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Die gescheiterte Reform des Landtagswahlrechts hat für viel Ärger in dem grün-schwarzen Bündnis gesorgt. Beim Parteitag der Grünen ist der Unmut groß, doch einen Koalitionsbruch will hier niemand.

Leinfelden-Echterdingen (lsw) Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) ist Spekulationen um einen möglichen Bruch von Grün-Schwarz und der Bildung einer sogenannten Deutschlandkoalition entgegengetreten. Um Schnapsideen solle man sich nicht allzu sehr kümmern, sagte Kretschmann am Samstag bei einem Parteitag der Südwest-Grünen in Leinfelden-Echterdingen (Landkreis Esslingen). „Schnapsideen hat man halt, wenn man besoffen ist.“

Zahlreiche Redner machten ihrem Unmut über die geplatzte Reform des Landtagswahlrechts Luft. Viel Kritik erntete die CDU-Landtagsfraktion, die die vereinbarte Reform blockiert hatte - mit dem Ergebnis, dass das Vorhaben am Ende begraben wurde. Grünen-Landeschef Oliver Hildenbrand warf der CDU Totalverweigerung bei dem Thema auf ganzer Linie vor. „Das geht gar nicht.“

Grün-Schwarz stellte aber kein Redner grundsätzlich infrage. Mehrfach gab es aber Forderungen, dass die Grünen entschlossener gegenüber der CDU auftreten müssten. „Ich hätte mir von Dir, lieber Winfried, ein Machtwort gewünscht“, sagte etwa der Delegierte Norbert Hense aus dem Kreisverband Ortenau mit Blick auf Kretschmann.

Im Zuge des Wahlrechtsstreits waren Spekulationen über einen möglichen Bruch von Grün-Schwarz und der Bildung einer Deutschlandkoalition aus CDU, SPD und FDP hochgekommen. Kretschmann sagte dazu, er habe von der Opposition in zwei Jahren keinen Sachvorschlag gehört, der Grün-Schwarz in Bedrängnis gebracht hätte. „Die fürchte ich wirklich nicht“, sagte er mit Blick vor allem auf SPD und FDP. Er räumte aber ein, dass der Wahlrechtsstreit eine schwere und ernste Belastungsprobe für die Koalition gewesen sei.

„Wir lassen uns durch Krisen nicht einfach entmutigen“, sagte Kretschmann. Die Koalition packe die Themen an - etwa den Wohnungsmangel, die Digitalisierung und die Verkehrswende. Grünen-Landeschef Hildenbrand plädierte dafür, die Unterschiede zwischen den Grünen und der CDU nicht zu verdecken, sondern mit ihnen ehrlich umzugehen. „Es braucht Kompromissbereitschaft, wo es sinnvoll ist. Es braucht Konfliktbereitschaft, wo es notwendig ist.“

Die Landeschefin der Grünen Jugend, Lena Schwelling, sagte, sie habe kein Vertrauen in die Zusammenarbeit mit der CDU. „Da gibt es nichts zu beschönigen.“ Prophezeiungen von SPD-Landtagsfraktionschef Andreas Stoch und FDP-Landtagsfraktionschef Hans-Ulrich Rülke, dass die grün-schwarze Koalition am Ende sei, seien aber völlig unangemessen.

Die Grünen wollen eine Wahlrechtsreform aber noch nicht verloren geben. Sie beschlossen einen Antrag, mit dem sie sich für die Einrichtung eines Bürgerforums im Landtag zu dem Thema einsetzen, um Vorschläge zu erarbeiten. Nach den Worten von Grünen-Fraktionschef Andreas Schwarz könnten die Landtagspräsidentin, das Landtagspräsidium oder auch die Grünen-Fraktion so ein Forum ins Leben rufen. Ob die CDU da mitmacht, war zunächst offen.

Der Parteitag schlug Maria Heubuch und Michael Bloss für die Liste der Bundespartei zur Europawahl 2019 vor, die im November in Leipzig aufgestellt wird. Die 59 Jahre alte Heubuch aus dem Kreisverband Wangen sitzt schon seit 2014 im EU-Parlament. Die Agrarexpertin stand damals auf dem elften Platz der Liste. Der 31 Jahre alte Bloss kommt aus Stuttgart. Auf welche Plätze die beiden auf der Bundesliste kommen, ist noch offen. Je weiter vorn jemand auf der Liste steht, desto wahrscheinlicher ist der Einzug ins EU-Parlament.