Die Blumengemälde von Günter Beeg riefen bei der Vernissage Bewunderung hervor Foto: Mathias Kuhn - Mathias Kuhn

Günter Beeg kehrt an die alte Wirkungsstätte zurück. Im Obertürkheimer Rathaus war er jahrelang als Polizist tätig. Jetzt stellt der Ruheständler seine Blumenaquarelle aus: gemalte Blüten, als ob es ein Foto wäre.

ObertürkheimV

ier Jahre nach seinem letzten Arbeitstag ist Günther Beeg am Donnerstagabend an seine alte Wirkungsstätte zurückgekehrt: ins Obertürkheimer Rathaus. Statt Vernehmungsakten oder Unfallprotokollen hat der einstige Bezirksbeamte der Stuttgarter Polizei allerdings erfreulichere Dinge mitgebracht: einen Strauß voller bunten Blumen. „Solche, die nicht welken“, meinte eine begeisterte Ausstellungsbesucherin. Schließlich hat Beeg sie nicht gepflückt, sondern auf unnachahmliche Weise mit Aquarellfarben festgehalten. Kräftig-gelbe Sonnenblumenköpfe, ein Calla-Gebinde, verführerische Rosen, prachtvolle Pfingstrosen, majestätische Schwertlilien, mit Tautropfen bedeckte Krokusblüten und der wilde Margeritenstrauß – der Betrachter glaubt, den Duft des Sommers zu riechen und würde am liebsten die Mohnknospe umfassen, so plastisch wirkt sie auf dem Gemälde. Jede Faser, jedes Staubgefäß und jedes Detail bildet der Rotenberger Künstler nämlich exakt – fotorealistisch – ab. Jedes Blütenblatt im Margeritenstrauß ist ein Unikat, scheint einen eigenen Charakter zu haben, jede einzelne Glockenblume strahlt in einer Blau-Nuance und der Betrachter meint, den Tautropfen auf der Blüte langsam herunterfließen zu sehen. Pinselstrich für Pinselstrich sitzt. „Unfassbar. Die Geduld hätte ich sicherlich nicht“, flüstert eine Bewunderin.

„Deine Werke bringen unser Rathaus zum Blühen“, bedankte sich Bezirksvorsteher Peter Beier. Er kennt den Rotenberger seit Jahren – nicht nur als Künstler, sondern in erster Linie als Polizist. Nach der Ausbildung als Chemigraf ging Beeg „wegen der Arbeitsplatzgarantie“ zur Polizei. In dieser Funktion versah er seit 1990 seinen Dienst in Obertürkheim – auf den Straßen und als Ansprechpartner im Erdgeschoss des Rathauses. „Wer weiß, mit welcher Leidenschaft, Begeisterung, aber auch mit welcher Sensibilität und Menschenfreundlichkeit Du Deinen Beruf ausgeübt hast, den überrascht Deine künstlerische Kreativität nicht“, meinte Beier. Diese Freude an der Umgebung und das genaue Beobachten der Schönheiten teilt Beeg mit den Betrachtern. Die Bilder spiegeln seine Faszination – in diesem Fall für die Blumen – wider. „Es kommt dabei auf den richtigen Moment an“, sagt Beeg. Sobald er ein mögliches Motiv sieht, zückt er seine Fotokamera, hält die Momentaufnahme fest, setzt sich dann in sein Rotenberger Dachstudio und malt. „Mit Hörern auf dem Kopf und Rockmusik von Status Quo und AC/DC“, verrät er den verblüfften Zuhörern. Höchste Konzentration gilt den Blumenmotiven. Zuerst skizziert er sie mit Bleistift und greift dann zu den Aquarellfarben. „Sie trocknen schneller als Ölfarben.“ Mehr als zwei Stunden pro Tag kann er meist nicht malen. An einem großen Gemälde sitzt er mehr als 100 Stunden – bis zu einem halben Jahr. Die Mühe und Geduld haben sich gelohnt. Die Ausstellungsbesucher wollten das Blütenmeer im Rathaus ungern verlassen.

Die Ausstellung in der Augsburger Straße 659 kann bis 27. September zu den Rathausöffnungszeiten besucht werden.