Alleinerziehende sind besonders häufig von Armut bedroht. Foto: Marcel Kusch/dpa - Marcel Kusch/dpa

Aktuelle Zahlen des Caritasverbandes Rottenburg-Stuttgart sagen, dass etwa 385 000 Kinder im Land arm oder armutsgefährdet sind.

Stuttgart (dpa/lsw) - Jedes fünfte Kind in Baden-Württemberg ist arm oder armutsgefährdet. Das geht aus aktuellen Zahlen des Caritasverbandes Rottenburg-Stuttgart hervor. Insgesamt sind demnach etwa 385 000 Kinder im Land betroffen. Dieser Wert sei ein «gesellschaftspolitisches Armutszeugnis», sagte Caritasdirektor Oliver Merkelbach am Dienstag in Stuttgart. 2009 sei hierzulande noch jedes achte Kind arm oder von Armut gefährdet gewesen. Als arm gilt in Deutschland, wer von weniger als 60 Prozent des durchschnittlichen Einkommens leben muss.

Besonders hoch ist das Armutsrisiko demnach bei Kindern arbeitsloser, alleinerziehender und zugewanderter Eltern. Kinderarmut sei allerdings kaum öffentlich sichtbar. Die Politik konzentriere sich außerdem zu sehr auf die punktuelle Bekämpfung von Armut und unterschätze das Problem. Das habe auch die jüngste Äußerung von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) gezeigt. Der CDU-Politiker hatte gesagt, Hartz IV bedeute nicht Armut, sondern sei die Antwort der Solidargemeinschaft auf Armut. «Das hat mich sehr wütend gemacht», sagte Merkelbach.

Kinderarmut lasse sich nur durch eine «Koalition von Menschen und Institutionen» bekämpfen. Mit der Kampagne «Kinderarmut wohnt nebenan» will die Caritas Rottenburg-Stuttgart im Jahr ihres 100-jährigen Bestehens für eine solche Koalition werben. Die Kampagne bewirbt Projekte, die die strukturellen Ursachen der Kinderarmut angehen. So vermittelt die Kinderstiftung Ravensburg etwa Kindergärten an Senioren, die dort den Kindern vorlesen. Die «Grünfinder» in Ulm bringen Kindern die Natur nahe. Voraussetzungen für die Mithilfe gebe es nicht: «Jeder ist gefragt im Kampf gegen Kinderarmut», sagte Merkelbach.