Das von der französischen Polizei zur Verfügung gestellte Foto zeigt Cherif C., den flüchtigen, mutmaßlichen, Attentäter vom Weihnachtsmarkt in Straßburg. Foto: Französische Polizei Foto: DPA - Französische Polizei

Nach dem Attentat in Straßburg kommen immer mehr Details ans Licht. Der mutmaßliche Terrorist saß schon mehrfach im Gefängnis - auch in Baden-Württemberg.

Straßburg/Kehl (dpa/lsw)Die Spur des mutmaßlichen Attentäters von Straßburg führt auch nach Baden-Württemberg. Der 29-Jährige, der wegen des Anschlags vom Dienstagabend noch immer gesucht wird, saß nach Angaben von Innenminister Thomas Strobl (CDU) bis Anfang 2017 im Südwesten im Gefängnis. Chérif C. war vom Amtsgericht Singen wegen zweier Einbrüche zu zwei Jahren und drei Monaten Haft verurteilt worden. Einen Teil der Strafe saß er ab, dann wurde er nach Frankreich abgeschoben.

Weitere Bezüge zu Baden-Württemberg und Deutschland gebe es nach derzeitigem Stand aber nicht, sagte Strobl. Einen deutschen Wohnsitz außerhalb der Gefängnisse in Konstanz und Freiburg habe der Mann nie gehabt. Nach dem Anschlag geriet auch die Sicherheitslage auf den Weihnachtsmärkten im Südwesten einmal mehr in den Fokus.

Der Attentäter - mutmaßlich der gesuchte 29-Jährige mit nordafrikanischen Wurzeln - hatte in der Nähe des Straßburger Weihnachtsmarktes am Dienstagabend um sich geschossen. Zwei Menschen seien getötet worden, ein Opfer sei hirntot, zwölf Menschen seien verletzt worden, sagte der Pariser Antiterror-Staatsanwalt Rémi Heitz am Mittwoch in Straßburg.

Auch der Bruder des Attentäters wird gesucht

Deutsche Sicherheitsbehörden suchen mit nach dem Täter und fahnden auch nach dessen Bruder Sami C. (34). Beide werden in Frankreich als radikalisiert eingestuft und dem Straßburger Islamistenmilieu zugerechnet. In Deutschland tauchen die beiden Namen allerdings nach dpa-Informationen nicht in der Datei für islamistische Gefährder auf.

Die Sicherheitsmaßnahmen entlang der deutsch-französischen Grenze wurden nach dem Anschlag verschärft. Schwer bewaffnete Polizisten kontrollierten am Mittwoch Autos und Lastwagen an den Grenzübergängen, auch Radfahrer, Passanten und die Fahrgäste in der Tram zwischen Straßburg und der Nachbarstadt Kehl auf baden-württembergischer Seite wurden überprüft. Spezialkräfte der Polizei - SEK und MEK - waren in Alarmbereitschaft. Zwar sei die Stadt direkt nach der Tat abgeriegelt worden, betonte die französische Regierung. Dass der Gesuchte über die Grenze geflohen ist, könne aber nicht gänzlich ausgeschlossen werden.

«Über unser gemeinsames Zentrum in Kehl sind wir in engstem Austausch», sagte Innenminister Strobl. «Noch in der Nacht sind bei den regionalen Polizeipräsidien in Abstimmung mit dem Landeskriminalamt spezifische Fahndungs- und Überwachungsmaßnahmen angelaufen.» Er sei in Gedanken bei den Opfern von Straßburg - bei den Verletzten und den Angehörigen der Toten. «Wir stehen an der Seite unserer französischen Freunde und Nachbarn», sagte Strobl.

Frank Scherer, Landrat des Ortenaukreises und zugleich Vizepräsident des Eurodistrikts Strasbourg-Ortenau, zeigte sich «entsetzt über den feigen Anschlag». «Mein tiefes Mitgefühl und meine Trauer gehören den Angehörigen der Opfer», sagte er. Die Stadt Kehl richtete ein Info-Telefon ein, an das sich Bürger mit ihren Fragen wenden konnten. Schulen und Kindergärten und auch alle übrigen öffentlichen Einrichtungen blieben geöffnet, betonte die Verwaltung. Auch die Tram fahre weiter.

Täter war bereits mehrfach im Gefängnis

Der mutmaßliche Angreifer hat nach Kenntnis der deutschen Justiz bereits einige Jahre im Gefängnis verbracht - in allen Fällen ging es um Einbrüche. Das Amtsgericht Singen verurteilte den Chérif C. Mitte 2016, weil er in eine Zahnarztpraxis in Mainz und in eine Apotheke in Engen im Süden Baden-Württembergs eingebrochen war. In Untersuchungshaft saß er in Konstanz, nach der Verurteilung kam er dann in Freiburg in Haft.

Verurteilungen in Frankreich und der Schweiz

Wie aus dem entsprechenden Urteil, das der dpa vorliegt, außerdem hervorgeht, wurde unter anderem schon 2008 in Frankreich und 2013 in der Schweiz jeweils wegen mehrerer Einbrüche zu Gefängnisstrafen verurteilt. Alle Taten hat er zugegeben. Schon vor seiner Verurteilung in Singen habe er insgesamt vier Jahre in Gefängnissen verbracht, heißt es im Singener Urteil.

Die Sicherheitsmaßnahmen auf den Weihnachtsmärkten im Südwesten seien schon überall auf einem sehr hohen Niveau, betonte Strobl. «Unsere Polizei, unsere Städte und Gemeinden tun in enger Abstimmung mit den Veranstaltern alles Erdenkliche, um das größtmögliche Maß an Sicherheit zu gewährleisten – auch wenn es eine hundertprozentige Sicherheit nicht geben kann», sagte er. «Bleiben Sie wachsam», riet der Minister. «Es gibt aber keinen Grund für Angst und schon gar keinen für Panik.»