Eine Hand einer Krankenpflegeschülerin liegt in einer Seniorenresidenz auf einer Hand einer 92-jährigen Frau. Foto: dpa

Sind Migranten die Lösung für Tausende von unbesetzten Stellen in Alten- und Pflegeheimen? Die Landesregierung im Südwesten sieht in den Ausländern zumindest eine Chance.

Stuttgart (dpa/lsw) Ausländer, die einen Pflegeberuf erlernen, sind im Südwesten jetzt vor einer Abschiebung geschützt. Diese neue Regelung der Landesregierung soll es ermöglichen, den dringenden Bedarf an Alten- und Krankenpflegern zu decken. «Wir werden sie nicht abschieben, so dass sie die Helferausbildung absolvieren können, anschließend eine Alten- oder Krankenpflegeausbildung und dann noch zwei Jahre im Land bleiben können.» Das teilte der auch für Migration zuständige Innenminister Thomas Strobl (CDU) am Samstag in Stuttgart mit. Der Südwesten setze damit eine Vereinbarung aus dem Koalitionsvertrag von Union und SPD schon jetzt auf Landesebene um. Auch Bayern hat bereits eine solche Regelung für Ausländer, deren Asylanträge abgelehnt sind.

Sozial- und Integrationsminister Manne Lucha (Grüne) lobte nach Angaben seines Sprechers die seit langem erwartete Initiative Strobls. «Damit gewinnen wir dringend benötigte zusätzliche Fachkräfte für die Pflege und bieten Geflüchteten eine wichtige Integrationsperspektive», sagte Lucha einer Mitteilung zufolge. Geflüchtete, die hier arbeiteten, die Sprache lernten und sich nichts zu Schulden kommen ließen, müssten in Deutschland bleiben dürfen. Auch Wirtschafts- und Arbeitsministerin Nicole Hoffmeister-Kraut (CDU) nannte die «Ermessensduldung» einen wertvollen Schritt wegen des hohen Bedarfs an Fachkräften.

Zugleich machte Minister Strobl deutlich, dass es hier um einen auf den Bedarf an Pflegepersonal ausgerichteten Weg gehe. Es gehe nicht darum, allen abgelehnten Asylbewerbern grundsätzlich ein Bleiberecht zu gewähren. Ausländische Straftäter oder Migranten, die ihre Identität verschleierten, seien ausgeschlossen von der Regelung. Nach Darstellung des Innenministeriums sind Einrichtungen auch verpflichtet, die Ausländerbehörde über einen Abbruch der Helferausbildung zu informieren. Damit verliere die Duldung ihre Gültigkeit. Ausländer müssten dann ausreisen. Ein Wechsel des Ausbildungsplatzes sei nicht möglich.

Die Grünen, die in Baden-Württemberg mit dem Juniorpartner CDU regieren, fordern schon seit längerem ein Bleiberecht für Flüchtlinge, die in der Pflege arbeiten. Bundesweit fehlen in den Pflegeheimen und Krankenhäusern Zehntausende Kräfte. Eine deutschlandweit einheitliche Regelung, nach der Flüchtlinge, die in der Pflege eine Ausbildung machen, nicht abgeschoben werden, gibt es noch nicht.

Die AfD etwa sieht einen Verbleib von Migranten auf diesem Weg kritisch. Die Deutsche Stiftung Patientenschutz gilt zwar als Unterstützerin einer solchen Lösung, wie es sie jetzt in Baden-Württemberg gibt. Allerdings hatte Stiftungsvorstand Eugen Brysch im April auch vor einen «gefährlichen Lockruf für Jedermann» gewarnt. In der Pflege brauche es neben Geschick und Professionalität auch Einfühlungsvermögen, hatte er gesagt.