Die AfD- Bundestagsfraktionsvorsitzende Alice Weidel spricht auf dem Parteitag der AfD Baden-Württemberg. Foto: dpa

Der AfD-Landesparteitag ist wie erwartet geprägt vom parteiinternen Machtkampf zwischen gemäßigten und radikaleren Kräften.

Heidenheim (dpa/lsw) Am Ende hatte das Treffen im Congress Centrum doch etwas von einer Versammlung lauter Cowboys. AfD-Fraktionschefin Alice Weidel zeichnet auf der Bühne das Bild einer Wagenburg. «Wie in einem alten Western», sagt sie zum Auftakt des Landesparteitags in Heidenheim. Und beschrieb dann bildhaft den Zustand ihrer Partei: Man befinde sich nachts in feindlicher Umgebung in offener Prärie und müsse sich mit einem Ring aus Planwagen vor Angriffen schützen. Nur wenn alle zusammenstünden, könne der Treck weiterziehen. Aber wer aus den eigenen Reihen seinen Wachposten verlasse, der gefährde durch Leichtsinn, Egoismus und blanke Dummheit die gesamte Gemeinschaft. Den müsse man sich «zur Brust nehmen».

In der AfD geht es etwas zu wie im Wilden Westen: Es geht um verfeindete Gruppen, um Duelle, um Gesetzlose. Vor dem Congress Centrum belagerten am Samstag Hunderte Demonstranten die Veranstaltung, aber so richtig krawallig wurde es nicht außen, sondern im Saal. Gemäßigte Mitglieder ringen mit radikalen «Fundis» um die Macht. In Heidenheim steht ein Wechsel an der Parteispitze an. Landeschef Marc Jongen will nicht wieder antreten. Doch bevor es zur Vorstandswahl am Samstag kommen kann, wird stundenlang diskutiert und geschrien, immer hitzig, manchmal offen feindselig.

«Die 13 ist eine Glückszahl. Da kann eigentlich nichts schief gehen heute», sagte Marc Jongen noch zu Beginn am Vormittag des Parteitags, der zum 13. Mal im Ländle stattfindet. Wenige Sekunden später bricht der erste Streit aus, es geht nur um die Wahl der Versammlungsleitung. Hat Jongen vielleicht vergessen, dass die 13 vor allem als Unglückszahl gilt?

In der baden-württembergischen Fraktion herrscht seit Monaten ein regelrechter Kleinkrieg. Die Mehrheit der Abgeordneten versucht gegen den als gemäßigt geltenden Fraktionschef Bernd Gögel zu putschen, ihnen fehlt aber die nötige Zwei-Drittel-Mehrheit für eine Abwahl. Nun drängen die Gögel-Gegner in den Vorstand. Sein Widersacher Emil Sänze greift Richtung Spitzenamt. Sänze gehört zur AfD-Splittergruppe «Stuttgarter Aufruf», die trotz der drohenden Beobachtung durch den Verfassungsschutz einen radikaleren Kurs fordert.

Die Partei streitet um den Umgang mit den Mitgliedern am rechten Rand und die drohende Beobachtung durch den Verfassungsschutz. Bundesparteichef Jörg Meuthen und Weidel distanzieren sich am Samstag von den radikalen Kräften in der Partei. Meuthen ruft die knapp 800 Parteimitglieder auf, Intrigen und innerparteiliche Kleinkriege zu beenden. Weidel sagte, die Partei dürfe nicht von innen zersetzt werden. Es gehe nicht darum, «feige» vor einer drohenden Beobachtung des Verfassungsschutzes zurückzuweichen. Aber eine Beobachtung bedrohe die Existenz der AfD.

Die Mehrheit im Saal klatscht bei den Wortmeldungen der Gemäßigten, aber die Mehrheitsverhältnisse sind schwer einzuschätzen. Vieles dreht sich im Landesverband um den Umgang mit dem radikalen Landtagsabgeordneten Stefan Räpple, der am Samstag immer wieder das Mikrofon anpeilt, den Saal zum Kochen bringt. Räpple marschierte Seite an Seite mit Rechtsextremen in Chemnitz, im Dezember ließ er sich nach Zwischenrufen von der Polizei aus dem Landtag führen. Die Parteispitze will ihn loswerden, ein Parteiausschlussverfahren läuft.

Am Samstag bombardiert Räpple die Versammlung mit Anträgen und Störmanövern, vor allem in eigener Sache, schießt immer wieder gegen den Vorstand und den Versammlungsleiter. Nachdem er einen Antrag stellt, dass alle künftigen Vorstandsmitglieder mündlich zusichern sollen, nicht beim in- oder ausländischen Geheimdienst zu arbeiten, kocht der Saal. «Räpple raus! Räpple raus!» ruft die breite Mehrheit der Delegierten. Er darf dann doch bleiben. Am frühen Abend haben die Wahlen immer noch nicht begonnen.

Auch die Spendenaffäre um Alice Weidel beschäftigt die Delegierten. Auf der Bühne verliert die Fraktionschefin kein Wort zu den Vorwürfen. Aber in einer Pause weist sie die Anschuldigen scharf zurück. «Die anderen Parteien beziehen Millionenbeträge und wir haben da mal irgendwie Hunderttausend in einem Kreisverband, die dann zurückgezahlt werden», sagte sie. «Also das Ganze mutet doch recht lächerlich an.» Von einer Parteispendenaffäre zu sprechen, sei ein «ziemliches Theater». Aber eigentlich wolle sie sich nicht äußern, schließlich ermittle die Staatsanwaltschaft gegen sie. Die Wagenburg ist derzeit heftig unter Beschuss.