. Mit den „Let’s Benz!“-Bewerbertagen können die Jugendlichen sich bereits einen Ausbildungsplatz für 2020 sichern.

„Viele Schulabgänger suchen aber auf den letzten Drücker. Mit dem Abschlusszeugnis in der Hand machen sie sich erst jetzt auf die Suche“, sagt Gutierrez Gnam. An der Spitze der beliebtesten Ausbildungsberufe stehen dabei immer noch die klassischen Stellen als Kaufmann oder Kauffrau im Einzelhandel oder im Büromanagement, gefolgt von medizinischer Fachangestellten, Verkäufern und Industriekaufmann. Doch auch neue Berufe seien im Kommen. „So wird jetzt neben dem klassischen KFZ-Mechatroniker auch die Ausbildung zum System- und Hochvolttechniker im KFZ-Handwerk angeboten und damit auf die Elektromobilität reagiert und auch der Kaufmann im E-Commerce liegt im Trend“, so Gutierrez Gnam.

Jugendliche und Eltern, die sich informieren wollen, haben auf der Homepage der Agentur für Arbeit unter „www.arbeitsagentur.de“ verschiedene Möglichkeiten. Im Berufenet gibt’s umfangreiche Informationen, Hinweise auf freie Stellen und im Berufetv stellen kurze Filme Ausbildungs- und Studienberufe vor. Natürlich kann auch ein Beratungsgespräch vereinbart werden. Auch ein Besuch der Homepage der Handwerkskammer „www.hwk-stuttgart.de“ lohnt sich.