Am 18. Dezember ist definitiv Schluss. Dann soll das Eckardt-Gebäude an Mahle übergeben werden. Foto: Nagel Quelle: Unbekannt

Von Uli Nagel

Am 18. Dezember ist Zapfenstreich: Der Name Eckardt, der einmal für eine ruhmreiche Industrieepoche an der Pragstraße stand, verschwindet für immer. Der heutige Besitzer, der französische Elektronikkonzern Schneider, hatte die Grundstücke 2016 an die benachbarte Firma Mahle verkauft. Doch aus der angekündigten Standort-Verlagerung wurde eine Schließung. Rund 80 Mitarbeiter sind betroffen.

Die geplante Erweiterung der Firma Mahle durch den Kauf der benachbarten Eckardt-Grundstücke wurde bereits Anfang 2016 publik. So richtig brisant wurde das Thema jedoch erst ein halbes Jahr später. Denn damals kristallisierte sich heraus, dass aus einer zunächst zugesagten Standortverlagerung eine Schließung des Traditionsunternehmens zum Jahresende 2017 wurde. Die rund 80 betroffenen Mitarbeiter gaben sich nach einem ersten Schock zusammen mit der Gewerkschaft IG Metall jedoch kämpferisch und planten Protestaktionen. Zumal es aus Belegschaftssicht keinen wirtschaftlichen Grund für eine Schließung gab. Bei Eckardt wurden nach wie vor spezielle Messgeräte von hoch qualifizierten Mitarbeitern hergestellt. Die Cannstatter gehörten damit jahrelang weltweit zu den Top Drei, wenn es um die Herstellung von Messgeräten und Transmittern ging. Damit lassen sich Druck und Füllstand beispielsweise bei Tankanlagen überprüfen. Die Auftragsbücher seien so voll gewesen, dass man sogar Personal hätte einstellen können. So der O-Ton von Betriebsrätin Christa Schuster, als die kleine Schar an Eckardt-Mitarbeitern ihren, leider hoffnungslosen Überlebenskampf im Frühjahr begann. Die Banner, die seit März am Gebäude an der Pragstraße hängen, fanden dabei klare Worte für die Gefühlslage hinter den tristen Fassaden: „Schneider Electric zerschlägt 144 Jahre Tradition.“ Friedhofsstimmung herrschte im wahrsten Sinne des Wortes auch am Haupteingang, wo die Belegschaft einen Sarg aufgestellt hatte, der von etlichen Kreuzen umgeben war.

Doch die vielen Gespräche seitens des Betriebsrates und auch der IG Metall blieben ohne Erfolg. Jetzt ist am 18. Dezember definitiv Schluss. „Dann schließt Eckardt für immer“, bedauert Rebekka Henschel, Pressesprecherin der IG Metall Stuttgart. Wenigstens seien die Gespräche zum Sozialplan positiv verlaufen. Die Produktion von Foxboro-Eckardt wurde von einem französischen Unternehmen gekauft und nach Frankreich verlagert. Wie viele der Mitarbeiter das Angebot, dort zu arbeiten, angenommen haben, kann Rebekka Henschel nicht sagen, allerdings steht fest, dass 25 Beschäftigte aus dem Bereich Entwicklung weiter für Foxboro-Eckardt arbeiten werden. Allerdings in Kornwestheim.

Was für die Belegschaft fatal sein mag: Während sie von der Pragstraße Abschied nehmen müssen, wird nur wenige Meter entfernt bereits emsig an der Zukunft der Belegschaft gearbeitet. Denn die Firma Mahle hat bereits die ersten Gebäude von Eckardt-Foxboro für ihren geplanten Verwaltungsneubau abgerissen.

144 Jahre Eckardt

Die Pragstraße stand einst für die Wirtschaftskraft des Neckartals und gab Tausenden von Menschen im Produktionssektor Arbeit. Namen wie Fortuna, SKF und Wizemann sind jedoch Geschichte, denn in den 80er- und Anfang der 90er-Jahre erreichte der Niedergang von Stuttgarts ruhmreicher Industriemeile ihren traurigen Höhepunkt mit einem Kahlschlag an Arbeitsplätzen. Einzig der Mahle-Konzern als Global-Player und Eckardt-Foxboro halten seitdem die Fahne einer ruhmreichen Cannstatter Epoche noch empor. Am 18. Dezember verschwindet jedoch mit Eckardt ein Unternehmen, das 2013 seinen 140. Geburtstag feierte. Gegründet wurde die Firma 1873 von Johann Carl Eckardt als die „Erste Süddeutsche Manometer-Fabrik“. In ihrer Hochphase arbeiteten dort fast 2000 Menschen, im Jubiläumsjahr waren es nur noch etwa 90, wobei Eckardt seit 1993 noch den Namen Foxboro im Portfolio trug. Denn damals wurde die Firma in die britische Siebe-Unternehmensgruppe eingegliedert. 1999 entstand durch den Zusammenschluss von Siebe und BTR mit Invensys einer der weltweit größten Konzerne für Automatisierungstechnik. Die Firma Foxboro Eckardt GmbH arbeitete in den folgenden Jahren sehr erfolgreich. Sie war in Deutschland das wichtigste Standbein des Invensys-Konzerns, der 2013 als Global Player immerhin in gut 60 Ländern tätig war und damals gut 33 000 Mitarbeiter beschäftigte. Doch Invensys geriet immer wieder in wirtschaftliche Schwierigkeiten und musste zwischen 1999 und 2004 restrukturiert werden. 2012 wurde der Bereich Invensys Rail (Kontroll- und Signalsysteme für den Schienentransport) für 1,742 Milliarden Britische Pfund an Siemens verkauft. Der französische Elektrotechnikkonzern Schneider Electric erwarb 2013 das restliche Unternehmen - darunter Foxboro-Eckardt - für vier Milliarden Euro. Schneider Electric ist ein börsennotierter Elektrotechnik-Konzern, der in den Gebieten elektrische Energieverteilung und industrielle Automation tätig ist. Das Unternehmen hat seinen Sitz in Rueil-Malmaison bei Paris und ist in 190 Ländern vertreten.