Foto: dpa - dpa

Desolate Umfrageergebnisse und eine ungeklärte Führungsfrage in der Bundespartei: Die Lage der SPD ist schwierig. Landeschef Stoch spricht der Partei Mut zu - und geht selbst voran.

Heidenheim (dpa/lsw)Vor dem Hintergrund historisch niedriger Umfragewerte hat SPD-Landeschef Andreas Stoch seiner Partei Mut zugesprochen und einen Regierungsanspruch im Südwesten formuliert. Die derzeitigen Regierungsparteien Grüne und CDU seien ständig mit Tauziehen beschäftigt - es bewege sich nichts. Wichtige Themen ließen sich so nicht umsetzen. «Deswegen braucht Baden-Württemberg eine handlungsfähige Regierung. Und da muss die SPD drin sein», sagte Stoch am Wochenende beim Landesparteitag in Heidenheim.

Stoch räumte ein, dass sich die Partei wahrscheinlich in der schwierigsten Situation ihrer Geschichte befinde. Die SPD habe im Bund und im Südwesten das Gefühl, dass viele Menschen mit der Partei nicht mehr den Mut auf Zukunft verbänden. «Wir müssen die Themen aufnehmen und uns mit den Themen beschäftigen, die den Menschen auf den Nägeln brennen», mahnte er. Stoch nannte zum Beispiel die Themen Veränderungen in der Arbeitswelt, Wohnungsmangel und Klimaschutz. Er kritisierte, die SPD habe ein Stück weit verlernt, große Ziele für sich zu formulieren. Sie bleibe vielmehr oft im Klein-Klein stecken.

Der 50 Jahre alte Stoch führt die oppositionelle SPD seit November 2018 als Parteichef. In einer Umfrage von Infratest dimap im Auftrag von SWR und «Stuttgarter Zeitung» vom September stand die SPD bei 8 Prozent - das war so niedrig wie nie zuvor in einer Umfrage in Baden-Württemberg. Von 2011 bis 2016 regierte in dem Bundesland eine grün-rote Regierung. Die nächste Landtagswahl ist im Jahr 2021. In den vergangenen Jahren bestimmten interne Streitereien das Bild der Südwest-SPD. Davon war am Wochenende nicht mehr viel zu spüren - die Partei spulte ohne große Auseinandersetzungen ihren Parteitag ab.

Im Bund beschäftigt die Suche nach einer neuen Parteiführung die SPD. Am Samstag ging in München die letzte von 23 Regionalkonferenzen zu Ende, auf denen sich die Kandidaten vorstellten, die sich um die Nachfolge der zurückgetretenen Parteivorsitzenden Andrea Nahles bewerben. Das Kandidatenduo aus der Ulmer Bundestagsabgeordneten Hilde Mattheis und dem Verdi-Chefökonom Dierk Hirschel zog sich aus dem Wettstreit zurück. Sie begründeten den Schritt damit, dass sie damit die Erfolgsaussichten eines anderen linken Kandidatenduos erhöhen.

Von diesem Montag an können die SPD-Mitglieder ihr Votum zur Wahl einer neuen Führung abgeben. Endgültig gewählt wird der neue Vorstand auf einem Bundesparteitag Anfang Dezember in Berlin. SPD-Bundesgeneralsekretär Lars Klingbeil forderte die Partei auf, sich dann geschlossen hinter der neuen Führung zu scharen. Beim Bundesparteitag wird sich wahrscheinlich auch entscheiden, ob die SPD vorzeitig aus der schwarz-roten Bundesregierung aussteigt. Das Thema große Koalition spielte in Heidenheim nur am Rande eine Rolle.

KLIMASCHUTZ: Die Landes-SPD beschloss einen Antrag, in dem sie mehr Klimaschutz fordert, als die Bundesregierung in ihrem Paket vorsieht. Nötig sei ein Einstiegspreis von mindestens 35 Euro pro Tonne CO2 - statt 10 Euro pro Tonne. Sie spricht sich für einen Kohleausstieg deutlich vor 2038 aus. Von der Landesregierung erwartet sie, dass sie bei Gesetzesvorhaben nicht nur die finanziellen Kosten, sondern künftig auch die Auswirkungen auf Klimaschutzziele ausführt.

PFLEGE: Die Südwest-SPD fordert zudem 2500 zusätzliche Plätze in der Kurzzeit- und Tagespflege im Südwesten in den nächsten fünf Jahren. Sie sollen mit 25 Millionen Euro pro Jahr vom Land gefördert werden. Kurzzeitpflege bietet zum Beispiel für Menschen, die Angehörige zu Hause pflegen, vorübergehende Entlastung. Außerdem solle das Amt eines Landespflegebeauftragten geschaffen werden. Dieser soll die Zusammenarbeit der Ministerien beim Thema Pflege koordinieren.

PROSTITUTION: Die Südwest-SPD will, dass der Kauf von sexuellen Leistungen bei Prostituierten unter Strafe gestellt wird. Sie spricht sich für die Einführung des «nordischen Modells» aus. Es sieht eine Bestrafung von Freiern, nicht aber der Prostituierten selbst vor.

BIENEN-VOLKSBEGEHREN: Die SPD ist für das Volksbegehren Artenschutz, fordert zugleich aber finanzielle Hilfen für Landwirte. «Wer in seinem Betrieb aktive Maßnahmen zum Schutz und zur Förderung der Artenvielfalt ergreift, soll dabei unterstützt werden.»