So kennt man ihn: Harald Wohlfahrt mit der Schöpfkelle in der Hand. In der „Schwarzwaldstube“ kochte er 40 Jahre. Foto: dpa Quelle: Unbekannt

Von Anika von Greve-Dierfeld

Pforzheim - Der kleine Sitzungssaal im Arbeitsgericht Pforzheim platzt aus allen Nähten. Das Medieninteresse ist riesig, die Spannung groß. Die Richter betreten gestern den Raum, scherzen mit den Fotografen und verkünden alsdann: Frieden. Spitzenkoch Harald Wohlfahrt hat im Streit um seine Weiterbeschäftigung als Küchenchef in der „Schwarzwaldstube“ in Baiersbronn bei Freudenstadt seinen Eilantrag gegen seinen Arbeitgeber zurückgezogen und eine Einigung erzielt. „Ende gut, alles gut“, sagt er im Anschluss hörbar erleichtert am Telefon. „Ich bin sehr glücklich und sehr dankbar über diese Entwicklung.“ Die gütliche Einigung mit dem Hotel „Traube Tonbach“, zu dem die „Schwarzwaldstube“ gehört, dürfte im Sinne aller Beteiligten sein. Zu sehr hatte der schwelende, wochenlange Streit, das darauffolgende enorme Medienecho und die bevorstehende Verhandlung an den Nerven Wohlfahrts und auch denen der Hotelier-Familie Finkbeiner gezehrt. Der Ruf des als so bescheiden und loyal geltenden Spitzenkochs, der des renommierten Spitzenlokals und der der Inhaber-Familie stand auf dem Spiel.

Künftige Rolle noch unklar

„Gemeinsam haben wir 40 Jahre für die ‚Schwarzwaldstube‘ gewirkt und blicken auf eine sehr erfolgreiche Zusammenarbeit zurück“, betonte Hotelbesitzer Heiner Finkbeiner dann auch ebenso erleichtert in einer schriftlichen Mitteilung. „Unser Wunsch war immer eine gemeinsame Zukunft mit Harald Wohlfahrt, so wie wir es zusammen viele Jahre geplant und vorbereitet hatten. Dafür haben wir immer alle Türen offengehalten.“ Weder er noch Wohlfahrt waren vor Gericht erschienen. Zuvor hatten Weggefährten und Wohlfahrt-Schüler wie Peter Hagen, der das Zwei-Sterne-Lokal „Ammolite“ in Rust führt, die traurige Eskalation der letzten Wochen bedauert. So recht hatte sich niemand in der Branche erklären können, wie es die beiden Parteien so weit hatten kommen lassen können. „Traurige Sache“, sagte Hagen. „Die denkbar schlechteste aller Entwicklungen“ nannte sie Zwei-Sterne-Koch Jörg Sackmann vom Gourmetrestaurant „Schlossberg“ in Baiersbronn. Doch nun scheinen die Wogen geglättet, der Streit ist beigelegt. Das Hausverbot für Wohlfahrt, letzter kläglicher Höhepunkt in der unguten Auseinandersetzung, wurde nach Worten einer Hotelsprecherin bereits aufgehoben. „Alle können sich in die Augen sehen“, sagte sie. Es sei eine sehr gute Einigung. Sie war nach Angaben der Beteiligten gestern Morgen erzielt worden. Der Posten des Küchenchefs bleibt bei Torsten Michel, der das Amt schon im Mai übernommen hatte. Welche Rolle Wohlfahrt künftig in der „Schwarzwaldstube“ spielen wird, blieb offen. Details zu den getroffenen Abmachungen waren nicht mitgeteilt und Stillschweigen vereinbart worden. „Die Zukunft wird es weisen“, sagte Wohlfahrt. Das Angebot seitens des Hotels an ihn, als „kulinarischer Direktor“ zu wirken, stehe weiterhin. Rund vier Jahrzehnte stand Wohlfahrt in der „Schwarzwaldstube“ am Herd und hatte dem Restaurant die vergangenen 25 Jahre in Folge jedes Jahr drei Michelin-Sterne erkocht - ein einsamer Rekord. „Die „Schwarzwaldstube“ ist mein Leben“, sagte er. „Ich war bald mehr mit ihr verheiratet als mit meiner Frau.“ Er freue sich unendlich. Wohlfahrt klingt gestern ziemlich glücklich.

Die Sterne bleiben Vorerst

Wenn ein Küchenchef ein mit „Michelin“-Sternen ausgezeichnetes Restaurant verlässt, bleiben die Sterne. „Aber immer nur bis zur nächsten Vergabe“, erklärt eine „Michelin“-Sprecherin. Die Sterne, die jährlich im Restaurantführer „Guide Michelin“ veröffentlicht werden, seien mit dem Restaurant verbunden, nicht mit der Person des Küchenchefs. Ein Küchenchef spiele zwar eine tragende, gestaltende Rolle. Ein, zwei oder drei Sterne zu erlangen, sei aber immer auch eine Teamleistung. Jedes Jahr stehen die Gourmet-Tempel für die begehrten Auszeichnungen neu auf dem Prüfstand.

Der Weggang eines Küchenchefs ist aber eine Herausforderung für das betreffende Restaurant, das die Auszeichnung auch danach behalten möchte. Auch von den Testessern wird ein Wechsel der „Michelin“-Sprecherin zufolge aufmerksam registriert - „und besonderes Augenmerk auf die Bewertung gelegt“, sagt sie.