Balingen (lsw) - Nach dem Hype um SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz am Jahresanfang sind die Umfragewerte der SPD wieder deutlich gesunken. Beim Parteitag in Balingen motiviert sich die Landespartei für den Bundestagswahlkampf.

SPD-Landeschefin Leni Breymaier hat ihre Partei vor dem Hintergrund niedriger Umfragewerte zu einer Aufholjagd im Bundestagswahlkampf aufgerufen. „Wir haben mit Martin Schulz einen Parteivorsitzenden und Spitzenkandidaten, der in einer Weise von der Partei getragen wird, wie wir es noch nie erleben konnten“, sagte sie am Samstag beim Landesparteitag. „Wir haben ein Programm, das zu ihm passt, das zu uns passt, und vor allem, das zu Baden-Württemberg, zu Deutschland und zu Europa passt.“

Zuletzt seien Wahlen oft auf den letzten Metern entschieden worden, sagte sie mit Verweis auf die Landtagswahl 2016 in Rheinland-Pfalz. Dort sei CDU-Kandidatin Julia Klöckner zwei Jahre lang Königin der Umfragen gewesen. In den letzten zwei Wochen habe Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) es gedreht. „Die heiße Phase des Wahlkampfs beginnt jetzt. Und richtig kochen wird es erst im September.“ In den bundesweiten Umfragen steht die SPD derzeit bei 24 Prozent. In Baden-Württemberg waren es in einer Umfrage von Anfang Juli 19 Prozent. Damit liegt die SPD mit großem Abstand hinter der Union von Kanzlerin Angela Merkel (CDU). Die SPD-Bundestagsabgeordnete Hilde Mattheis, die dem linken Parteiflügel angehört, sagte: „Wir lassen uns nicht von Umfragewerten abschrecken.“ Das seien Werte, die noch Luft nach oben hätten. „Wir wollen uns am 24. September in den Armen liegen und sagen: Jawohl, wir haben alles richtig gemacht.“

Breymaier stellte sich hinter die umstrittene Forderung von Schulz nach einer Investitionspflicht des Staates für die Infrastruktur etwa von Schulen und Universitäten. „Wir setzen auf Zukunftsperspektiven und nicht auf Schäubles schwarze Null“, sagte sie mit Blick auf den Etat von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU). Das Thema Rente dürfe nicht so diskutiert werden, als ob nur Niedriglöhner betroffen seien. „Wer eine gescheite Rentenpolitik will, muss SPD wählen. Wer nicht SPD wählt, wählt Rentenkürzungen.“

Bürgerversicherung gefordert

Mehrere Redner forderten, bei einer Fortsetzung der schwarz-roten Koalition in Berlin die seit langem von der SPD geforderte Bürgerversicherung durchzusetzen. Diese wollen die Sozialdemokraten sowohl für den Gesundheits- als auch für den Pflegebereich. Darin sollen alle Bürger einzahlen, auch Beamte und Freiberufler. Die heutige Trennung zwischen gesetzlicher und privater Versicherung soll wegfallen.

SPD-Generalsekretär Hubertus Heil, der als Gastredner erwartet worden war, sagte ab. Er wartete den Angaben zufolge zwei Stunden lang im Flugzeug auf dem Rollfeld in Berlin. Weil klar war, dass er es dann nicht mehr zeitig zum Parteitag schaffen würde, wurde sein Auftritt gestrichen. Er richtete eine Videobotschaft an die Delegierten: „Das Rennen ist offen“, sagte er zur Bundestagswahl. Die SPD habe die richtigen Themen und mit Schulz den richtigen Kandidaten.